Die beste Welt: Roman (German Edition)
ohne modischen Schnickschnack. Vielmehr wirkten die Gewänder durch die schlichten, aber kostbaren Stoffe und die einfachen, aber kunstvoll ausgeführten Stickereien. Am Mobiliar und an den Wänden blitzten ebenso wie an den Handgelenken, Hälsen und Ohren der Adeligen und der ranghöheren Diener Edelmetall und Edelsteine in klassisch einfachen Fassungen. Die Adeligen trugen auch das Haar lang und hielten es mit edelsteinbesetzten Samtbändern oder bunten Spangen zusammen.
Ach ja, das Haar. Das muss ich eigens erwähnen. Es war so auffallend, dass es nicht ganz geheuer war. Der Herrscher, seine Gardeoffiziere, der Thronfolger und alle anderen hochgestellten oder hochrangigen Persönlichkeiten in der Residenz waren so sadirisch, wie sie nur sein konnten. Ihr Haar schillerte hell, und ihre Haut hatte einen ganz leichten, fast zhinuvischen Glanz. Dagegen war das Haar der Diener ausnahmslos stumpf und kurz geschnitten, und die Haut war matt. Nun verstand ich, warum es Qeturah ein Anliegen war, uns terranische Typen möglichst amtlich auftreten zu lassen.
Der Herrscher der Insel war ebenso beeindruckend wie die Elfenkönigin, doch wirkte er eher wie ein ehrwürdiger Greis. Obwohl er schlank war und körperlich in guter Verfassung zu sein schien, erhob er sich nicht von seinem Sessel. Er ließ uns je nach Rang und Stellung Plätze zuweisen und hörte sich Dllenahkhs und Qeturahs Wünsche höflich an. Zuerst dachte ich, alles würde reibungslos laufen, denn wenn sein Blick auf die Sadiri fiel, strahlte er so viel Glück und Zufriedenheit aus, als habe sich endlich ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Ich sollte mich täuschen.
»Sosehr wir es bedauern, wir können uns den geforderten Gentests nicht unterziehen«, erklärte der Herrscher rundheraus.
Auf eine so unverblümte Ablehnung ohne jede Erklärung war Qeturah nicht gefasst. »Wir halten die Gentests für nützlich zur Bestimmung der Kompatibilität. Außerdem können wir mit ihrer Hilfe das durchschnittliche psionische Potenzial von Angehörigen einer Gemeinschaft ermitteln.«
Der Herrscher lächelte. »Psionische Fähigkeiten besitzen wir nicht, das kann ich Ihnen auch gleich sagen. Die mentalen Disziplinen werden leider nicht mehr praktiziert, und mit ihnen gingen auch die telepathischen Kräfte unserer Vorfahren verloren. Was die Kompatibilität mit den Sadiri angeht … sehen Sie selbst.« Er winkte lässig mit der Hand, wie um auf das sadirische Aussehen seiner Untertanen hinzuweisen, aber ich konnte mir einen Blick auf die terranischen Diener mit dem kurzen Haar nicht verkneifen.
Qeturah griff, noch immer verwirrt, nach einem Glas auf einem Tablett, das ihr ein kleiner Junge reichte, aber sie bekam es nicht richtig zu fassen, es fiel zu Boden und zerbrach. »Es tut mir so leid …«, begann sie.
Der Butler fiel ihr ins Wort und stellte den Jungen schroff zur Rede. Für mich klang es wie: »Mach ja nicht noch einen Fehler.« Oder: »Wir werden dafür sorgen, dass du keinen Fehler mehr machst.« Vielleicht war es eher Letzteres, denn der Junge riss zu Tode erschrocken die Augen auf und fiel auf die Knie, um die Glasscherben aufzulesen.
Während ich die Szene genau beobachtete, hörte ich den Herrscher sagen: »Schafft ihn hinaus und bringt der Missionsleiterin ein anderes Glas.«
Das machte dem Kleinen natürlich noch mehr Angst, und er verletzte sich die Hand an einem Glassplitter.
Nasiha schoss in die Höhe und eilte auf ihn zu, ohne auf die Scherben zu achten. Es knirschte grässlich. Sie richtete das Kind auf und umschloss seine Faust fest mit ihren Fingern, um die Blutung zu stillen, bevor die Tropfen auf die Marmorfliesen fallen konnten. » Ich bringe ihn hinaus«, erklärte sie dem Herrscher. »Lassen Sie das aufkehren«, befahl sie dem verdutzten Butler. »Delarua«, wandte sie sich an mich, »unseren Sanitätskasten. Schnell.«
Der Herrscher lächelte nur schwach. Wahrscheinlich war ihm längst bekannt, was ich gerade erst lernte – mit schwangeren Sadiri ist nicht zu spaßen. Ich rannte in Qeturahs Zimmer und holte den Sanitätskasten. Als ich in den Korridor vor dem Empfangssaal zurückkehrte, redete Nasiha beruhigend auf den Jungen ein. Binnen weniger Minuten hatten wir das Blut abgewischt und die Wunde verpflastert. Er betrachtete staunend seine Hand, während ich das Verbandszeug wieder einpackte.
»Nun lauf schon«, sagte Nasiha freundlich.
Er lächelte unsicher und gehorchte.
»Nasiha, ich will Ihnen nicht zu nahetreten, aber finden
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