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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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und konnten damit weitaus mehr Bezüge herstellen und Entdeckungen machen als wir.
    Als alle biologischen Untersuchungen abgeschlossen waren, gab es für mich nicht mehr viel zu tun, aber wir hatten einen längeren Aufenthalt eingeplant, damit Dr. Daniyel weitere anthropologische Forschung betreiben konnte und damit die Sadiri ausloten konnten, ob sich Beziehungen zwischen den Kolonien anknüpfen ließen. So gönnte ich mir ein paar Tage zum Entspannen und Genießen. Manchmal beobachtete ich Joral, der nach außen hin den beiden Beamten vom Wissenschaftsrat zur Hand ging oder bei Konferenzen für Dllenahkh das Protokoll führte, in Wirklichkeit aber … nur den Frauen nachlief. Es war eine Lehrstunde im Flirten auf Sadirisch. An einem Mädchen hatte er wohl besonderen Gefallen gefunden, denn er hätte fast einen unserer Biosensoren in seine Einzelteile zerlegt, nur um ihr möglichst ausführlich erklären zu können, wie er funktionierte. Balzen hieß für einen Sadiri offenbar, vor dem Objekt seiner Begierde möglichst cool und unbeteiligt die ganze Pracht seines mentalen Gefieders auszubreiten.
    Ansonsten saß ich am Rand eines Balkons, starrte wie hypnotisiert auf das träge fließende grüne Wasser hinab und hörte – oder belauschte –, wie Dllenahkh mit Darithiven, dem obersten Ratsherrn der Siedlung, über irgendeinen Grundsatz der sadirischen Philosophie debattierte.
    »Von allen Menschen in der Galaxis haben wir Sadiri die größte geistige Kapazität entwickelt«, behauptete Dllenahkh. »Wir schöpfen unser Potenzial mithilfe der mentalen Disziplinen aus, die uns befähigen, unsere Gedanken, Gefühle und Triebe zu beherrschen und unsere Fähigkeit zur Informationsverarbeitung zu steigern. Ohne die Disziplinen wären wir vielleicht immer noch stark, aber wir wären wie ein steuerloses Schiff.«
    Darithiven setzte das etwas gönnerhafte Lächeln eines Mannes auf, der seinem Gegenüber nicht widersprechen, aber auch den eigenen Standpunkt nicht aufgeben will. »Ihre mentalen Disziplinen sind in der Tat beeindruckend. Ihnen haben Sie es zu verdanken, dass Ihre Piloten Schiffe durch den interstellaren Raum steuern können und dass alle Sadiri den Ruf genießen, unparteiisch und gewissenhaft zu sein. Auch heute noch werden unsere Justizorgane und Forschungseinrichtungen von Sadiri geleitet. Hier draußen führen wir jedoch ein schlichteres Leben, das unserem Geist nicht so viel abverlangt. An Selbstbeherrschung brauchen wir nur so viel, dass die Harmonie in der Gesellschaft aufrechterhalten werden kann.« Er breitete die Arme aus und deutete wie ein stolzer Vater auf seine Siedlung und ihre Bewohner.
    Dllenahkh zögerte einen Moment, bevor er antwortete. »Ihre Kolonie ist in der Tat gut organisiert und straff geführt. Aber die Welt, das Universum ist größer als diese Gewässer. Sie selbst mögen nicht den Wunsch haben, die Galaxis zu erkunden, aber was ist mit Ihren Kindern und Kindeskindern? Je früher gewisse Dinge gelehrt werden …«
    Der Leiter der Kolonie unterbrach ihn mit nachsichtigem Kopfschütteln. »Sie wollen uns doch hoffentlich nicht vorwerfen, wir würden unseren Kindern Einschränkungen auferlegen, weil wir sie gewisse Dinge lehren und andere nicht. Wir praktizieren unsere eigene Form von geistigen Übungen, und das tun wir auch mit der nötigen Strenge. Wir verfolgen nur einfach andere Ziele. Halten Sie das für unangemessen?«
    Ich war inzwischen nahe daran, vor Langeweile ins Wasser zu fallen, aber die Debatte um die Breite und den Sinn der sadirischen Disziplinen ging immer noch weiter. Ich konnte Darithiven verstehen. Offen gesagt, hatte ich noch nie eine so verschlafene Siedlung erlebt. Die Bewohner blieben unter sich, sie waren nicht unfreundlich, aber sie schienen keinerlei Interesse an uns zu haben. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen – die Männer wanderten flussaufwärts zum Fischen, die Frauen zogen zu den nahe gelegenen Reisfeldern und zu den Getreideäckern südlich der Sümpfe, der Rest blieb zu Hause und beschäftigte sich mit Kunst und Handwerk oder trieb irgendwelche Studien. In welcher Form sie die Disziplinen auch praktizierten, sie kamen damit zurecht. In der Kolonie herrschte genau die Atmosphäre maßvoller Effizienz, wie ich sie in den Sadiri-Siedlungen meiner eigenen Provinz kennengelernt hatte.
    »Wie gehen die Gespräche voran?«, erkundigte ich mich bei Dllenahkh.
    Seine Augen leuchteten auf. »Es ist faszinierend. Natürlich hängen sie sehr an ihrer

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