Die Beschenkte
die Lippen und schaute kurz zu Katsa hinüber. »Ich verstehe«, sagte er dann. »Und weißt du, an welcher Krankheit die Mädchen gestorben sind?«
Der Mann zuckte die Schultern. »Kinder sind nicht sehr zäh.«
Der größte Händler unterbrach sie. »Wir sind jetzt bei einem anderen Thema«, sagte er. »Wir waren bereit, Ihnen Informationen über die Entführung zu geben, nicht darüber. Zur Entschädigung wollen wir mehr Geld.«
»Und überhaupt leide ich plötzlich an einer Krankheit, die Langeweile heißt«, sagte sein Partner.
»Oh«, sagte der erste, »vielleicht hast du einen amüsanteren Zeitvertreib im Sinn?«
»In anderer Gesellschaft«, sagte der Mann in der Ecke.
Jetzt lachten sie, alle sechs prusteten los über einen internen Witz, den Katsa zu verstehen glaubte. »Wehe allen fürsorglichen Vätern und verschlossenen Schlafzimmertüren«, sagte der Partner sehr leise zu seinen Freunden, doch nicht leise genug für Katsas scharfe Ohren. Sie schoss auf die Männer zu, bevor das Lachen aufzubranden begann.
Bo stellte sich ihr so schnell in den Weg, dass er sich unmerklich zuerst bewegt haben musste. »Halt«, sagte er leise zu ihr. »Denk nach. Atme durch.«
Ihr Zorn verflog und sie ließ zu, dass er ihr mit seinem Körper den Weg versperrte zu dem Händler, zu den beiden, zu allen sechsen, diese Männer waren für sie alle gleich.
»Sie sind der einzige Mann in sieben Königreichen, der diese Wildkatze zähmen kann«, sagte einer der beiden. Sie war nicht sicher, welcher, denn sie wurde abgelenkt durch die Wirkung der Worte auf Bos Gesicht.
»Ein Glück für uns, dass sie einen so vernünftigen Dompteur hat«, fuhr der Mann fort. »Und Sie können sich ebenfalls glücklich schätzen. Die Wilden machen am meisten Spaß, wenn man sie im Griff hat.«
Bo schaute sie an, doch er sah sie nicht. Seine Augen sprühten silbriges Eis und goldenes Feuer. Der Arm, der ihr den Weg versperrte, wurde steif und die Hand ballte sich zur Faust. Er atmete ein, scheinbar endlos. Er war wütend. Sie sah, dass er wütend war, sie dachte, er werde den Mann schlagen, der gesprochen hatte, und einen panischen Moment lang wusste sie nicht, ob sie ihn zurückhalten oder ihm helfen sollte.
Zurückhalten. Sie würde ihn zurückhalten, denn er dachte nicht nach. Sie griff nach seinen Unterarmen und drückte sie fest. Dann schickte sie ihm die Nachricht in den Kopf. Bo! Halt! Denk nach! , sagte sie in seine Gedanken hinein, wie er es bei ihr getan hatte. Denk nach! Er atmete aus, so langsam, wie er eingeatmet hatte. Sein Blick konzentrierte sich wieder, und er sah sie.
Er drehte sich um und stellte sich neben sie. Er wandte sich den beiden Männern zu, es war noch nicht einmal wichtig, welcher gesprochen hatte.
»Raus.« Seine Stimme war sehr ruhig.
»Aber unsere Bezahlung …«
Bo machte einen Schritt auf die Männer zu und sie traten zurück. Er hielt die Arme mit einer lässigen Ruhe an seiner Seite, die niemanden im Zimmer täuschte. »Habt ihr auch nur die geringste Ahnung, mit wem ihr redet?«, fragte er. »Glaubt ihr, dass ihr nach diesen Worten auch nur eine Münze von mir bekommt? Ihr habt Glück, dass ich euch gehen lasse, ohne euch die Zähne aus dem Mund zu schlagen.«
»Sollten wir es nicht doch tun?«, fragte Katsa und schaute jedem der Männer in die Augen, einem nach dem anderen. »Ich würde sie gern davon abhalten, die Wirtstochter anzurühren.«
»Das machen wir nicht«, keuchte einer von ihnen. »Wir werden niemanden anrühren, ich schwöre es.«
»Es würde euch leidtun«, sagte sie, »und zwar für den Rest eures kurzen, elenden Lebens.«
»Das machen wir nicht, My Lady. Das machen wir nicht.« Sie wichen zur Tür zurück, ihre Gesichter waren weiß, das Grinsen darauf verschwunden. »Es war nur ein Witz, My Lady, ich schwöre es.«
»Hinaus«, sagte Bo. »Eure Bezahlung ist, dass wir euch für eure Beleidigungen nicht töten.«
Die Männer drängten sich hinaus. Bo schlug die Tür hinter ihnen zu. Dann lehnte er sich mit dem Rücken dagegen und glitt daran hinunter, bis er auf dem Boden saß. Er rieb sich das Gesicht und stieß einen tiefen Seufzer aus.
Katsa nahm eine Kerze vom Tisch und hockte sich vor ihn. Sie versuchte seine Müdigkeit und seinen Zorn an der Neigung des Kopfes und der Steifheit der Schultern abzuschätzen. Er nahm die Hände vom Gesicht, legte den Kopf an die Tür und betrachtete Katsa einen Augenblick.
»Ich dachte wirklich, ich würde diesem Mann etwas antun«,
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