Die beste Welt: Roman (German Edition)
Kleidung, damit Sie sich anziehen können.«
Als sie mir nicht die Kleider brachte, die ich getragen hatte, sondern Dinge aus meinem Gepäck, wusste ich, dass mein Rucksack die Reise überstanden haben musste. Ich wusch mich flüchtig mit kaltem Wasser und kleidete mich an. Sie kam mit zwei Körben voller Sachen zurück, die sie ordentlich an einer Wand aufreihte, und ließ mich allein.
»Fantastisch!«, sagte ich zuerst, als ich den Inhalt meines Rucksacks erkannte und sah, dass er nicht unter dem Wasser gelitten hatte. Diese Typen von der Forstwirtschaft verstehen eben etwas von ordentlicher Ausrüstung.
»Verdammt«, rief ich als Nächstes. Ich hatte ein sorgfältig verpacktes Bündel gefunden. Als ich den Stoff auseinanderfaltete, kamen die vielen Fragmente meines Terminals zum Vorschein. Also keine schnelle Nachrichtenverbindung. Und da wir gerade beim Thema waren, wo war mein Kommunikator?
Dllenahkh hatte wohl meinen bestürzten Aufschrei gehört und kam in den Raum. »Hallo, Dllenahkh«, begrüßte ich ihn munter. »Hier gibt es Frauen! Einen solchen Schatz können Sie den anderen Sadiri nicht vorenthalten. Wie auch immer, ein gemischtes Kloster finde ich erstaunlich. Ich dachte, es wäre üblich, in solchen Gruppen Geschlechtertrennung zu praktizieren, um nicht vom Philosophieren abgelenkt zu werden.«
Dllenahkh schob die Hände in die Ärmel, was mich darauf aufmerksam machte, dass er eine Kutte trug, die der hiesigen Tracht sehr ähnlich sah. »Da sie sich nur selten gegeneinander abschirmen, weiß ohnehin jeder, was im anderen vorgeht, und eine physische Trennung wäre sinnlos. Stattdessen haben wir hier eine integrierte Gesellschaft – Zölibatäre, Alleinstehende, Ehepaare und Kinder – in uneingeschränkter telepathischer Kommunikation.«
»Was für ein Leben!«, rief ich aus. »Ich wette, dass einige Bereiche doch abgeschirmt werden, zum Beispiel die Schlafräume der Ehepaare.«
Bevor ich über meine eigenen Worte lachen konnte, sah ich Dllenahkhs Lippen auf eine Weise zucken, die mir nur allzu vertraut war.
»Verstehe«, sagte ich ernüchtert. »Ich muss aufhören, mich über gewisse Dinge lustig zu machen. Sie erweisen sich nur allzu oft als wahr. Haben Sie sich denn schon erkundigt, wie wir wieder zurückkommen?«
»Haben Sie schon Ihre Morgenmahlzeit eingenommen?«, fragte er zurück.
»Nein.« Ich runzelte die Stirn. »Sind Sie soeben meiner Frage ausgewichen?«
»Ich würde sie lieber beim Frühstück erörtern«, antwortete er.
Er kannte den Weg. Ich folgte ihm, und dabei fiel mir auf, dass zwar fast völlige Stille herrschte, die wenigen Menschen, denen wir begegneten, uns indes mit Worten grüßten, manchmal auf Sadirisch, manchmal auch in meinem Heimatdialekt. Die Männer hatten die Köpfe kahl geschoren, die Frauen gestatteten sich wie das Mädchen, das ich zuvor gesehen hatte, lediglich einen Schatten von Kopfbehaarung. Nicht alle trugen Kutten, aber die Kleidungsstücke waren ausnahmslos einfarbig und von schlichtem Schnitt. Im Gegensatz zu dieser äußeren Uniformität waren Gesichter und Körper auffallend ausdrucksvoll und ständig in Bewegung, was mich immer wieder daran erinnerte, dass hier gerade Tausende von Gesprächen stattfanden, die ich nicht hören konnte.
Nachdem wir uns im gemeinschaftlichen Speisesaal ein Tablett mit Früchten, Getreidekörnern, Suppe und Tee bestückt und mitgenommen hatten, begaben wir uns auf einen Balkon, von dem man über eine grüne Schlucht mit einem kleinen blauen Himmelsfenster am Ende schaute. Von den Bäumen tropfte das Wasser, doch als es wärmer wurde, löste sich der Morgennebel rasch auf. Es wehte ein kühler Wind, die Aussicht war atemberaubend und mein Begleiter … rätselhaft. Er übersah meine fragenden Blicke und drängte mich zum Essen. Erst als nur noch lauwarmer Tee übrig war, setzte er sich auf die Fersen zurück und schaute versonnen in die Ferne.
»Ich pflegte einst enge Beziehungen zu einem Kloster auf Sadira, man könnte sagen, ich war ein Oblate, an den Orden gebunden, ohne in die Gemeinschaft einzutreten. Obwohl ich als Regierungsbeamter tätig war und in der säkularen Welt lebte, widmete ich meine Freizeit dem Studium des Geistes und seines Potenzials.«
Ich ließ mir kein Wort entgehen, während mein Tee unbeachtet abkühlte. Ich hatte bislang nie gewagt, einen Sadiri nach seinem Leben vor der Katastrophe zu befragen, und obwohl ich Dllenahkh am besten kannte, war alles, was ich über ihn wusste, jüngeren
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