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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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linken Hand hielt. Ich schaltete ihn ein und tastete auf dem beleuchteten Tastenfeld herum, bis ich Lians Kennung gefunden hatte.
    Teilnehmer nicht zu erreichen. Hinterlassen Sie eine Nachricht.
    Es war nicht einmal Lians Stimme, nur die automatische Ansage. Stumm streckte ich Sayr das Gerät entgegen. Seine Augen wurden groß, und als sich der Schein des Displays darin spiegelte, glitzerten sie im Dunkeln.
    »Ich habe sie gefunden«, sagte er.
    Die Verbindung wurde unterbrochen, das Display erlosch, und für einen Moment war ich überzeugt, allein im Dunkeln zu sein. Dann verbot ich mir solche Albernheiten. Als ob mich Sayr in einem verfallenen Bergwerksschacht ganz in der Nähe eines grollenden aktiven Vulkans allein ließe! Das wäre unverantwortlich. Wahrscheinlich war er nur tief in Gedanken. Ich verhielt mich möglichst ruhig, um ihn nicht zu stören.
    Seine Stimme ertönte so plötzlich neben mir, dass ich vor Schreck fast umgefallen wäre. »Tut mir leid, dass ich Sie nicht mitgenommen habe, aber es ist einfacher, wenn keine kollektiven Erinnerungen …«
    »Was? Sie haben mich hier zurück gelassen?«, quiekte ich. Das war zu viel. Ich begann hektisch zu atmen.
    Grelles Sonnenlicht blendete mich, eisige Luft brannte mir auf der Haut. Ich schnappte nach Luft und kniff die Augen zu, aber wenigstens machte der Schock dem hysterischen Schluchzen ein Ende. Als ich endlich die Lider aufbrachte, sah ich Sayr dicht bei seinem Kiel stehen, eine Hand ruhte wie zuvor auf dem Holz, mit der anderen klopfte er mir beruhigend auf die Schulter.
    »Sehen Sie hin«, drängte er. »Da sind sie. Sie rufen eben den Rettungsdienst. Alles wird gut.«
    Wir standen auf einem Hügel, ich wusste nicht genau, wo, jedenfalls war es so kalt, dass wir immer noch in der Nähe der Polarzone sein mussten. In der Ferne entdeckte ich tatsächlich zwei winzige Gestalten, herzerwärmend vertraut und beglückend lebendig. Sie hatten sich dicht aneinandergeschmiegt und hielten sich in den Armen. Ich hörte kurz auf, vor Kälte zu zittern, und zitterte stattdessen lieber vor Glück.
    Mehr Zeit blieb mir nicht für solche Sentimentalitäten. Der nächste Lidschlag brachte uns in mein Wohnzimmer zurück.
    »Vielen Dank für das Erlebnis. Leider kann ich nicht länger bleiben.« Sein freundliches Gesicht wurde ernst, und ich wusste, was jetzt kam.
    »Warten Sie!«, brach es aus mir heraus. »Kann ich Ihnen nicht wenigstens ein paar Fragen stellen, bevor Sie meine Erinnerungen löschen? Eine Frage? Eine einzige Frage nur, bitte?«
    Sayr zögerte und musterte mich misstrauisch, als hätte er mich im Verdacht, auf Zeit zu spielen – womit er nicht ganz unrecht gehabt hätte. »Was hätte das für einen Sinn, wenn Sie sich danach nicht an die Antwort erinnern können?«
    »Es gäbe mir ein Gefühl der Befriedigung«, riet ich auf gut Glück. »Das würde mir genügen.«
    »Lassen Sie mich die Frage hören«, sagte er, immer noch argwöhnisch.
    Ich holte tief Luft. Dies war meine Chance, etwas über den Sinn des Lebens zu erfahren.
    »Ist es wahr, dass die Kuratoren Menschen retten, die für die menschliche Rasse von Bedeutung sind?« Überstürzt und ungeschickt formuliert, aber ich hatte keine Zeit zu verlieren. Am Ende überlegte er es sich noch anders.
    Zum Glück hatte ich offenbar sein Interesse geweckt. »Das ist eine ziemlich komplizierte Frage. Und die Antwort darauf ist nicht einfacher.«
    »Das macht nichts«, drängte ich. Ich setzte mich in einen Sessel und hob erwartungsvoll die Hände, eine Bittstellerin, die auch für kleine Brosamen dankbar wäre.
    Seine Züge wurden weicher, mein Eifer schien ihn zu amüsieren. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie sich zwar an die Antwort erinnern, nicht aber an die Frage und auch nicht daran, sie gestellt zu haben.«
    Ich beherrschte mich, um nicht vor Aufregung zu zappeln, was in meinem reifen Alter höchst unvorteilhaft gewirkt hätte. Er ließ den Kiel allein in der Ecke des Raumes stehen, setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf den Fußboden und begann.
    »Im Anfang schuf Gott die Menschen, das heißt, Er stellte die Zutaten zusammen, fügte die Bauanleitung in die Vorlagen ein und deponierte alles in vier einzelnen Eiern mit der Aufschrift ›Montagearbeiten erforderlich‹.
    Ein Ei wurde auf Sadira abgeworfen. Dort wuchsen Menschen heran, die die Kräfte des Geistes verehrten und weiterentwickelten. Ein zweites Ei wurde nach Ntshune geschickt, und die Menschen, die dort entstanden, lernten,

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