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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Aussehen den durchschnittlichen Cygniern aber dennoch so sehr ähnelten, dass sie nicht weiter auffielen. Die hier hingegen – die hatten das schillernde Haar .
    Wir bauten die von der Regierung gestellten Behausungen auf einer Gästeplattform auf (Beamte sollen im Dienst keine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen, um Voreingenommenheit und Interessenkonflikte zu vermeiden). Es war ganz gemütlich. Der Sumpf wurde hauptsächlich von Abflüssen des Candirú gespeist, und während unseres Aufenthalts regnete es nicht. Die Stechmücken hielten wir uns mit Netzen und Insektenschutzmittel vom Leib, und dank unserer Filter brauchten wir uns bloß über den Rand der Plattform zu beugen, um Trinkwasser zu schöpfen. Die Kanalisation war hervorragend, die Rohre führten unsichtbar hinter Pfählen und unter Bretterstegen zu einer Entsorgungsstation, die sich in einiger Entfernung auf trockenem Land befand. Ich machte mir Notizen. Ich hatte mir vorgenommen, in meinem Fachgebiet so weit wie möglich auf dem Laufenden zu bleiben.
    Als Dr. Daniyel alle Blut- und Gewebeproben genommen hatte, die sie brauchte, kehrte ich mit ihr zu unserem Landeplatz zurück, und wir machten uns in dem Minilabor, das eigens für diese Mission in das Shuttle eingebaut worden war, ans Werk. Die Arbeit fiel nicht wirklich in mein Fachgebiet, aber manche Labortätigkeiten sind recht einfach, und so konnte ich ihr letztlich doch einiges abnehmen. Das war auch gut so. Als ich meine Vorgesetzte beobachtete, fiel mir auf, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Die Art, wie sie sich nach vorne beugte, hatte nichts mit Konzentration zu tun, sondern mit Erschöpfung.
    »Wenn Sie nicht aufpassen, landet noch Ihre eigene DNA in den Proben«, bemerkte ich. »Vielleicht sollten Sie eine Pause einlegen?«
    Dr. Daniyel warf mit einer matten und dabei seltsam eleganten Bewegung die ergrauten Locken über eine Schulter. Dann trat sie zurück, um mich bei der Analyse helfen zu lassen. »Ausruhen kann ich mich nach Abschluss der Mission. Ich dränge nun schon seit Jahren auf eine globale Gendatenbank. Dies könnte der Anfang sein.«
    »Die Mission hat eben erst begonnen. Sie müssen darauf achten, sich nicht zu überfordern.« Ich verlieh meinen Befürchtungen nur sehr vorsichtig Ausdruck, um ja nicht den Anschein zu erwecken, ich hielte unsere Missionsleiterin nicht für einsatztauglich.
    »Ach, das meinen Sie?« Sie wies lächelnd auf sich selbst. »Ein chronisches Leiden. Noch innerhalb der zulässigen Grenzwerte für den Öffentlichen Dienst; richtig ist allerdings, dass ich schnell ermüde. Deshalb habe ich Lian für die körperlich schweren Arbeiten mitgenommen, aber für alles andere bin ich so ziemlich die Einzige mit der erforderlichen Qualifikation und Erfahrung.«
    Ich justierte die Messgeräte und legte die letzten Schalter um. »So. Das sollte alles sein.« Ich sah sie an. »Ich will Ihnen nicht zu nahetreten, Ma’am, aber später die Ergebnisse abzurufen und sie in Ihre Dateien zu kopieren, das können Sie auch mir überlassen.«
    Sie schien über meinen Diensteifer amüsiert und erfreut zu sein, und darüber war ich froh; sie hätte mein Angebot auch falsch auffassen können. Doch dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. »Nur zusammengefasste Daten«, mahnte sie, und plötzlich klang ihre Stimme fest und hellwach. »Wir machen keine Einzeluntersuchungen. Wir erstellen eine anthropologische Analyse, keinen medizinischen Bericht.«
    »Jawohl, Ma’am. Ich bin mit den bioethischen Bestimmungen des Wissenschaftskodex durchaus vertraut«, entgegnete ich ruhig.
    Das Lächeln kehrte zurück. Sie nahm es nicht übel, dass ich ihr nach dem Mund redete. »Wir haben einen langen Einsatz vor uns. Außer Dienst können Sie mich Qeturah nennen.«
    »Ich heiße Grace«, erwiderte ich. »Aber mich nennen trotzdem alle nur Delarua.«
    Die Ergebnisse waren interessant. Verglichen mit den Bewohnern der letzten beiden Siedlungen besaßen diese Cygnier keinen größeren Anteil an taSadiri-Genen, auch wenn ihr Aussehen das Gegenteil vermuten ließ. (Die Genetik ist manchmal eine regelrechte Wundertüte.) Doch dafür war ihre Kultur überraschend intakt geblieben. Tarik und Nasiha zogen los, um mit den Siedlern zu reden, und hielten Worte, Geschichten, Mythen und Brauchtum viel gründlicher und systematischer fest, als es den cygnischen Anthropologen bisher gelungen war. Natürlich hatten sie einen Vorteil – sie beherrschten die selteneren und älteren sadirischen Dialekte

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