Die Beschenkte
unmöglich«, sagte Katsa. »Ich mache Feuer, und du sorgst für etwas, was wir darauf kochen können.«
Skeptisch verschwand Bo mit seinem Bogen zwischen den Bäumen, während Katsa Feuer machte. Es war nicht leicht in der rundum nassen Welt. Doch am Stamm der Kiefer waren einige Nadeln trocken geblieben, und Katsa entdeckte ein paar Blätter und ein oder zwei Stöcke, die sich nicht ganz mit Wasser vollgesogen hatten. Nach dem Hieb ihres Messers und einigen sanften Atemzügen züngelte unter dem dürftigen Schutz, den ihre ausgebreiteten Arme geben konnten, eine Flamme durch den feuchten kleinen Turm von Brennbarem. Katsa beugte sich zu ihr, sie wärmte ihr das Gesicht und erfüllte sie mit Behagen. Schon immer hatte sie gut mit Feuer umgehen können. Auf den Reisen mit Oll und Giddon war stets sie für das Feuer verantwortlich gewesen.
Natürlich ein weiterer Beweis, dass sie niemanden zum Überleben brauchte.
Sie trennte sich von dem Flackern und suchte weitere Nahrung dafür. Als Bo tropfnass in ihr Lager zurückkam, war sie dankbar für das fette Kaninchen in seiner Hand.
»Meine Gabe nimmt eindeutig immer noch zu.« Er wischte sich Wasser vom Gesicht. »Seit wir in diesem Wald sind, habeich ein größeres Gespür für Tiere. Dieses Kaninchen hatte sich in einem hohlen Baum versteckt, und ich hätte eigentlich nicht wissen können, dass es dort war – Katsa!« Er unterbrach sich, als er ihr kleines, rauchiges Feuer sah. Er schaute zu, wie sie hineinblies und es mit ihrer Sammlung von Zweigen und Ästen fütterte. »Katsa, wie hast du das geschafft? Du bist ein Wunder!«
Darüber musste sie lachen. Er hockte sich neben sie. »Es ist schön, dich lachen zu hören. Du warst heute so still. Mir ist sehr kalt, weißt du, auch wenn ich das nicht gemerkt habe, bis ich die Hitze dieser Flammen spürte.«
Bo wärmte sich, bereitete ihr Essen zu und plauderte. Katsa zog Decken und Kleidungsstücke aus ihren Taschen und hängte sie an die tiefsten Äste der Kiefer, damit sie so gut wie möglich trockneten. Als das Kaninchenfleisch über den Flammen brutzelte, kam Bo zu ihr. Er rollte die Straßenkarten auseinander und hielt eine durchweichte Ecke übers Feuer, öffnete Raffins Heilmittelpäckchen, inspizierte den Inhalt und legte die beschrifteten Umschläge zum Trocknen auf Steine.
Es war gemütlich in ihrem Lager mit den Tropfen, die herunterklatschten, der Wärme des Feuers und dem Geruch nach brennendem Holz und bratendem Fleisch. Bos Geplauder war angenehm. Katsa hielt das Feuer lebendig, lächelte über Bos Worte und schlief in dieser Nacht unter einer teilweise getrockneten Decke ein und mit der Gewissheit, dass sie überall ohne fremde Hilfe überleben konnte.
Mitten in der Nacht erwachte sie mit panischer Angst – überzeugt, dass Bo weggegangen war und sie alleingelassenhatte. Aber es musste der Schluss eines Traums gewesen sein, der sich beim Verschwinden in ihrem Bewusstsein festgebissen hatte, denn sie hörte Bos Atem durch den gleichmäßig fallenden Regen. Als sie sich umdrehte und aufsetzte, konnte sie neben sich am Boden seine Gestalt erkennen. Sie berührte seine Schulter, nur um sicher zu sein. Er hatte sie nicht verlassen, sie reisten zusammen durch den Wald von Sunder zur Grenze nach Monsea.
Sie legte sich wieder hin und betrachtete den Umriss des Schlafenden in der Dunkelheit.
Sie würde seinen Schutz am Ende doch annehmen, wenn sie ihn wirklich brauchte. Sie war nicht zu stolz, sich von diesem Freund helfen zu lassen. Er hatte ihr bereits auf tausenderlei Art geholfen.
Und sie würde ihn mit derselben Entschlossenheit schützen, wenn es nötig war. Wenn ein Kampf zu viel für ihn wurde, wenn er eine Unterkunft brauchte oder Nahrung oder ein Feuer im Regen. Oder sonst irgendetwas, wofür sie sorgen konnte. Sie würde ihn vor allem schützen.
Das war also entschieden. Sie schloss die Augen und glitt in den Schlaf.
Katsa wusste nicht, was mit ihr nicht stimmte, als sie am nächsten Morgen erwachte. Sie konnte die Wut nicht erklären, die sie ihm gegenüber empfand. Es gab keine Erklärung, und vielleicht wusste er das, denn er bat nicht darum. Er machte eine Bemerkung darüber, dass der Regen aufgehört hatte, beobachtete, wie sie ihre Decke zusammenrollte, bewusst ohne ihn anzuschauen, und trug seine Sachen zu den Pferden. Beim Reiten schaute sie ihn immer noch nicht an,und obwohl ihm die Heftigkeit ihrer Wut nicht entgehen konnte, sagte er nichts dazu.
Sie war nicht wütend
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