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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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große Krieg« oder »die große Welle«. Die Sadiri hatten diese Angewohnheit sofort dankbar übernommen, und so hatte ich noch kein einziges Mal gehört, auf welche Weise Sadira verwüstet worden war. Erst jetzt erwähnte Dllenahkh mit einem Blick zum Himmel die weltumspannende Giftwolke, die Sadira in ewige Nacht hüllte.
    Wir gingen weiter, setzten uns auf eine andere Bank und drehten noch eine Runde, doch kurz vor Mitternacht kehrten wir zum See zurück und warteten darauf, dass die Lichter gelöscht wurden. Es war ein Erlebnis, in Wirklichkeit noch beeindruckender als in den Holos, die ich gesehen hatte. Die mondlose Nacht legte sich über die Augen wie dicker, schwerer Filz, und man war fast geblendet von den tanzenden Flämmchen auf dem schwarzen Wasser. Von oben steuerten die Sterne ihr kaltes Feuer bei, und doch blieb es dunkel genug, dass ich mir unbemerkt die Tränen abwischen konnte. Natürlich verriet ich mich, als ich mir geräuschvoll die Nase putzte, doch die respektvolle Stille war nicht vollkommen, auch von den anderen Zuschauern waren Seufzer, Geraschel und Laute der Rührung zu hören, sodass ich mich nicht ganz allein fühlte. Dllenahkh schwieg und stand völlig still, nur einmal hörte ich, wie er sich räusperte.
    Als die Lichter wieder angingen, verließen wir den Park und ließen uns zum Hotel fahren. Vor meiner Tür wünschte er mir eine gute Nacht, und ich stellte mich ohne lange zu überlegen auf die Zehenspitzen und drückte ihm ganz unbefangen einen Kuss auf die Wange. Er sah mich forschend an, dann fuhr er mit dem Zeigefinger sanft über beide Wangenknochen und wischte mir die Tränenreste aus den Augenwinkeln, die mir zuvor entgangen waren. Die zarte Geste hätte mich fast wieder zum Weinen gebracht.
    »Schlafen Sie wohl, Grace«, sagte er zum Abschied, dann wandte er sich ab und steuerte seine eigene Tür an.
    Wie im Traum betrat ich mein Zimmer. Der Zustand hielt genau drei Minuten an, dann öffnete sich die Badezimmertür und Lian erschien, gähnend und bereits bettfertig.
    »Das Bad gehört Ihnen.« Lian machte große Augen. »Hm.«
    »Was ist?«
    Lian zuckte die Achseln. »Ich finde Kajal auch sehr schön, aber ich hätte Sie warnen sollen – tragen Sie ihn niemals am Totengedenktag oder sonst zu einem Anlass, an dem Sie vielleicht weinen müssen. Jetzt ist es etwas … verwischt. Gute Nacht.«
    Ein Jahr, zehn Monate und sechs Tage nach der Stunde null
    Dllenahkh ging die wenigen Schritte zu seinem eigenen Zimmer. Er war von tiefem Frieden erfüllt, ausgesöhnt mit seiner Trauer, seiner Angst und seiner Einsamkeit, und diese Stimmung war für ihn so neu, dass er sie sorgfältig festhielt, eingehend betrachtete und überlegte, wie lange sie wohl anhalten würde und ob sie sich beschwören ließe, wenn er sich das nächste Mal den Dingen stellen müsste, die er lieber vergessen wollte.
    Viel Zeit blieb ihm nicht für seine Seelenschau. Die Tür zu seinem Zimmer war angelehnt, und das Licht brannte. Zögernd trat er ein und erblickte Joral, der ihn sorgenvoll ansah, und Hauptmann Fergus, der betrunken war. Das versprach unerfreulich zu werden. Schicksalsergeben machte er sich auf eine unangenehme Überraschung gefasst.
    »Hauptmann Fergus wollte unbedingt warten, um mit Ihnen zu sprechen«, erklärte Joral nervös.
    »Es dauert nicht lange«, versprach Fergus, noch nicht undeutlich, aber mit einem aggressiven Unterton, der Dllenahkh zur Vorsicht mahnte.
    »Schön, Hauptmann, ich höre.« Dllenahkh zog die Tür nicht ins Schloss. Fergus sah es und hielt inne, aber Dllenahkh ging einfach weiter, schlüpfte aus seiner Jacke und warf sie auf den einzigen Stuhl. Dann setzte er sich auf das Bett und begann, sich die Stiefel auszuziehen.
    Der Hauptmann verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und stieß hastig hervor: »Es geht um Kir’tahsg. Ich habe den Fall weiterverfolgt, und es läuft nicht gut.«
    Dllenahkh richtete sich auf und hörte aufmerksam zu. Jetzt bedauerte er, sich in letzter Zeit nicht weiter mit der Situation auf Kir’tahsg befasst zu haben.
    Fergus fuhr fort: »Die Regierung hat sich zwar der Kinder angenommen, aber die Menschenhändler nicht verfolgt. Angeblich fällt das in die Zuständigkeit der Galaxis.« Er stockte. »Man hat eine Beschwerde bei der Galaktischen Justizbehörde eingereicht, aber …«
    Dllenahkh wurde plötzlich verlegen. »Solche Dinge brauchen Zeit, Hauptmann, heute noch mehr als früher.«
    »Ich dachte nur … Sie kennen vielleicht jemanden«,

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