Die beste Lage: Roman (German Edition)
Modezeitschriften einnehmen, und diejenige, die Sheila hieß – was für ein Name! –, warf ihm einen verheißungsvollen Blick zu. Jetzt würde er es diesem Miststück, mit dem er verheiratet war, aber zeigen! Und prompt schob er hinterher: »Eleonora ist mit den Töchtern und ihrer Mutter am Meer … Ein paar Tage mit euch genehmige ich mir gern.«
»Lauter Töchter? Und wie viele hast du? Vier! Aber dann bist du wirklich verrückt, und alle mit der einen großen Liebe … Gib’s zu, dass dir das ganz schön auf den Keks geht, hm?« Giàcenere grinste ihn forschend an, erntete aber bloß ein Achselzucken. »Okay, okay, ich will es gar nicht wissen … Schauen wir mal, was der große Häuptling Dell’Arco sagt. Ich bin mir allerdings sicher, dass es keine Probleme geben wird« – was bestätigt wurde durch die freudestrahlende Miene, die er aufsetzte, sobald er dem lukanischen Tycoon über sein ultramodernes Smartphone mitgeteilt hatte, wer da gerade vor ihm saß.
»Aber ja doch! Genau der. Riccardo Fusco … Ja, ja, immer noch derselbe, volles Haar und keine Spur von einem Bauch. Forever young , auch er … Ich dachte, dass er uns bei unserem Wein helfen könnte … Aber ich wollte sicher sein, dass dir das recht ist … Dann geht das also in Ordnung … Okay, okay, ich sag’s ihm … Er brennt darauf, dich wiederzusehen …« – richtete er seinem Freund aus, nachdem er den Apparat leicht weggedreht hatte. »Doch, Riccardo kann es auch kaum erwarten … Ja, ja, mit dem Auto … Ich hab den Jaguar genommen, den grünen … Keine Sorge, wir rücken einfach ein bisschen zusammen«, sagte Giàcenere und ließ den Blick von Riccardo zu den beiden Najaden wandern. Riccardo dagegen starrte in die Augen von Sheila-was-für-ein-Name!, die zurückstarrte, während sich hinter der Fensterscheibe der Himmel so rosig färbte, wie ihm nach vielen Jahren plötzlich seine Zukunft wieder erschien.
So lebt ein Tycoon
Unterdessen lag unter demselben rosafarbenen Himmel, aber achthundert Kilometer entfernt, Graziantonio Dell’Arco in weichen weißen Hosen und einem amaranthfarbenen Hemd auf einem der schneeweißen Sofas seiner Tiger of Versailles , einer fünfunddreißig Meter langen, nachtblauen Pershing, und dachte über seinen Tag nach.
Heute, Donnerstag, den 10. Juli, hatte er viel erledigt: zur Isola di Cavallo gebraust, dreißig Minuten von Anlegestelle zu Anlegestelle mit durchschnittlich 38 Knoten, dort Bad mit seinem kleinen Hofstaat, zu dem das gerade angesagteste Model, die Inderin Lakshmi Dharma Narayan, gehörte; gegen 19 Uhr Party mit Modeschau auf der Ocean , der Yacht des russischen Juweliers Gregory Zemlinsky, veranstaltet zu Ehren von dessen Tochter, der frisch gebackenen Modedesignerin Alexandra, einer Schönheit mit markanten Wangenknochen und Raubtierblick, und des japanischen Couturiers Tazo. Zum Dinner in eineinhalb Stunden wurde er dann auf der Shandaar , der Megayacht des arabischen Magnaten Omar Khaled Aziz, erwartet.
Wenn es glückliche Menschen gibt – und es gibt sie –, wer hätte dann glücklicher sein können als Graziantonio Dell’Arco? Vor allem, wenn man bedenkt, dass er zu jenen gehört hatte, denen das Schicksal die Erfüllung jeglicher Wünsche zu verweigern schien.
Schon wegen seines Namens.
Denn was kann sich schon jemand vom Leben erhoffen, der »Graziantonio« heißt?
Nomen est omen
Sicher, der Nachname Dell’Arco hätte die Scharte auswetzen können, wenn man ihn denn gehört hätte und er nicht diesem Graziantonio gefolgt wäre, das so unwiederstehlich nach Witz klang, dass sich die Wohlerzogenen das Lachen verkniffen, die Übrigen aber lauthals lachten und auch mit den entsprechenden Kommentaren nicht hinterm Berg hielten: » Wie bitte? Graziantonio – was zum Teufel soll denn das für ein Name sein!?«, »An deiner Stelle würde ich mir einen anderen zulegen«, »Also, ihr im Süden seid wirklich zu allem fähig!« So war es in der Anfangszeit gewesen, gleich nach seiner Übersiedlung nach Mailand.
Ganz zu schweigen davon, wie viel er zwischen den Schulmauern des Südens – wo man tatsächlich zu allem fähig ist – hatte einstecken müssen, denn jedes Mal, wenn Dell’Arco Graziantonio aufgerufen wurde, folgte die jeweils neueste Verballhornung der »Antiken Hymne an die Drei Grazien«, die nun nicht mehr an die drei Töchter des Zeus und der Eurynome gerichtet war, sondern an Grazia, Graziantonio und GRAZIA-LECK-MICH , womit das zwischen den Bänken
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