Die Berufung
Sein Name war Hobbs, und Hobbs kam zumindest Ron irgendwie bekannt vor. Er prahlte damit, dass er seit fünfzehn Jahren erfolgreich Wahlkämpfe in den Bundesstaaten führe - mal aus dem Hintergrund, mal an vorderster Front. Er warf mit den Namen seiner Sieger um sich, ließ aber die Verlierer beiläufig unter den Tisch fallen. Er führte aus, wie wichtig es sei, als Wahlkampfkomitee vor Ort präsent zu sein. Basisdemokratie, das heiße von Tür zu Tür zu gehen und Wähler zu mobilisieren und so weiter. Seine Stimme klang schmierig, und manchmal glühten seine Augen fanatisch wie die eines Straßenpredigers. Ron war er zutiefst unsympathisch. Doreen würde später zugeben, dass sie ihn charmant gefunden hatte.
Nach zwei Stunden Präsentation war Doreen in Lethargie verfallen und Rons Block voll mit allerlei Gekritzel - das Mitschreiben hatte ihm geholfen, bei der Sache zu bleiben.
Das Wahlkampfteam war jetzt vollständig. Fünf hoch dotierte Profis. Sechs, wenn man Zachary mitrechnete, aber dessen Gehalt würde von Judicial Vision bezahlt. Unter Hobbs' rednerischen Ergüssen blätterte Ron sein Skript durch und fand eine Spalte, in der für »Expertengehälter« zweihunderttausend Dollar und für »Berater« einhundertfünfundsiebzigtausend Dollar vorgesehen waren. Er machte einen Vermerk, dass er Zachary später darauf ansprechen wollte. Die Zahlen erschienen ihm allzu hoch gegriffen, aber was wusste er schon über die Budgets für hochkarätige Wahlkampagnen?
Sie unterbrachen für eine Kaffeepause, und Zachary entließ das frisch gegründete Team. Man verabschiedete sich mit warmen Worten, in Vorfreude auf die Kampagne, und mit dem Versprechen, sich so bald wie möglich wieder zu treffen.
Als Zachary mit seinen Kunden wieder allein war, wirkte er plötzlich müde. »Ich weiß, es ist viel. Verzeihen Sie mir, aber alle haben viel zu tun, und Zeit ist Geld. Ich dachte, ein großes Meeting mit allen wäre klüger als viele kleine.«
»Kein Problem«, gelang es Ron zu sagen. Der Kaffee zeigte bereits Wirkung.
»Nicht vergessen, es ist Ihr Wahlkampf«, fuhr Zachary mit unbewegter Miene fort.
»Sind Sie da sicher?«, ließ sich Doreen vernehmen. »Es fühlt sich nicht so an.«
»Doch, doch, Doreen. Ich habe die besten Leute ins Boot geholt, aber Sie haben natürlich das letzte Wort. Wenn Ihnen einer nicht recht ist, müssen Sie es nur sagen - ich bin sofort am Telefon, um einen Ersatz zu suchen. War jemand dabei, den Sie nicht mochten?«
»Nein, es ist nur ...«
»Es ist erdrückend«, gab Ron zu. »Das ist alles.«
»Natürlich. Es ist eine bedeutende Kampagne.«
»Bedeutende Kampagnen müssen nicht unbedingt erdrückend sein. Mir ist klar, dass ich auf diesem Gebiet ein Neuling bin, aber naiv bin ich nicht. Als es vor zwei Jahren gegen McElwayne ging, hat der Herausforderer mit einem Budget von zwei Millionen Dollar ein respektables Ergebnis erzielt. Wir jonglieren hier mit Summen, die weit darüber hinausgehen. Woher kommt das ganze Geld?«
Zachary setzte seine Lesebrille auf und griff nach einem Ordner. »Ich dachte, wir hätten das schon geklärt«, sagte er. »Vancona hat die Zahlen doch vorgetragen.«
»Lesen kann ich selber, Tony«, blaffte Ron über den Tisch. »Ich sehe die Namen und die Zahlen. Darum geht es aber nicht. Ich möchte wissen, warum diese Leute bereit sind, drei Millionen auf den Tisch zu legen, für einen Mann, von dem sie noch nie im Leben etwas gehört haben.«
Zachary zog langsam, mit einem Ausdruck entnervter Missbilligung, die Brille wieder ab. »Ron, haben wir darüber nicht schon hundertmal gesprochen? Letztes Jahr hat Judi-
dal Vision fast vier Millionen für einen Kandidaten in Illinois ausgegeben. Fast sechs Millionen waren es in Texas. Das sind gigantische Summen, aber Siegen ist eben teuer geworden. Wer die Schecks ausstellt? Die Leute, die Sie in Washington getroffen haben. Unternehmer, denen die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes am Herzen liegt. Konservative Christen. Ärzte, die sich vom System betrogen fühlen. Es sind Menschen, die den Wandel fordern und bereit sind, dafür etwas zu investieren.«
Ron trank Kaffee und warf Doreen einen Blick zu. Eine Zeit lang herrschte Schweigen.
Dann verlagerte Zachary seine Sitzposition, räusperte sich und sagte leise: »Gut, wenn Sie aussteigen wollen, sagen Sie es nur. Noch ist es nicht zu spät.«
»Ich will nicht aussteigen«, widersprach Ron. »Aber das war zu viel an einem Tag. Ein Beraterprofi nach dem
Weitere Kostenlose Bücher