Die beste Welt: Roman (German Edition)
alles ziemlich düster aus, aber man darf die Hoffnung nicht aufgeben.«
»Ganz richtig«, stimmte sie zu. »Pass auf, ich beginne heute Nachmittag meine wöchentliche Besuchsrunde durch die Siedlungen. Möchtest du vielleicht mitkommen?«
Mein Blick wanderte zu meinem Terminal. Ich hatte in den Minuten vor Freydas Anruf meine Nachrichten abgerufen. Ziemlich viele waren von Fergus – bestimmt ging es in verschiedenen Variationen um seinen Kommunikator und warum ich ihn noch nicht zurückgegeben hätte. Da ich das Ding zum letzten Mal in Einzelteilen im Wohnzimmer des Konsuls gesehen hatte, wäre ein Tapetenwechsel unter Umständen gar keine schlechte Idee.
»Vielen Dank, Freyda! Das wäre großartig. Dann können wir ausgiebig plaudern.«
Freyda war noch genauso nett wie früher. Sie schaltete das Navigationsgerät an, verzichtete aber auf den Autopiloten. Ich sollte mich nicht genötigt fühlen, die ganze Fahrt über Konversation zu machen. In meiner neuen knappen Sprechweise kam ich ohne Umschweife gleich zum Kern der Sache. »Du und Lanuri. Fortschritte?«
Sie blieb gelassen und scherzte: »Ms. Delarua, Sie sollten wissen, dass es nicht gern gesehen wird, wenn sich Regierungsbeamte mit Kollegen einlassen. Die Arbeit könnte darunter leiden. Wie sie es damit nach Ende eines Einsatzes halten, bleibt ihnen natürlich selbst überlassen.«
»Vollkommen angemessen«, nickte ich.
Für einen Moment herrschte Schweigen, dann lachten wir beide schallend los.
»Ich kann etwa zehn Minuten lang ›Sadiri‹ spielen, maximal«, gestand ich. »Wenn ich mich voll konzentriere, auch länger. Ihr beiden wollt also bald heiraten?«
Sie nickte selig. »Ja. Es ist komisch. Ich brauchte nicht einmal nachzuhelfen. Sobald ich anfing, die Dinge aus einer anderen Warte zu sehen, fügte sich alles wie von selbst.«
»Wie zieht man die Aufmerksamkeit eines Sadiri auf sich?«
»Man muss Intelligenz zeigen«, antwortete sie. »Ihnen etwas erzählen, was sie noch nicht wussten oder selbst nicht herausgefunden hatten. Und woran merkst du, dass sie auf dich aufmerksam geworden sind?«
»Intensive Zuwendung«, sagte ich wie aus der Pistole geschossen. »Sie lassen alles stehen und liegen, um dir zuzuhören, und finden alle möglichen Gründe, dich in ihrer Nähe zu halten. Woran merkst du, dass sie dich ›mögen‹?«
»Ungewöhnliche Berührungsfreude. Sie streifen mit den Fingern deine Hand, wenn sie dir eine Tasse oder ein Terminal reichen. Sehr fürsorgliches Verhalten. Du wirst sofort aufgefangen, wenn du stolperst oder ausrutschst, und wenn du dich nicht wohl fühlst, ist die Besorgnis groß. Die persönliche Distanzzone wird deutlich kleiner. Und ehe du dich versiehst, hält er eines Tages deine Hand und schaut dir tief in die Augen«, schloss sie verträumt.
Aber kommt es jemals zum Kuss? Die Frage brannte mir auf den Nägeln. Doch ich lächelte nur.
Sie lächelte ebenfalls. »Und bei dir?«
»Fragen Sie mich lieber, wenn mein Einsatz offiziell beendet ist, Doktor Mar«, scherzte ich, verstummte aber sofort, denn mir war eingefallen, dass bis dahin nur noch wenige Tage fehlten und dass ich nicht wusste, wie viele Tage noch vergehen mussten, bis der Konsul sein Wunder vollbrachte. Falls er es denn vollbrachte.
Die Begrüßung in Lanuris Büro fiel unerwartet herzlich aus, er umfasste meine Hand und sagte: »Es ist sehr passend, dass Sie zur Gedenkfeier hier sind.«
»Was für eine Gedenkfeier?«, fragte ich verwirrt.
Er sah mich bestürzt an. »Sie haben die Nachricht nicht erhalten? Die Rettungsversuche wurden eingestellt. Durch verstärkte seismische Aktivität im Zielgebiet sind die Grabungsarbeiten zu riskant geworden.«
Die ungelesenen Nachrichten von Fergus, dachte ich. Der Raum kippte langsam zur Seite, und ich spürte überrascht, dass Freyda mich an den Schultern gefasst hatte. Ich schüttelte sie ab.
»Mir geht es gut«, beteuerte ich. Ich machte einen Schritt und taumelte. »Ich muss mich nur kurz setzen«, fügte ich kleinlaut hinzu.
Sie waren sehr aufmerksam. Sie brachten mich in Lanuris Wohnung und bestanden darauf, dass ich mich still in eine Ecke setzte und Tee trank. Zu mehr war ich nicht fähig. Mein Gehirn hatte einfach abgeschaltet, es weigerte sich, die Möglichkeit anzuerkennen, dass ich Lians Lachen oder Jorals ernste Stimme nie wieder hören sollte.
Am folgenden Tag nahm ich an einer sadirischen Gedenkfeier teil – oder, wie ich bei mir dachte, an einem Trauerritual für Verstorbene, die
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