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Die beste Lage: Roman (German Edition)

Die beste Lage: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Lage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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einem Freund unterwegs, oder muss ich dich vielleicht um Erlaubnis bitten?«, hatte er kaltschnäuzig geantwortet. »Außerdem habe ich es dir durch deine Mutter ausrichten lassen.«
    »Und die Kinder?«
    »Schau, es gibt Babysitter mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen … und schließlich haben sie ja auch noch eine Mutter. Oder irre ich mich?«
    »Richtig, aber du hast sie mir einfach so dagelassen, ohne mir auch nur die Zeit zu geben, mich darauf einzustellen …«
    »Eigentlich gelingt es dir immer sehr gut, dich auf etwas einzustellen, oder?«
    »Und wann kommst du zurück?«
    »Tja, wie es manchmal so geht. Man weiß, wann man abfährt, aber nicht, wann man zurückkommt. Im Augenblick bin ich weg. Dann wird man sehen«, hatte Riccardo die Sache abgekürzt und das Telefon hingeknallt. Sie musste begreifen, dass sie mit ihm nicht mehr Schlitten fahren konnte. Er würde sie verlassen. Das hatte er bereits beschlossen, und er würde auch dann nicht zu ihr zurückkehren, wenn sie sich änderte. Sie hatte ihm zu wehgetan. Doch bevor er sie verließ, würde er sich in der Zeit, die er brauchen würde, um die berühmte trostlose Einzimmerwohnung zu finden und zu sehen, wie sich die Sache mit Graziantonio weiterentwickelte, mit ein paar kleinen Rachefeldzügen auf ihre Kosten amüsieren. Sicher, bei dem Gedanken an die Kinder schnürte sich ihm immer noch das Herz zusammen – vier Töchter, nur ein Verrückter konnte vier Töchter in die Welt setzen! –, aber sein Leben musste sich ändern. Jetzt fühlte er sich dazu bereit. Nach den vielen Jahren, in denen nichts passiert war, hatte sich diese Idee ausgerechnet jetzt in seinem Kopf festgesetzt, da er den Gesprächen und Erzählungen jener Leute lauschte, denen er in diesen paar Tagen begegnet war: Er würde sich wieder ans Schreiben machen.
    Zukunftspläne
    »Die Reichen sind anders als wir.« Seit Fitzgerald dies festgestellt hatte, war, mal abgesehen von Hemingways zynischer Ergänzung: »Klar, sie haben das Geld«, niemandem wirklich klar gewesen, wie man das verstehen sollte, obwohl die Informationsmaschinerie tagtäglich eine gewaltige Menge an Material über ihre Welt ausstößt. Nun, die Erklärung würde jetzt er, Riccardo Fusco, zu liefern versuchen, und zwar auf Grundlage der gleichen analytischen Kategorien, die er für Die Gänse auf dem Markt ausgearbeitet hatte, nur würde er den Forschungsschwerpunkt von den kleinen, über den lukanischen Apennin verstreuten Gemeinden – wen interessierte denn schon dieses Bauernvolk? – auf die goldene Welt des Jetset verlagern, und zwar ohne das Risiko, ins Blaue hinein zu arbeiten, denn dank der Bekanntschaften, die er gemacht hatte und die zu machen er noch Gelegenheit haben würde, würde er mit Leichtigkeit einen Verleger finden, der seine Studie publizieren, oder einen Fernsehproduzenten, der daraus einen Film machen würde, oder am besten beides.
    Klar, alles hing von Graziantonio ab.
    Der hatte Riccardo für den Augenblick erst einmal in die Basilikata zurückgeschickt, und zwar nicht nach Potenza.
    Sondern nach Ferrandina.
    Idiot savant
    Dort wartete eine Arbeit auf ihn, die nichts mit der Suche nach einem Namen für den Aglianico zu tun hatte, deretwegen Giàcenere ihn ja eigentlich mitgenommen hatte, von der aber letzten Endes kaum die Rede gewesen war.
    Natürlich nicht am ersten Abend, als Graziantonio ihn mit einer geradezu anstößigen Begeisterung willkommen geheißen und nichts anderes getan hatte, als ihm ihre gemeinsamen Jahre am Gymnasium ins Gedächtnis zu rufen, vor allem jene berühmte Nacht des Zappa-Konzerts in Rom, während Riccardo, der sie fast völlig vergessen hatte, so tat, als würde er sich immer lebhafter an die Einzelheiten erinnern, die sein Gastgeber zutage förderte. Erst recht nicht sprach man darüber, während die Tiger of Versailles in den glasklaren Gewässern von Sardiniens Traumbuchten kreuzte und Graziantonio nicht müde wurde, von den unglaublichen Geschäften zu erzählen, die er im Lauf der Jahre getätigt hatte, von den cleveren Geschäftsleuten, die er »über den Tisch gezogen« hatte, von den berühmten Frauen, die er vernascht hatte, von den tollen Häusern, die er sich hatte bauen lassen, von den berühmten Schneidern, die zur Anprobe in diese tollen Häuser kamen, kurzum, von den verschiedenen wunderbaren Formen, in denen sich sein unermesslicher Reichtum ausdrückte.
    Anfangs hatte Riccardo ihm neugierig, wenn nicht gar bewundernd zugehört. Wie könnte

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