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Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen

Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen

Titel: Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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gern das Fehlen jeglicher strategischen Vision nachgesagt. So belegt eine Studie multinationaler Firmen von der in Madrid ansässigen Washingten Quality Group (WQG), dass Abteilungsleiter die visionären Fähigkeiten – definiert als die Fähigkeit, Zukunftsprognosen zu machen und Ereignisse in einen größeren Zusammenhang einzuordnen – ihrer Mitarbeiterinnen schlechter bewerteten als die Frauen selbst. 6 Auf sämtlichen anderen Gebieten
unterschätzten
Frauen ihre eigene Leistung im Vergleich nicht nur zu ihren Vorgesetzten, sondern auch zu ihren Kollegen und ihnen unmittelbar unterstellten Mitarbeitern. Im Gegensatz dazu überschätzten Männer im Vergleich zu den gleichen Mitarbeitergruppen ihre eigene Leistung auf sämtlichen Gebieten.
    Auf der Basis dieser Erkenntnisse können wir schlussfolgern, dass die Frauen in der Studie entweder tatsächlich keine Vision hatten – was unwahrscheinlich erscheint, denn dies war immerhin ein Gebiet, auf dem sie Stärken zu haben glaubten – oder dass sie es nicht verstanden, das Ausmaß ihrer Vision effektiv bei ihren Vorgesetzten zu kommunizieren.
    Die WQG-Daten zeigten zudem, dass das Ausmaß, in dem man Frauen die Vision absprach in proportionalem Verhältnis zu den Fähigkeiten stand, die sie innerhalb von Beziehungen an den Tag zu legen schienen. Das heißt, Frauen, die am besten mit Menschen umgehen konnten, |128| hielt man für besonders unfähig, langfristige Perspektiven zu entwickeln und das »große Ganze« wahrzunehmen. Im Gegensatz dazu konnten die Männer, die als Visionäre betrachtet wurden, erheblich weniger gut mit Menschen umgehen. Da unsere industriell geprägte Kultur »Toughness« traditionell als wesentliche Führungsqualität betrachtet und letztere mit Vision gleichsetzt, liegt es nur nahe, dass Menschen, die über besondere »Softskills« verfügen, im Hinblick auf ihre visionären Fähigkeiten immer wieder unterschätzt werden.
    Von jeher betrachtete man es als die Aufgabe der Frauen, das soziale Gefüge aufrechtzuerhalten. Kein Wunder also, dass Frauen eine gewisse Sensibilität für zwischenmenschliche Nuancen entwickelt haben. Wie die WQC-Daten nahelegen, wird dieses Einfühlungsvermögen jedoch nicht unbedingt als Führungsqualität eingestuft. Deshalb galt sie eher als Zierrat im rauen Geschäftsalltag, hübsch, aber eigentlich unwichtig und verzichtbar in Zeiten, in denen der Druck steigt.
    Aber Unternehmen sind immer vernetzter, immer abhängiger von Beziehungen und Talentförderung, deshalb ist es mittlerweile auch auf strategischer Ebene ungeheuer bedeutsam, das soziale Gefüge zu hegen und zu pflegen. Die Fähigkeit, soziale Fähigkeiten in eine größere Vision zu integrieren, bietet Frauen die Möglichkeit, die altmodische Dichotomie von übergeordnetem, strategischem Denken einerseits und der Sorge um den Erhalt von Beziehungen andererseits zu überwinden. In der vernetzten Welt avanciert die Fähigkeit, Entscheidungen in einem größeren, menschlichen Zusammenhang zu sehen und |129| zu bewerten, zu einem wesentlichen und zutiefst strategischen Wettbewerbsvorteil.
    Johnnas Geschichte
    Die Vorteile, die sich ergeben, wenn wir Strategie und Soziales miteinander verbinden, zeigen sich in der Geschichte von Johnna Torsone, die als stellvertretende Generaldirektorin und Leiterin der Personalabteilung bei Pitney Bowes tätig ist. Johnna nahm ihre Tätigkeit bei diesem Unternehmen, das zu den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt gehört und als solches auf der Fortune Global 500 Liste erschien, im Jahre 1990 auf. Sie war spezialisiert auf Arbeits- und Angestelltenrecht. Der zukünftige CEO, Mike Critelli, der sie einstellte, war besonders von Johnnas Fähigkeit, unternehmensspezifische Entscheidungen in einen größeren menschlichen Zusammenhang zu stellen, beeindruckt. Er sagte: »Sie besitzt die ungewöhnliche Fähigkeit, die Verhaltensweisen anderer Menschen im Alltag zu erkennen und diese in die strategische Diskussion zu integrieren. Dadurch wurde sie zum Gewissen des Unternehmens auf der Führungsebene.« 7
    Johnnas Fähigkeiten erwiesen sich als besonders wertvoll im Jahre 1996, als die Geschäftsleitung darüber nachdachte, das Gratifikationssystem für die Führungskräfte zu verändern. Die damals vorherrschende Ansicht unter Investoren, Vergütungsberatern und Governance-Experten war, dass Unternehmen die Interessen von Führungskräften |130| und Aktionären miteinander in Einklang bringen mussten, indem man den

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