Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die beste Frau der Space Force

Die beste Frau der Space Force

Titel: Die beste Frau der Space Force Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sie hindurchzugehen. Sie war nicht einmal sicher, ob er ihre letzten Worte überhaupt gehört hatte. »Wenn ich es nur verstehen könnte«, sagte er. Seine Stimme klang flach, fast tonlos. »Es ist so ... so sinnlos. Kein Ultimatum. Keine Drohungen. Keine Forderungen - nichts. Warum tun sie das?« Vielleicht gab es keine Antwort auf diese Frage. Vielleicht war der einzige Grund dieses Überfalles auf eine ganze Welt der, sie zu vernichten, so entsetzlich und absurd es klang. Vielleicht war es Gott, der gekommen war, um ihnen die große Schlussrechnung zu präsentieren, vielleicht die galaktischen Vettern der Wale, die sich für den Völkermord an ihren Brüdern revanchierten. Eine Erklärung war so gut und schlecht wie die andere. »Es tut mir leid, dass ich keine besseren Neuigkeiten mitbringe«, fuhr sie nach einer Weile fort. »Aber das ist das, was ich erlebt habe. Möglicherweise sieht es nicht überall so aus.« Ihre Worte waren nicht mehr als ein schwacher Versuch, Becker aufzumuntern. Er lächelte dankbar, wenn auch nur sehr flüchtig. »Möglicherweise«, sagte er. »Trotzdem müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen. Ich habe Vorkehrungen getroffen, die Station zu isolieren.« »Isolieren?« Charity hatte sich nicht gut genug in der Gewalt, den Schrecken ganz zu verhehlen, den ihr Beckers Worte einjagten. »Isolieren«, bestätigte Becker. »Glauben Sie nicht, dass wir hier unten absolut sicher sind, Captain Laird. Sie haben gesehen, was oben in der Schleusenkammer passiert ist.« »Trotzdem...« begann Charity, wurde aber sofort wieder von Becker unterbrochen: »...habe ich gesagt, dass ich Vorkehrungen getroffen habe, Captain. Das heißt nicht, dass ich es auch tun werde. Im Moment sind wir hier unten noch sicher. Solange sich daran nichts ändert...« Er ließ das Ende des Satzes offen und breitete statt dessen die Hände aus. Dann erhob er sich mit einem Ruck.
    »Lassen Sie sich ein Bett zuweisen, Charity, und schlafen Sie sich aus«, sagte er, mit völlig veränderter Stimme und sehr viel lauter, plötzlich wieder der befehlsgewohnte, überlegene Kommandant, kein alter Mann mehr, der vor Angst halb wahnsinnig war. »Wir sind im Moment hier unten zwar etwas beengt, aber Stone wird schon ein Quartier für Sie auftreiben. Wenn Sie sich ausgeruht haben, erwarte ich Ihren ausführlichen Bericht.« Charity erhob sich und salutierte, aber Becker sah schon gar nicht mehr hin. Er lief so schnell aus dem Zimmer, dass es fast wie eine Flucht aussah.

30. November 1998
    Stille.
    Das war das erste, was sie bewusst registrierte, als sie wieder erwachte: eine betäubende, tödliche Stille, die sich über allem ausgebreitet hatte, so als hielte die ganze Welt den Atem an, und ein rötliches, flackerndes Licht, das von sehr weit herkam und durch ihre geschlossenen Lider drang. Ein leichter Schmerz an der linken Hüfte - wie ein blitzschnelles Schlaglicht erinnerte sie sich, sich einfach zu Boden geworfen zu haben, beide Arme über dem Kopf verschränkt, eine rein instinktive und völlig sinnlose Reaktion. Ein zweites Schlaglicht, fast schon rührend in seiner naiven Hilflosigkeit: ein alter Film aus den fünfziger Jahren, Bilder von Menschen, die sich in den Straßengraben warfen und Aktentaschen über den Kopf hielten, zum Schutz vor der Bombe. Lächerlich. Wieso lebte sie noch? Erst jetzt, als wäre diese Frage der Auslöser gewesen, erwachte sie wirklich. Der Schmerz in ihrer Hüfte verblaßte zu einem leisen Pochen, sie spürte, dass sie auf Glassplittern lag und aus einer kleinen Wunde im Gesicht blutete, die aber nicht weh tat. Irgendwo in ihrer Nähe stöhnte jemand. Vorsichtig öffnete Charity die Augen. Sie war auf alles gefaßt - einen verwüsteten Tower, Flammen, verkohlte Leichen, den brodelnden Feuerpilz einer Bombe am Horizont - aber nichts von alledem war da.
    Es war sehr dunkel.
    Alle Lichter waren erloschen. Die einzige Helligkeit kam von den Flammen, die irgendwo draußen auf dem Flugfeld tobten und in deren Prasseln sich jetzt immer mehr Schreie und andere Geräusche mischten. Aber keine Zerstörung. Nicht die absolute Verheerung der Bombe. Unsicher stand sie auf. Sie erinnerte sich nicht, das Bewusstsein verloren zu haben. Der Sturz konnte es kaum gewesen sein, denn sie war nicht besonders hart aufgeschlagen; vielmehr schien irgend etwas in ihr einfach abgeschaltet zu haben, wie eine völlig überlastete Sicherung. Das Stöhnen wurde lauter. Sie drehte sich herum, sah ein

Weitere Kostenlose Bücher