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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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entkräften.«
    Ich schüttelte nur noch benommen den Kopf angesichts dieser Absurdität.
    »Keine Sorge. Ich habe ihr erklärt, Sie hätten so viel Ntshune in Ihrem Erbgut, dass Sie wahrscheinlich noch einige Zeit länger Kinder bekommen könnten als die durchschnittliche Cygnierin. Nach meiner Schätzung bleiben Ihnen dafür noch fünfundzwanzig, vielleicht sogar dreißig Jahre Zeit.«
    »Qeturah!«, zischte ich mit einem verstohlenen Blick auf den nächsten Verladearbeiter. » Müssen wir meine Privatangelegenheiten hier draußen im Freien erörtern, wo jeder zuhören kann? Was sind Sie bloß für eine Ärztin?«
    Ich hatte schon damit gerechnet, dass dieser Einsatz nicht nur Routine sein würde. Die Kir’tahsg-Inseln waren berüchtigt für ihre Abgeschiedenheit und Unzugänglichkeit, man konnte sie genetisch und kulturell mit einer vakuumdichten Flasche vergleichen. Fergus’ Sicherheitshinweisen zu Flora und Fauna und seinen Fluchtplänen im Katastrophenfall sahen wir immer mit Interesse entgegen, doch diesmal war es vor allem die Ansprache der Missionsleiterin, der wir gebannt lauschten.
    »Das Protokoll muss strikt eingehalten werden«, ermahnte sie uns.
    »Ist das eine von den Kolonien, die sehr großen Wert auf das Zeremoniell legen? Geht es dort noch förmlicher zu als am Hof der Lichtelfen?«, fragte ich.
    An der Art, wie sie die Arme verschränkte, erkannte ich, dass sie sich für eine schwierige Antwort wappnete. »Noch viel förmlicher. Ich möchte, dass Sie alle in vollem Ornat erscheinen. Benutzen Sie stets alle Titel. In dieser Gesellschaft wird der Rang einer Person und die Behandlung, die ihr gebührt, an äußeren Zeichen abgelesen.«
    Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, sprach sie jeden von uns einzeln an. »Ratsherr. Regierungsvertreterin. Kommandantin. Leutnant. Hauptmann. Korporal Lian, Sie ernenne ich hiermit zu meinem Adjutanten mit allen Rechten und Pflichten. Diese etwas überraschende Beförderung ist zeitlich befristet und soll nicht nur Sie, sondern auch mich aufwerten. Ratsherr, Ihnen empfehle ich, Joral als Ihren Ersten Sekretär vorzustellen.«
    Wieder wanderte ihr Blick über uns hin, als ob sie uns mit dem Auge eines Außenstehenden betrachten würde. »Für den Interplanetarischen Wissenschaftsrat die blaue Ausgehuniform. Für den Öffentlichen Dienst die schwarze Uniform mit weißem Überwurf. Für das Militär die weiße Paradeuniform. Für die Sadiri die Tracht, die in Ihrer Kultur als angemessen erachtet wird, und bitte keine falsche Bescheidenheit. Legen Sie alle Orden und Ehrenzeichen an, die Sie haben. In dieser Kolonie trennt Herrn und Diener eine besonders breite und tiefe Kluft. Ich möchte nicht, dass einer von Ihnen auf der falschen Seite landet.«
    Unser erster Blick auf die gleichnamige Hauptinsel war ebenso abschreckend wie die Ansprache der Missionsleiterin. Von einem Strand oder einer Landebahn war nichts zu sehen. Schroffe Felsen ragten senkrecht aus der tosenden Brandung, und die Landschaft schien ausschließlich aus mehr als fünfundvierzig Grad steilen Abhängen zu bestehen. Immerhin gab es Spuren von Zivilisation. Landeinwärts zogen sich Terrassengärten wie grüne, von behauenem Fels eingefasste Bänder um die Berge. Der gleiche graue Fels war zu ummauerten Städten verbaut worden, die so mit dem blanken grauen Berg verschmolzen, dass man kaum erkennen konnte, wo die von Menschenhand errichtete Mauer endete und die natürliche Klippe begann. Angeblich bedeutet Kir’tahsg in einer längst ausgestorbenen cygnischen Sprache »unbesiegbar«, und man sah gleich, womit sich die Insel diesen Namen verdient hatte. Wir mussten auf dem offenen Meer landen, abtauchen und in einer riesigen hangarähnlichen Höhle wieder an die Oberfläche steigen.
    Die Begrüßung war jedoch ungleich herzlicher, als der erste Eindruck erwarten ließ. Unsere Gruppe wurde mit einem Hovercar zur Residenz des Herrschers von Kir’tahsg gebracht, einem prächtigen Palast im Inneren der zentral gelegenen Zitadelle, umgeben von weitläufigen Gärten mit sauber beschnittenen Bäumen und gepflegten Rasenflächen. Ich hatte den kargen, schlichten Stil erwartet, der dem naturwissenschaftlich geprägten Geist der Sadiri entgegenkommt, die sich schon beim bloßen Anblick eines Teppichs im Paisleymuster in Betrachtungen über fraktale Formeln verlieren können. Doch ich wurde eines Besseren belehrt, soweit es um Mode, Schmuck und Ausstattung ging. Diener und Amtsträger trugen teure Kleidung

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