Die beste Welt: Roman (German Edition)
konnte.«
Die Adepten. Interessant. Der Sache würde ich nachgehen, und zwar gründlich – doch zuerst musste ich meinen Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben. Ich leerte meinen Becher und rutschte zum Tisch, um nachzuschenken. Mein Blick fiel auf abgedeckte Teller und Schüsseln; ich lugte darunter. Die Speisen waren mir nicht bekannt, aber sie dufteten verlockend. Ich nahm eine Haube ab und reichte Dllenahkh den Teller, aus Höflichkeit, und auch um ihn zum Reden zu bewegen.
»Ich will alles hören«, verlangte ich.
Nach jenem Sturz ins eisige Wasser war mir nicht viel in Erinnerung geblieben, und das war vermutlich ein Glück, denn als Dllenahkh mir in knappen, nüchternen Worten beschrieb, wie wir von den Strudeln in die Tiefe gerissen worden waren, begann ich zu frösteln. Was immer ich an Verletzungen davongetragen hatte, sie wären sicherlich viel schlimmer gewesen, hätte er mich nicht mit seinem Körper vor den härtesten Stößen geschützt. Und offenbar waren wir durch eine Unterwasserhöhle oder einen geheimen Gang hinter einem der Wasserfälle zu einem der legendären Klöster gespült worden, in dem die erwähnten Adepten wohnten. Dass dieses schöne Märchen tatsächlich Wirklichkeit geworden war, hätte mich eigentlich begeistern müssen, aber ich hatte vor allem Hunger und machte mir Sorgen. Dieser geheimnisvolle Ort war mir ganz und gar nicht geheuer. Ich befand mich nicht in einem klassischen Indiana-Jones-Holovid; dies war die Realität.
Dllenahkh war von solchen Ängsten frei. »Ich weiß nicht, wie es zugeht, aber das Wissen dieser Gelehrten reicht weit vor die Zeit zurück, in der die taSadiri nach Cygnus Beta gekommen sein müssen.«
»Vielleicht eine parallele Entwicklung von Theorien und Praktiken? Eine Art Newton-Leibniz-Effekt?«
Er überlegte. »Die Entdeckung der Differenzialrechnung mit der Entwicklung von einigen der fortgeschrittensten Bewusstseins- und Meditationstechniken der Galaxis vergleichen zu wollen wäre eine grobe Vereinfachung. Aber ich verstehe, was Sie sagen wollen. Vielleicht drückt sich in beiden Zweigen der Disziplinen eine natürliche Fortentwicklung im Denken der Sadiri aus.«
»Wie konnten Sie schon so viel über diese Gelehrten in Erfahrung bringen?«, fragte ich.
Dllenahkh schaute zur Seite, er wollte nicht lügen, aber ich sah deutlich, dass er meine Frage auch nicht beantworten wollte. Endlich ging mir ein Licht auf. »Telepathie! Und so stark, dass für die Kommunikation keine körperliche Berührung erforderlich ist. Wirklich beachtlich.«
Dllenahkh schlürfte seinen Tee mit einem Geräusch, das fast wie Genugtuung klang. »Sie haben die Disziplinen auf eine noch höhere Stufe gebracht als in den Klöstern auf Sadira.«
»Werden Sie in die hiesige Sadiri-Kolonie oder sogar nach Neu-Sadira gehen?«, versuchte ich ihn auszuhorchen.
Er senkte ein wenig die Lider, die stille Begeisterung flaute ab. »Sie wollen nicht an die Öffentlichkeit treten. Auch jetzt nicht.«
»Damit ist niemandem geholfen«, seufzte ich. Ich war todmüde. »Werden sie mit mir reden, oder bin ich so beschränkt, dass sich die Mühe nicht lohnt?«
Dllenahkh lächelte. »Ich glaube, sie nehmen Rücksicht auf Ihren Zustand. Als wir hierherkamen, waren Sie bewusstlos, und Sie sind erst vor Kurzem erwacht.«
»Sehr freundlich von ihnen. Trotzdem können Sie ihnen ausrichten, dass ein Licht auf einem hohen Berg nützlicher ist als unter einem Scheffel. Und wenn Sie sich für die Gastfreundschaft bedankt haben, sollten Sie fragen, wann wir nach Hause gehen können.« Das hörte sich so an, als betrachtete ich das Missionsteam als mein »Zuhause«, und vermutlich war es das zu diesem Zeitpunkt für mich auch geworden.
Den Rest dieses Tages verbrachte ich überwiegend im Bett. Dllenahkh verließ den Raum, während ich schlief, und quartierte sich anderswo ein. So kam es, dass ich allein im Dunkeln erwachte. Ich lag friedlich da und hörte zu, wie draußen das Regenwasser – es mochte auch starker Tau sein – von den Dachrinnen tropfte, bis die Sonne aufging und den Raum mit Licht erfüllte. Minuten später trat jemand ein – eine kleine, kindlich anmutende Frau in einer leichten Wollkutte. Ihr Haar war so kurz geschoren, dass es wie ein Schatten auf ihrer Kopfhaut lag.
»Guten Morgen«, sagte ich auf Sadirisch.
Ein scheuer, verwirrter Blick. »Guten Morgen«, antwortete sie zögernd in meinem heimischen Dialekt. »Ich hole Ihnen Wasser zum Waschen und bringe Ihnen auch Ihre
Weitere Kostenlose Bücher