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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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dazu ist er nicht ehrgeizig genug.«
    Â»Nicht ehrgeizig? Ich würde das eher faul nennen«, meinte Carl.
    Sebastian war es sichtlich unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen, er zog eine Grimasse, wandte sich ab und orderte eine neue Runde Bier. Nach diesem Konzert zweifelte ich keine Sekunde an Sebastians Begabung. Vielleicht konnte ich sogar was für ihn tun. Ich war gut vernetzt und hatte oft einen Riecher dafür, die richtigen Leute zusammenzubringen. Zu Sebastian schossen mir sofort verschiedene Möglichkeiten durch den Kopf. Am besten gefiel mir die Idee, ihn mit einer neuen Erkennungsmelodie für den Smiling Kids Day zu beauftragen. Unsere alte hatte mir nie gefallen. Der Jingle würde tagelang in den Werbetrailern zur Spendengala laufen. So blendend, wie Sebastian aussah, könnte er sogar live in der Show auftreten. Er würde ganz ordentlich Geld verdienen. Und in Verbindung mit unserer guten Pressearbeit würde ihn das sogar namentlich bekannt machen.
    Â»Darüber reden wir mal in Ruhe, okay?«, sagte ich. »Ich organisiere ja eine Menge Events für Alfa.Sat. Vielleicht könnte sich eine Zusammenarbeit ergeben.«
    Auf Elenas Gesicht breitete sich ein spöttisches Lächeln aus. »Na, da hast du ja wieder einen wahren Engel aufgetan«, meinte sie zu Sebastian, laut genug, dass ich es hören konnte. Ich dachte an seine Hand auf Elenas Hüfte, vorhin auf der Bühne, an ihren Kuss auf seine Wange. Vielleicht war sie eifersüchtig. Sebastian schien gern zu flirten. Mir fiel der intensive Blick ein, mit dem er Vanessa Ott betrachtet hatte. Ich wandte mich um, um zu sehen, wo sie abgeblieben war. Sie lehnte am Tresen, Carl neben sich, der ihr gerade einen Barhocker anbot. Doch Vanessa setzte sich nicht. Sie hörte mit ausdruckslosem Gesicht zu, während der Pianist ihr etwas erzählte. Er lachte laut. Vanessa schien ihn kaum wahrzunehmen. Ich winkte ihr zu, doch auch darauf reagierte sie nicht. Gerade wollte ich zu ihr gehen, da hielt mich Sebastian zurück: »Nun erzähl mal, was machst du genau bei Alfa.Sat?«
    Ich berichtete von den verschiedenen Events, die meine Abteilung organisierte, und vom Smiling Kids Day. Auch Elena und die anderen Musiker hörten zu und stellten ab und zu Fragen. Ich versuchte, mit einem Auge Vanessa Ott im Blick zu behalten. Carl plauderte noch immer auf sie ein.
    Sebastian bemerkte, dass meine Aufmerksamkeit nur halb bei ihm und unserem Gespräch war. »Ist irgendwas mit deiner Freundin? Sie guckt so genervt.« Er grinste. »Liegt vielleicht an Carl. Nicht jede verträgt seine Charmeattacken.«
    Â»Ich weiß nicht, was sie hat. Wir sind übrigens nicht befreundet«, meinte ich.
    Â»Woher kennst du sie denn?«
    Ich erzählte ihm von dem Auftrag der Unternehmensberatung.
    Â»Okay, dann nehme ich das Wort ›Freundin‹ schnell wieder zurück.« Auf einmal beugte er sich nah zu mir: »Lass uns hier abhauen.« Dann lächelte er. »Wie praktisch, wir haben denselben Heimweg.«
    Er kam mit seinem Mund meiner Wange so nahe, dass die Luft zwischen uns elektrisch knisterte. Seine Locken streiften weich mein Gesicht. Obwohl ich sofort an Gregor dachte, genoss ich es.
    Â»Sebastian, wir müssen abbauen«, rief Elena von der Bühne.
    Â»Wartest du auf mich?«, flüsterte er, noch immer nah an meinem Ohr.
    Â»Nein, besser nicht, ich …«, murmelte ich, doch das hörte er schon nicht mehr. Er ging zu Elena und begann Stecker zu ziehen und Kabel aufzurollen. Sie warf ihm beleidigte Blicke zu, doch er ignorierte sie und summte fröhlich vor sich hin.
    Als ich mich zu Vanessa Ott umwandte, war sie verschwunden. Carl stand allein am Tresen. Er nahm sein Bier und kam auf mich zu.
    Â»Wo ist meine … Bekannte hin?«, fragte ich ihn. Er zuckte die Schultern.
    Â»Für kleine Mädchen«, meinte er. »Kommt aber gar nicht mehr wieder.«
    Â»Leute! Macht voran, ich will nach Hause. Carl, trag deinen Schuhschrank ins Auto«, rief Elena von der Bühne.
    Â»Ich hasse es, wenn sie mein Piano beleidigt«, sagte Carl mit zusammengepressten Lippen. Doch er ging folgsam auf die Bühne. Sebastian sah mich an. Seine Lippen formten die Worte: »Warte auf mich.«
    Ich musste lachen, fühlte mich auf einmal, als wäre ich fünfzehn. Mir war heiß, bestimmt war ich rot im Gesicht.
    Vanessa Ott kam aus der Toilette. Sie sah bleich und angespannt aus.

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