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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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ausruhte, konnte er vielleicht später eine Art Wache halten und ihr ein paar Stunden Schlaf ermöglichen. Auch das Pferd brauchte Ruhe. Sie konnten nicht die ganze Nacht rasten, nicht wenn sie in diesem Tempo weiterreisten. Aber ein paar Stunden Pause müssten möglich sein.
    Als er im bleichen Mondlicht wieder erwachte, rief er sie zu sich. Er half ihr, eine Höhle in einem Ring aus Felsen zu finden, der den Feuerschein verbergen würde. »Wir sind nicht schnell genug«, sagte er wieder, und sie zuckte die Achseln, denn das war kaum zu ändern. Sie weckte Bitterblue, band sie los und half ihr vom Pferd. Bo glitt vorsichtig allein hinunter.
    »Katsa!«, sagte er. »Komm her, meine Katsa.«
    Er griff nach ihr, und sie kam zu ihm. Er schlang die Arme um sie. Seine verletzte Schulter bewegte sich langsam und steif, doch sein unverletzter Arm war stark und warm. Er hielt sie fest und sie hielt ihn aufrecht. Sie legte ihr Gesicht in die Höhlung seines Halses, und ein langer Seufzer stieg in ihr hoch. Sie war so müde, und ihm ging es so schlecht, und sie waren nicht schnell genug. Aber wenigstens konnten sie einander umarmen, und sie konnte seine Wärme an ihrem Gesicht spüren.
    »Es gibt etwas, das wir tun müssen«, sagte er, »und es wird dir nicht gefallen.«
    »Was ist es?«, murmelte sie an seinem Hals.
    »Wir …« Er holte tief Luft und hielt inne. »Du musst mich zurücklassen.«
    »Was?« Sie wich zurück. Er schwankte und griff nach dem Pferd, um Halt zu finden. Sie starrte ihn an und stürmte dann Bitterblue hinterher, die Äste für das Feuer sammelte. Sollte er doch allein zurechtkommen! Sollte er doch allein zum Lagerfeuer gehen, wenn er so absurde Dinge von sich gab!
    Aber er rührte sich nicht, er stand nur neben dem Pferd, klammerte sich mit dem Arm an den Tierrücken und wartete auf jemanden, der ihm half, und Tränen stiegen ihr in die Augen beim Anblick von Bos Hilflosigkeit. Sie ging zu ihm zurück. Verzeih mir, Bo! Sie streckte ihm ihre Schulter hin und führte ihn über den steinigen Boden zu der Stelle, wo sie ihr Feuer machen würden. Dann setzte sie ihn hin, hockte sich vor ihn und befühlte sein Gesicht. Seine Stirn war heiß. Sie horchte auf seinen Atem und hörte Schmerzen in dem Keuchen.
    »Katsa«, sagte er, »schau mich an. Ich kann noch nicht einmal gehen. Das Wichtigste jetzt ist Schnelligkeit, und ich behindere euch. Ich bin nichts als eine Last.«
    »Das stimmt nicht. Wir brauchen deine Gabe.«
    »Ich kann dir sagen, dass sie euch suchen«, sagte er. »Und ich kann dir versprechen, dass sie euch weiter suchen werden, solange ihr in Monsea seid. Ich kann dir sagen, dass sie wahrscheinlich eure Spur finden, und wenn ihnen das gelingt, wird der König hinter euch her sein. Ihr braucht mich nicht bei euch, nur damit ich das ständig wiederhole.«
    »Ich brauche dich, um bei klarem Verstand zu bleiben.«
    »Ich kann dir dabei nicht helfen. Du kannst nur bei klarem Verstand bleiben, wenn du vor denen fliehst, die dich verwirren würden. Fliehen ist die einzige Hoffnung für das Kind.«
    Bitterblue kam mit einem Armvoll Zweigen und Ästen zu ihnen. »Danke, Prinzessin«, sagte Katsa zu ihr. »Bring uns bitte das Kaninchen, das ich gefangen habe. Ich mache Feuer.« Sie wollte sich jetzt um das Feuer kümmern und Bo ignorieren.
    »Wenn ihr mich zurücklasst«, sagte Bo, »könnt ihr schnell reiten. Schneller als eine Armee von Soldaten.«
    Katsa ignorierte ihn. Sie stapelte Zweige auf und konzentrierte sich auf die Flamme, die zwischen ihren Händen wuchs.
    »Er wird uns einholen, Katsa, wenn wir in diesem Tempo weiterreiten. Und du wirst uns nicht beide gegen ihn verteidigen können.«
    Katsa legte mehr Zweige aufs Feuer und blies sanft in die Flammen. Dann häufte sie Stöcke auf die Zweige.
    »Du musst mich zurücklassen«, sagte Bo. »Sonst gefährdest du Bitterblues Sicherheit.«
    Katsa fuhr hoch, die Fäuste wütend geballt, plötzlich weit davon entfernt, Gelassenheit vorzutäuschen. »Und ich gefährde deine, wenn ich dich zurücklasse. Ich lasse dich nicht auf diesem Berg, wo du allein Nahrung finden und eine Unterkunft bauen und dich verteidigen musst, wenn Leck kommt, während du – du kannst noch nicht einmal gehen, Bo. Was willst du tun – den Soldaten davonkriechen? Deine Kopfschmerzen werden bald aufhören. Du wirst dein Gleichgewicht wiederfinden und wir können schneller vorankommen.«
    Er schaute aus zusammengekniffenen Augen zu ihr hoch und seufzte. Dann blickte er in

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