Die beste Welt: Roman (German Edition)
du kennst meine Meinung. Weitere Diskussionen sind in diesem Stadium …«
»Dann versprich mir wenigstens eines. Wenn ich feststelle, dass es gefährlich wird, kehrst du sofort an die Oberfläche zurück.«
Ich war beeindruckt. Ich hatte noch nie erlebt, dass Tarik Nasiha ins Wort fiel.
»Das klingt vernünftig«, gab sie widerwillig zu.
Ich wandte mich ab, um mein Lächeln zu verbergen.
Es ging lange im Dunkeln abwärts, und der Fahrstuhl knirschte immer wieder bedrohlich, aber ich machte mir nicht allzu viele Sorgen, denn ich wusste, dass er erst vor nicht allzu langer Zeit von der Abteilung für Bodenschätze eingebaut worden war. Nasiha stieg als Erste aus, ging voran bis an den Rand des Lichtkreises um den Schacht und tippte verschiedene Zugangscodes in ihren Kommunikator ein. Weitere fahle Lichter leuchteten auf und wurden langsam heller. Joral öffnete seine Tasche und verteilte Helme mit Stirnlampen – alte solide Technik, aber mit allerlei modernen Zusatzgeräten wie einem eingebautem Navigationssystem und einem Sauerstoffgenerator für Notfälle versehen. Ich setzte den Helm nur zu gern auf und erstellte mit meinem Armbandkommunikator ein Video von mir, auf dem ich richtig abenteuerlich aussah. Lian lachte mich aus.
»Wo gehen wir hin?«, fragte Joral, und die Frage war berechtigt, denn im Schein der Beleuchtung waren mindestens sechs verschiedene Gänge zu erkennen, und keiner wusste, wo in diesen Weiten sie hinführen mochten.
Nasihas Antwort kam beruhigend prompt und zuversichtlich. »Da entlang.«
Sie führte uns etwa eine halbe Stunde lang durch einen Gang, wo oben und an den Seiten die Feuchtigkeit vom Gestein tropfte. Das Wasser war warm, und mir kam der Gedanke, irgendwo müsste es Becken geben, gespeist von heißen Quellen und reich an Mineralien, in die man sich nur hineinzulegen brauchte. Dekadente taSadiri auf einem kargen Außenposten, die sich im warmen Bad suhlten, während über ihnen die Temperaturen unter null fielen – ich sah sie förmlich vor mir.
Wir verließen den beleuchteten Bereich, der Weg wurde holpriger, wir mussten uns durch mehrere Engstellen zwängen, und dann waren wir am Ziel. Und es hatte sich gelohnt! Ich hatte Piedra verpasst, deshalb hatte ich keinen Vergleich, doch diese Stadt war aus dem blanken Felsen gehauen worden, und allein der Anblick war verdammt eindrucksvoll. Ich verrenkte mir fast den Hals, als ich versuchte, mit meiner Stirnlampe einen Bogen einzufangen, der über zwei Stockwerke reichte. Er war von Fenstern eingefasst, hinter denen man Räume im Fels vermuten konnte. Der Bogen selbst war der Eingang zu einem Tunnel von den Ausmaßen einer Kathedrale, mit Fenstern hoch oben in den Wänden und ebenfalls bogenförmigen Türen etwas über Wegniveau, deren Schwellen so morsch waren, als hätten sie lange unter fließendem Wasser gelegen. Im Geiste sah ich diese unterirdische Straße bei Nacht von kühlen fahlen und bei Tag von hellen warmen Lampen erleuchtet. Treibhäuser nahe der Oberfläche wären möglich, hatte Nasiha gesagt, so weit oben, dass durch Dachfenster Licht hereinfallen konnte, aber tief genug unten, um die Erdwärme zu nützen. Die Flüsse und Wasseradern wimmelten von Fischen, die sich an das Leben unter der Erde angepasst hatten und sich von Algen, die von den Gezeiten aus dem Fjord hereingespült wurden, ernährten. Ein Glitzern fiel mir ins Auge, ich trat näher und sah im Fels Kristalle schimmern, nicht ausgegraben, sondern in das Relief des Türsturzes integriert. Dies war eine reiche Stadt gewesen, ein unerwartetes Paradies. Wieso war sie verlassen?
Tarik trat näher an eine der Stufen heran und winkte uns zu sich. »Sehen Sie?«, fragte er. »Der Weg hat sich gehoben. Wir gehen auf den Resten eines Lavastroms.«
Das inspirierte meine lebhafte Fantasie zu weniger erfreulichen Bildern. Nun sah ich die Straße im Licht eines rot glühenden Höllenstroms, der an den Türen vorbeisickerte und die Menschen einschloss … Moment mal.
»Tarik, war diese Stadt schon verlassen, bevor die Lava kam? Hat man menschliche Überreste gefunden?«, fragte ich.
Er verstand sofort, was ich meinte. »Nein. Es scheint, dass sie den Ausbruch haben kommen sehen, die Stadt wurde evakuiert. Als die Menschen zurückkehrten, war sie allerdings unbewohnbar geworden.«
Ich verstand, was er meinte, als der Weg so steil anstieg, dass wir schließlich die Fenster im ersten Stock erreichten, und danach noch weiter, bis uns die Tunneldecke
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