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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Drink.
     
    In Mississippi hatte F. Clyde Hardins billige Sammelklage für kaum eine Meldung gesorgt, in New York dagegen sehr wohl. Die Wirtschaftspresse war täglich voll davon, und die angeschlagene Krane-Aktie fiel weiter in den Keller.
    Mr Trudeau hatte den ganzen Tag entweder telefoniert oder Bobby Ratzlaff angebrüllt. Die Krane-Aktien waren zwischen 18 und 20 Dollar gehandelt worden, aber die Sammelklage hatte sie weiter sinken lassen. Sie schloss bei 14,50 Dollar, einem neuen Tiefststand, und Trudeau tat, als wäre er völlig niedergeschmettert. Ratzlaff, der eine Million aus seinem Pensionsfonds investiert hatte, wirkte noch viel deprimierter.
    In Wahrheit wollte Trudeau den Kurs so weit wie möglich fallen sehen. Je tiefer, desto besser. Er hatte auf dem Papier schon eine Milliarde verloren und konnte getrost noch mehr verlieren, denn eines Tages würde mit Pauken und Trompeten alles zu ihm zurückkommen. Insgeheim nämlich - nur zwei Banker in Zürich wussten davon - kaufte er bereits Krane-Aktien über eine wunderbar nebulöse Firma in Panama. Sorgfältig sammelte er kleine Pakete, damit seine Käufe den Abwärtstrend nicht erschütterten. Fünftausend Anteile an ruhigen Tagen, zwanzigtausend an turbulenten, aber nie so viele, dass es Aufmerksamkeit erregte. Die Quartalszahlen waren bald fällig, und er frisierte schon seit Weihnachten die Bücher. Die Aktien würden weiter fallen. Und Trudeau würde weiter kaufen.
    Am Spätnachmittag schickte er Ratzlaff weg und beantwortete ein paar Anrufe. Um sieben schlüpfte er in den Fond seines Bentley, und Toliver fuhr ihn zu dem vietnamesischen Restaurant.
    Trudeau hatte Rinehart seit ihrem ersten Treffen in Boca Raton im November drei Tage nach dem Urteil nicht mehr gesehen. Sie benutzten keine regulären Kommunikationsmittel wie E-Mail, Fax, Post, Fest- oder Mobilfunknetze. Jeder von ihnen hatte ein sicheres Smartphone, das nur mit dem jeweils anderen verbunden war. Einmal die Woche - vorausgesetzt, er hatte Zeit - rief Trudeau an, um sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
    Sie wurden durch einen Bambusvorhang in einen schummrig beleuchteten Raum mit einem einzigen Tisch geführt. Ein Kellner brachte Drinks. Der Form halber regte sich Trudeau über Sammelklagen und die Anwälte auf, die sie führten. »Jetzt sind wir schon bei Nasenbluten und Hautausschlägen«, schimpfte er. »Jeder Hinterwäldler, der jemals an dem Werk vorbeigefahren ist, tritt plötzlich als Kläger auf. Niemand erinnert sich mehr an die guten alten Zeiten, als wir die höchsten Löhne im ganzen Süden von Mississippi bezahlten. Die Anwälte haben einen Sturm auf die Gerichte ausgelöst.«
    »Es könnte noch schlimmer kommen«, sagte Rinehart. »Wir wissen von einer anderen Gruppe Anwälte, die ebenfalls Mandanten sammelt. Wenn die klagen, wird ihre Klage an die erste angehängt. Ich würde mich aber nicht darüber aufregen.«
    »Sie würden sich nicht aufregen? Sie verschleudern ja auch nicht Unsummen für Anwaltshonorare.«
    »Sie bekommen alles zurück, Carl. Entspannen Sie sich.« Inzwischen hatte sich eine gewisse Vertrautheit eingestellt, und sie redeten sich mit Vornamen an.
    »Entspannen? Krane hat heute bei 14,50 Dollar geschlossen. Wenn Sie fünfundzwanzig Millionen in Aktien hätten, könnten Sie sich auch nicht recht entspannen.«
    »Ich wäre entspannt, und ich würde kaufen.«
    Trudeau leerte seinen Scotch. »Meinen Sie nicht, dass Sie jetzt übertreiben?«
    »Ich habe heute unseren Mann gesehen. Er war zum Antrittsbesuch in Washington. Gut aussehender Kerl, die Weste so rein, dass es schon fast erschreckend ist. Kluges Köpfchen, guter Redner, präsentiert sich ordentlich. Alle waren beeindruckt.«
    »Hat er unterschrieben?«
    »Morgen. Er hat mit Senator Rudd gegessen, und der alte Knabe versteht zu überzeugen.«
    »Myers Rudd«, sagte Trudeau und schüttelte den Kopf. »Der alte Idiot.«
    »Stimmt, aber gegen Bezahlung ist er für alles zu haben.«
    »Das gehört in Washington ja schon zum guten Ton. Ich habe letztes Jahr vier Millionen dagelassen. Nach dem Gießkannenprinzip verteilt.«
    »Und sicherlich hat Rudd auch etwas abbekommen. Wir beide wissen, dass er ein Schwachkopfist, aber in Mississippi weiß das keiner. Dort ist er der König, die Leute beten ihn an. Wenn er will, dass unser Mann antritt, ist der Wahlkampf schon eröffnet.«
    In der Abgeschiedenheit des Hinterzimmers schlüpfte Carl Trudeau aus dem Jackett und warf es über einen Stuhl. Er nahm die

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