Die Berufung
Rinehart.
»Nein. Die Anwälte haben damals alles an sich gerissen. Ich erinnere mich, dass ich mit Gabbard darüber sprach, ob wir Rudd wieder einschalten sollen. Aber wir waren uns damals beide sicher, dass sich die Politik aus dem Verfahren heraushalten sollte. Wir waren ziemlich zuversichtlich. Was für ein folgenschwerer Irrtum.«
Ein paar Minuten aßen sie schweigend, beide offenbar wenig angetan von dem Gericht auf ihrem Teller.
»Unser Mann heißt Ron Fisk«, verriet Rinehart und hielt Trudeau einen großen braunen Umschlag entgegen. »Hier das Wichtigste in Kürze. Ein paar Fotos, ein Lebenslauf, auf acht Seiten zusammengefasst, ganz wie gewünscht.«
»Fisk?«
»Richtig.«
Briannas Mutter war zu Besuch. Sie kam in der Regel zweimal im Jahr, und Trudeau bestand dann immer darauf, dass die beiden in der Villa in den Hamptons wohnten, damit er in der Stadt seine Ruhe hatte. Seine Schwiegermutter war nur zwei Jahre jünger als er und fand, dass sie selbst durchaus noch attraktiv genug für ihn war. Er verbrachte pro Jahr weniger als eine halbe Stunde in ihrer Gegenwart, doch jedes Mal betete er im Stillen, dass Brianna nicht nach ihr kommen möge. Er hasste diese Frau. Mütter von Vorzeigefrauen waren nicht unbedingt auch Vorzeigefrauen, und meistens waren sie noch zwanghafter auf das Thema Geld fixiert als ihre Töchter. Trudeau hatte alle seine Schwiegermütter gehasst. Er fand schon die Vorstellung hassenswert, überhaupt eine Schwiegermutter zu haben.
Die Frauen waren also weg, das Penthouse in der Fifth Avenue gehörte ihm allein. Brianna hatte Sadler MacGregor, das russische Kindermädchen, ihre Assistentin, ihre Ernährungsberaterin und ein oder zwei Dienstmädchen mitgenommen und war mit der kleinen Karawane unterwegs nach Long Island, wo sie in ihr stattliches Zweitdomizil einfallen und das Personal schikanieren würde.
Trudeau trat aus seinem Privataufzug, fluchte beim Anblick der Missbrauchten Imelda, ignorierte seinen Kammerdiener und schickte das übrige Personal nach Hause. Als er endlich in der wohligen Intimität seines Schlafzimmers allein war, zog er einen Pyjama an, darüber einen Bademantel und dicke Wollsocken. Er kramte eine Zigarre heraus, goss sich einen Single Malt Whiskey ein und trat auf die kleine Terrasse hinaus, die über die Fifth Avenue und den Central Park blickte. Draußen war es rau und windig, das perfekte Wetter zur Stimmungslage.
Rinehart hatte gesagt, er brauche sich über die Einzelheiten der Kampagne nicht den Kopf zu zerbrechen. »Sie wollen nicht alles wissen«, hatte er mehr als einmal wiederholt. »Vertrauen Sie mir. Das ist mein Beruf, ich bin sehr gut in dem, was ich tue.«
Aber Rinehart hatte noch nie eine Milliarde Dollar verloren. In einem Artikel über Trudeau hieß es, nur sechs andere Männer hätten jemals eine Milliarde an einem Tag verloren. Barry Rinehart würde nie erleben, wie demütigend es war, in dieser Stadt so schnell so tief zu fallen. Freunde zu finden wurde noch schwieriger. Die Witze, die man machte, waren nicht mehr lustig. Gewisse Zirkel der Gesellschaft schienen geschlossen (wobei er wusste, dass das immer nur vorübergehend war). Selbst seine Frau wirkte kühler und weniger liebedienerisch. Ganz abgesehen davon, dass auch die ihm die kalte Schulter zeigten, auf die es wirklich ankam - Banker, Fondsmanager, Investmentgurus, die Elite der Wall Street.
Während der kalte Wind allmählich seine Wangen rötete, betrachtete er die Fassaden der Fifth Avenue. Milliardäre allenthalben. Hatte irgendeiner von denen Mitleid mit ihm, oder weideten sie sich alle an seinem Absturz? Er kannte die Antwort, hatte er doch selbst immer ein sadistisches Vergnügen dabei empfunden, andere fallen zu sehen.
Lacht nur, dachte er und nahm einen großen Schluck Whiskey. Bepisst euch vor Lachen. Denn ich, Carl Trudeau, habe jetzt eine Geheimwaffe. Sie heißt Ron Fisk, ein netter, gutgläubiger junger Mann, den ich in der Provinz für einen Spottpreis erstanden habe.
Drei Häuserblocks weiter nördlich, auf einem Gebäude, das Trudeau kaum noch erkennen konnte, erstreckte sich das Penthouse von Pete Flint, einem seiner zahlreichen Feinde. Zwei Wochen zuvor hatte Flint in einem schlecht sitzenden Designeranzug auf der Titelseite des Hedge Fund Report geprangt. Es war nicht zu übersehen, dass er an Gewicht zugelegt hatte. Der Artikel schwärmte von Flint und seinem Fonds und insbesondere von einem sensationellen Quartalsabschluss zum Ende des letzten
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