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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Sie nicht, dass Sie ein wenig … nun ja …« Das Wort emotional konnte ich nicht verwenden. »Vielleicht ein wenig heftiger als sonst reagieren?«
    »Gewiss doch«, fuhr sie mich an. »Das ist eine natürliche Folge der Schwangerschaft. Der mütterliche Beschützerinstinkt wird zwangsläufig stärker.«
    »Na schön, solange es natürlich ist«, murmelte ich skeptisch.
    Sie sah mich ausdruckslos an, dann reichte sie mir ein Probenröhrchen mit roter Flüssigkeit.
    »Was ist das?«, fragte ich und nahm es, obwohl ich zutiefst verwirrt war.
    »Das Blut des Jungen. Wahrscheinlich ist auch etwas Haut dabei. Ich finde, Sie sollten es testen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht recht. Es gibt keinen triftigen medizinischen Grund, und der Herrscher hat alle Gentests verboten.«
    Nasiha nickte. »Verstehe. Aber dann müssen Sie mir eines erklären, Delarua. Als ich die Hand des Jungen hielt, spürte ich, dass die Konzentration von telepathischen Rezeptoren in seiner Handfläche weit über dem Durchschnitt für Terraner liegt. Wie kommt er dann als Diener an einen Hof, an dem der Adel taSadiri ist und die Dienerklasse aus Terranern besteht?«
    Das hatte ich nicht gewusst. Ich blinzelte verdutzt. »Sie machen mich tatsächlich neugierig«, gestand ich. »Aber verraten Sie der Missionsleiterin nichts, versprochen? Das läuft inoffiziell.«
    Früh am nächsten Morgen suchte ich sie in ihrem Zimmer auf. »Er ist Terraner, hat aber auch sadirisches und ziemlich viel zhinuvisches Erbe in sich. Wie sind Sie darauf gekommen?«
    Nasiha zuckte die Achseln. »Wenn der Herrscher spricht, hält er viel zurück. Die Adeligen der Residenz und die höheren Diener haben ebenfalls gelernt, sich ausweichend zu äußern. Nach meiner Erfahrung ist ein reicher und gut geführter Haushalt wie ein Eisberg. Man sieht zwar die Spitze, fragwürdig sind jedoch die unsichtbaren neunzig Prozent, auf denen sie ruht.«
    Tarik hatte bisher schweigend zugehört, doch was er nun sagte, bestürzte mich: »Zu diesen neunzig Prozent habe ich nähere Informationen. Ich stand wie üblich vor Sonnenaufgang auf, um zu meditieren, und schaute aus unserem Fenster hinab auf die Zitadelle. Ich sah Straßenfeger und Müllsammler. Zunächst war ich noch unsicher, weil ich ziemlich weit entfernt war, doch wenn ich mit einbeziehe, was Sie herausgefunden haben, glaube ich mit Sicherheit sagen zu können, dass es sich um Zhinuvier handelte.«
    »Ich bin der Meinung, es ist an der Zeit, mit der Missionsleiterin zu sprechen«, entschied Nasiha.
    »Bitte finden Sie einen Weg, mich aus der Sache rauszuhalten«, flehte ich.
    Sie sah mich nur an.
    »Na schön.« Ich seufzte. »Soll ich Ihnen vielleicht Dllenahkh und Joral holen?«
    Joral war gleich nebenan in dem Zimmer, das er mit Dllenahkh teilte, also schickte ich ihn einfach zum Rapport zu Nasiha. Dllenahkh musste ich draußen im Freien suchen. Nasiha hatte mit Blick auf ihren »delikaten Zustand« die Einladung des Thronfolgers zu einem Ausritt ausgeschlagen. Tarik war bei ihr geblieben, wie es sich für einen braven, hilfsbereiten Ehemann gehörte, und so hatte sich Dllenahkh geopfert. Die beiden galoppierten auf einer kleinen Rennbahn um eine Koppel herum und hatten allem Anschein nach ihren Spaß dabei. Der Thronfolger wurde Sieger, aber aus Rücksicht auf seinen Gast nur mit geringem Abstand.
    »Sie sind ein Naturtalent, Ratsherr!«, hörte ich ihn vergnügt rufen.
    Dllenahkh nahm vorsichtig die Zügel an, sein Pferd war nach dem kurzen Rennen noch leicht erregbar. »In den Sadiri-Siedlungen haben wir ähnliche Tiere. Ich bin schon ein paarmal geritten.« Er sah sich um und entdeckte mich. »Delarua!«
    Ich machte eine Verbeugung. »Wenn Euer Gnaden gestatten. Ratsherr, Sie werden gebeten, in den Palast zu kommen.«
    Ich weiß, ich war nicht ganz unschuldig an dem, was nun geschah. Als ich den Kopf senkte, schielte ich auf den Thronfolger. Er hatte sich bis auf zwei lange Locken, die ihm fast in die Augen fielen, das Haar mit einer scharlachroten Kordel zurückgebunden. Und als ich mich wieder aufrichtete, warf ich obendrein zum Vergleich einen Blick auf Dllenahkhs Haar. Es war nach dem Galopp vom Wind zerzaust, und an einer Seite hing ihm eine dunkelbraune Welle in die Stirn, doch obwohl es eher wie bei einem Diener als wie bei einem Adeligen geschnitten war, wirkte er majestätischer als der Thronfolger. Der jedoch sah nur den Blick, der ihn traf, und hielt meine Scheu für Koketterie und meine Neugier für

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