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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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– vorausgesetzt natürlich, Lian ist weiblich.«
    »Joral«, sagte ich leise, »ich gebe Ihnen einen guten Rat. Erstens sollten Sie niemals, unter keinen Umständen, die Worte ›zu alt‹ im Zusammenhang mit einer Frau benutzen. Zweitens sind Affären mit Angehörigen des Missionsteams nicht empfehlenswert. Wir müssen wie eine Familie zusammenleben und gleichzeitig auf einem sehr hohen Niveau professionell agieren. Komplikationen wären dabei nicht hilfreich.«
    Joral sah mich ängstlich an. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es kein gutes Zeichen war, wenn ich langsam und ruhig mit ihm sprach. »Ich werde mir Ihren Rat zu Herzen nehmen, Regierungsvertreterin Delarua.«
    »Gut. Drittens. Lian ist einfach … Lian. Lian hat sich für ein Leben ohne Geschlechtsbezug entschieden. Das kann, muss aber nicht heißen, dass Lian asexuell ist, allerdings gilt das für viele, die als geschlechtsneutral registriert wurden. Gleichwohl ist es ohne Bedeutung, denn es hat keine Auswirkungen auf unsere Mission und geht uns deshalb nichts an . Und jetzt kommen Sie. Die anderen warten schon. Mein kleiner Sturz hat den ganzen Terminplan durcheinandergebracht.«
    Das war leicht übertrieben. Draußen ging alles seinen gewohnten Gang. Nasiha und Tarik, das sadirische Ehepaar, das uns der Interplanetare Wissenschaftsrat leihweise überlassen hatte, zurrten auf der Palette mit unseren Vorräten Ausrüstungsgegenstände fest. Dr. Daniyel sprach mit Lian, und Lian machte sich mit einem Eingabestift Notizen auf einem Handterminal. Auch Dllenahkh hielt ein Terminal in der Hand und zeichnete mit leisem Gemurmel eine Aktennotiz auf. Fergus zog eine letzte Schraube an einem der Stakkähne fest, und Joral und ich bildeten mit der letzten Kiste mit Vorräten, die wir für diese Reise brauchen würden, die Nachhut. Wir waren eine bunte Truppe, zwei Sadiri in den dunkelblauen Uniformen des Wissenschaftsrats, wir Cygnier im Grau des Öffentlichen Dienstes beziehungsweise in den eher lässigen, aber zweckmäßigen grünen Arbeitsanzügen, die uns von der Abteilung für Forst- und Weidewirtschaft zur Verfügung gestellt worden waren, und die restlichen beiden Sadiri in beiger und dunkelbrauner Zivilkleidung.
    Fergus, unser Sicherheits- und Überlebensexperte, räusperte sich, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, und begann mit seiner Einweisung.
    »Angeblich bringt es Unglück, in das Wasser des Candirú zu urinieren«, sagte er. »Das ist kein Aberglaube. In dem Fluss gibt es einen Schmarotzerfisch, der durch die Harnröhre nach oben schwimmt und sich richtig festbeißt. Sehr schmerzhaft. Ich würde es an Ihrer Stelle nicht riskieren, auch wenn unsere Missionsleiterin den Fisch im Notfall vielleicht entfernen könnte, ohne den Rettungsdienst zu rufen.«
    Das Grinsen, das sich bei dem Wort »urinieren« auf meinem Gesicht breitgemacht hatte, verwandelte sich in blankes Entsetzen, und mein unterdrücktes Kichern endete in einem Würgen. »Oh. Das das ist doch sicher ein Scherz?«
    Fergus schaute aus mehr als zwei Metern Höhe auf mich herab. »Ich mache keine Scherze. Es ist nicht meine Aufgabe, Leute zum Lachen zu bringen.«
    »Alles klar«, murmelte ich kleinlaut. Pflanzen wie Nadelkissen und perverse Schmarotzerfische. Ich wusste schon jetzt, dass ich diese Gegend lieben würde.
    Zum Glück wurde meine starke Rechte nicht gebraucht, um uns vor Einbruch der Dämmerung an unser Ziel zu bringen. Wir – oder vielmehr der Rest des Teams – stakten die drei kleinen Kähne zu einer Plattform inmitten der von Bäumen umstandenen Sümpfe und machten sie sorgfältig fest. Fergus ging als Erster von Bord und half Dr. Daniyel hinauf. Als wir alle auf der Plattform standen, sahen wir uns die umliegenden Gebäude an: einfache Pfahlbauten, manche mit Treppen, die zu kleinen, darunter vertäuten Booten führten, und größere Wohnhäuser, die durch Bretterstege mit der Hauptplattform verbunden waren. Das seichte Wasser war durchsetzt mit Moos und Schlingpflanzen, sodass sich die Häuser wie in grünem Glas spiegelten. Nichts regte sich, alles schien in tiefem Schlaf zu liegen.
    »Sollen wir rufen? Oder irgendwo läuten?«, fragte Lian unsicher.
    »Nein«, wehrte Tarik ab. »Man hat uns schon bemerkt.«
    Seine Stimme klang sonderbar, und als ich das Kanu und seine Ruderer sah, verstand ich auch, warum. Wir hatten bisher zwei Siedlungen besucht, bei denen laut Dr. Daniyels Gentests zwar das taSadiri-Erbe stark vertreten war, deren Bewohner nach Kultur und

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