Die beste Welt: Roman (German Edition)
mich in die aufregenden Vorbereitungen zu unserem letzten Besuch stürzte.
Wir hatten uns die fremdartigste Gruppe bis zum Schluss aufgehoben. Die taSadiri hatten sich hauptsächlich im Äquator- und Tropengürtel angesiedelt, um möglichst in einem warmen Klima zu leben. An diese Bedingungen waren sie am besten angepasst, und das Traditionsbewusstsein der Sadiri wird höchstens noch von ihrem Sinn fürs Praktische übertroffen. Die letzte Kolonie auf unserem Missionsplan war am weitesten abgelegen, es handelte sich um eine Halbinsel knapp unterhalb der Polarzone. Wir reisten auf dem Luftweg und landeten unweit eines Fjords im Schatten eines großen, aber nicht sehr hohen Vulkans. Ich trug eine Thermojacke mit Kapuze und war auf das Schlimmste gefasst, doch als ich ausstieg, zuckte ich erschrocken zurück.
»Es stinkt«, sagte Lian dicht hinter mir.
»Es ist heiß «, sagte ich völlig verdattert, nahm die Kapuze ab und öffnete die Jacke.
Und so war es wirklich. Das Wasser im Fjord dampfte, und es herrschte eine seltsame Mischung aus warmer, schwüler Luft und scharfen eisigen Windstößen. Die baumlose Landschaft umwogte die schmale Bucht in sanften Wellen, grüne Flechten wechselten sich ab mit schwarzem Basalt. Nasiha, Tarik und Joral verließen den Senkrechtstarter mit sichtlich zwiespältigen Gefühlen – unbeeindruckt von der feuchten Hitze und den Temperaturschwankungen, aber fasziniert von der Vorstellung, dass sich Sadiri einen solchen Lebensraum ausgesucht haben sollten.
Fergus, der die Maschine gesteuert hatte, streckte den Kopf aus der Tür und schnupperte misstrauisch. »Wissen Sie auch wirklich genau, wo Sie hinwollen?«
»Sehr genau, Hauptmann«, antwortete Nasiha gelassen und schwenkte ihren Geosensor langsam in weitem Bogen hin und her. »Wir müssen nur noch den Eingang finden.«
Ihr unübersehbarer Stolz war nicht unberechtigt. Sie – und natürlich Tarik – hatten dank ihres Scharfsinns diese Kolonie in den verschiedenen Legenden und Volkssagen entdeckt, die sie in mühsamer Kleinarbeit in jeder Siedlung und jeder Stadt, die wir bislang besucht hatten, zusammengetragen hatten. Ein Abgleich mit den Unterlagen des Ministeriums für Energie und Bodenschätze und des Instituts für Polarforschung hatte genügend Material für eine, vielleicht sogar zwei wissenschaftliche Publikationen geliefert. Die taSadiri-Siedlung hatte unter der Erde gelegen, wo sie vor der extremen Witterung geschützt war, und die geothermale Energieversorgung hatte für Temperaturen gesorgt, die an die Heimat erinnerten.
Diesmal waren wir natürlich nicht auf einer diplomatischen, sondern einer wissenschaftlichen Expedition. Die Siedlung war schon seit Jahrhunderten nicht mehr bewohnt. Die Missionsleiterin und der Ratsherr waren bereits nach Tlaxce zurückgekehrt und steckten bis zum Hals in Interviews mit den cygnischen und sadirischen Medien und in Konferenzen mit Vertretern globaler, interplanetarer und galaktischer Organisationen. Wir dagegen durften uns amüsieren – und es war tatsächlich ein aufregendes Abenteuer. Von allen Orten, an denen ich gewesen war, dokumentierte ich diesen besonders sorgfältig mit meinem Kommunikator. Wahrscheinlich würde ich in meinem ganzen Leben nie wieder so weit nach Norden kommen.
»Da drüben.« Tarik deutete mit der Hand auf eine Stelle.
Zuerst sah es aus wie ein Felsen, aber es war ein von Menschenhand errichtetes Gebäude, niedrig und mit dicken Mauern, die dem Wind standhalten konnten, in den Hang hineingebaut. An einer Seite fanden wir, halb im Boden versenkt, eine Tür. Stufen führten zu ihr hinab wie zu einem Bunker. Als wir eintraten und die Lichter angingen, war ich zuerst desorientiert, dann wurde mir schwindlig.
»Sollen wir alle hinuntersteigen?«, fragte Joral skeptisch und rückte sich die Träger seines großen, prall gefüllten Rucksacks auf der Schulter zurecht.
Tarik besah sich die kleine Fahrstuhlkabine, die in der Mitte über einem bodenlosen Bergwerksschacht hing. »Die Tragfähigkeit ist mehr als ausreichend. Aber wenn du willst, am Rand gibt es auch Notrutschen.«
Er zeigte sie ihm. Joral sah sich die Rutschen an und blinzelte verdutzt. Es waren enge Röhren aus durchsichtigem Material, die noch mehr klaustrophobische Gefühle heraufbeschworen als die Fahrstuhlkabine. »Nein«, sagte er rasch. »Nein, das wird nicht nötig sein.«
Tarik wandte sich an Nasiha. »Du brauchst nicht mitzukommen.«
»Das sagtest du bereits«, gab sie zurück. »Und
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