Die beste Welt: Roman (German Edition)
Datums und reichte kaum mehr als ein Jahr zurück.
»Auf Cygnus Beta führe ich ein ähnliches Leben. Ich arbeite in der lokalen Verwaltung der Kolonie und unterrichte die Disziplinen auf verschiedenen Stufen. Vor allem bilde ich andere zu Lehrern aus, da ich selbst nicht überall sein kann.«
»Das hört sich so an«, sagte ich sehr leise, um seinen Erzählfluss nicht zu stören, »als zählten Sie zu den höchsten Gelehrten auf Cygnus Beta.«
Er überlegte kurz. »Ich würde dieser Einschätzung zustimmen, mit einer Ausnahme. Ich habe nie die letzte Stufe angestrebt – die Entwicklung der Fähigkeiten, die zur Steuerung eines Mentalschiffs erforderlich sind.«
»Darf ich fragen, warum nicht?«
Er sah mich an, als verstünde sich das von selbst.
»Anders als die Zhinuvier, die mühelos mit ihrer Technik verschmelzen und sich auch wieder davon lösen können, sind Sadiri-Piloten ein für alle Mal an ihre Schiffe gebunden. Ich möchte nicht auf die tiefe Bindung verzichten, die man nur in zwischenmenschlichen Beziehungen erlebt.«
Er hielt inne und betrachtete den fernen Himmelsfleck in seinem Rahmen aus Blättern und Ranken. »Für mich ist es, als hätte ich hier einen Schatz gefunden. Ich habe mich erkundigt, wie wir das Kloster wieder verlassen können. Man hat nichts dagegen, uns ziehen zu lassen, es gibt nur eine einzige Bedingung: Wir dürfen keine Erinnerung an diesen Ort mitnehmen, damit das Geheimnis gewahrt bleibt.«
Ich schürzte nachdenklich die Lippen. Lücken in meinem Gedächtnis waren mir aus verständlichen Gründen nicht geheuer, aber ich sah ein, dass der Schutz dieser Gemeinschaft wichtiger war als meine privaten Bedenken. »Nun gut. Wann können wir aufbrechen?«
Er sah mich erwartungsvoll an. »Müssen wir denn aufbrechen?«
Ich war fassungslos. Er meinte es tatsächlich ernst. »Dllenahkh, ich kann nicht hierbleiben. Es gibt Menschen, die fest darauf bauen, dass ich – wir – zurückkehren.«
Er ließ mich kaum ausreden. »Ich bin mir bewusst, dass Cygnier imstande sind, in sehr kurzer Zeit Beziehungen anzuknüpfen. Dennoch bin ich der Meinung, dass Tonio …«
Seine Borniertheit kränkte mich so, dass ich ihm ins Wort fiel. »Ich dachte an Rafi. Familiäre Verpflichtungen sollten doch selbst für einen Sadiri ein Begriff sein. Und glauben Sie nicht, dass auch Joral auf Sie angewiesen ist?«
»Joral weiß, dass jeder ältere Sadiri unserer Gemeinschaft sein Mentor sein kann …«
»Natürlich«, widersprach ich ungeduldig, »aber das wären nicht Sie . Sie beide bilden doch so etwas wie eine Familie, nicht wahr?«
Er gab nicht auf. »Nachdem nur noch so wenige von uns übrig sind, kann man alle Sadiri als eine Familie betrachten.«
»Und warum wollen Sie ihm Schmerzen bereiten, indem Sie ihn glauben machen, Sie seien tot?«, fragte ich behutsam.
Darauf erwiderte Dllenahkh nichts, doch ein kurzes Flackern seiner Augen verriet mir, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Nachdem Sie unbedingt zurückkehren wollen, könnten Sie ihm ja mitteilen, dass ich noch am Leben bin.«
»Nachdem man meine Erinnerungen gelöscht hat?«, fragte ich sarkastisch.
Sein Blick war entschlossen, vielleicht eine Spur gereizt. » Das werden Sie nicht vergessen. Dafür werde ich sorgen.«
Ich ging in mein Zimmer zurück und packte meine Sachen zusammen, sogar die Bruchstücke des Terminals steckte ich ein. Als ich wieder hinausging, stand Dllenahkh bei einem älteren Mönch, der mit leisem Lächeln feststellte, dass ich aufbruchbereit war.
»Nur wenige wollen für immer bei uns bleiben. Das ist nicht anders zu erwarten. Nicht jeder kann unser Leben begreifen.«
Ich fühlte mich nicht nur aus Höflichkeit zu einer Antwort genötigt und kratzte dafür mein bestes Amtssadirisch zusammen. »Nur wenige sind wahrhaft frei von jeglichen Verpflichtungen und von jeglicher Verantwortung für andere. Sonst würden sie bleiben, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, denn die Harmonie in dieser Gemeinschaft ist eine Wohltat für Geist und Seele.«
Er nahm die Worte und die Aufrichtigkeit, mit der sie gesprochen wurden, mit huldvollem Kopfnicken zur Kenntnis.
Seine Liebenswürdigkeit machte mir Mut. »Und doch frage ich mich«, fuhr ich fort, »warum es Ihnen so wichtig ist, im Verborgenen zu bleiben – wichtig genug, um in das Denken anderer Menschen einzugreifen.«
Dllenahkhs Miene verfinsterte sich, er hielt meine Bemerkung offensichtlich für anstößig, aber
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