Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen
jemand, der einen Plan vorstellt, auch Interesse an der Ansicht der Zuhörer hat. Heim weist darauf hin, dass der Vortragende aber häufig nur hören möchte: »Was für eine hervorragende Idee! Ich bin dabei!«
Diese Dynamik schien auch auf der Konferenz von Company A wirksam zu sein. Der Sprecher war mit dem Ziel angetreten, die Frauen anzufeuern, aber stattdessen war es ihm gelungen, ihren Widerstand herauszufordern, weil er einen Kurs propagiert hatte, mit dem viele nicht einverstanden waren. Obwohl er eine Sprache benutzte, die Visionen und Ziele suggerierte, schien den Frauen seine Konzentration auf rein konkurrenzorientierte Maßstäbe weder hinreichend inspirierend noch strategisch durchdacht zu sein.
Warum verfehlte der Redner sein Ziel dermaßen gründlich?
Ein Grund dafür ist der vermehrte Einsatz der Spiel-Metapher. Seit dem letzten Jahrhundert wird das Wirtschaftsleben |125| gemeinhin als Spiel verstanden, was sich vor allem auch in den Formulierungen niederschlägt, mit denen geschäftliche Aktivitäten und Ziele beschrieben werden:
Wir brauchen eine Steilvorlage. Das wird sie von den Sitzen hauen. Machen wir einen Schuss ins Blaue. Wir bleiben am Ball.
Spielmetaphern – und um Metaphern handelt es sich in der Tat, denn das Wirtschaftsleben ist kein Spiel, wie sehr sich die Beteiligten das auch wünschen mögen – sind kein effizientes Mittel, um Frauen zu motivieren. Bis vor kurzem hatten Frauen in den Teamsportarten nur wenig Erfahrung. Diese historische Situation verändert sich zusehends, und Frauen sind zunehmend in den Mannschaftssport integriert. 2 Trotzdem finden viele Frauen Analogien zum Sport immer noch unvollständig oder abwegig.
Unsere Zufriedenheitsstudie ergab, dass Frauen viel seltener als Männer bereit sind, Äußerungen zuzustimmen wie: »Ich spiele, um zu gewinnen.« Oder »Je härter das Spiel, desto härter bin auch ich.« Und »Geld ist für mich nur ein Mittel, den Spielstand anzuzeigen.« 3 Dagegen identifizierten Frauen sich mit Aussagen wie: »Ich habe eine Arbeit gewählt, die nützlich für die Gesellschaft und für andere ist.«, »Ich bemühe mich, zu Hause und am Arbeitsplatz immer die gleiche zu sein.« und »Wenn ich jemandem helfe, erwarte ich nicht unbedingt eine Gegenleistung.« Männer betrachten Geschäftemachen als Spiel, Frauen nicht. Auch der in Kapitel 5 herausgearbeitete Vorrang, den Frauen zwischenmenschlichen Beziehungen einräumen, lässt sich nicht mit der sportlich orientierten Einstellung in Einklang bringen, denn bei letzterer dienen Verbindungen letztlich nur dem Spiel.
|126| Spiele sind streng beschränkt; das Leben nicht. Spiele haben klare Regeln; das Leben lässt sich unaufhörlich auf vielfältige Weise interpretieren. Spiele sind diskrete Ereignisse mit kurzfristiger Wirkung; das Leben entfaltet sich über viele Jahre hinweg. Spiele haben klare Gewinner und Verlierer. Football-Trainer Vince Lombardi formulierte es folgendermaßen: Im Spiel zählt nur
eines: gewinnen.
Was in einem Spiel geschieht, hat zudem keinerlei Konsequenzen auf das, was im nächsten abläuft: Ob es sich um Fußball oder Solitaire handelt, jedes Spiel bietet die Möglichkeit eines uneingeschränkten Neubeginns. Wie Leonard Greenhalgh, Professor für Management in Dartmouth bemerkt: »Die Geschichte und Zukunft einer dauerhaften Beziehung zwischen den Wettbewerbsteilnehmern ist im Sport nicht von Bedeutung.« 4 Das ist in Unternehmen jedoch anders. 5
Greenhalgh, der die Geschlechterunterschiede bei geschäftlichen Verhandlungen untersuchte, glaubt, dass die Fortdauer der Spielmetapher im Geschäftsleben die Effektivität der Männer auf lange Sicht unterminieren kann. Er weist darauf hin, dass Menschen, die Transaktionen in einen Gewinnen-oder-Verlieren-Kontext setzen, dazu neigen, den größeren Zusammenhang zu übersehen und die Notwendigkeit, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, unterschätzen. Wenn man sich zu sehr auf das »Gewinnen« konzentriert, wird der Konkurrent schnell »gebrandmarkt«, was wiederum negative Auswirkungen auf zukünftige Verhandlungen haben kann. Greenhalgh hat zudem herausgefunden, dass die Metapher »nach den Regeln spielen« einen legalistischen Gemütszustand hervorrufen kann, der die Bedeutung von Vertrauen unterschätzt |127| und die Neigung fördert, Auseinandersetzungen vor Gericht zu führen.
Ironischerweise wird Frauen, die dieser Art von Spielmetapher, welche Greenhalgh als von Natur aus kurzlebig betrachtet, widerstehen,
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