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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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gutes Beispiel geben, nicht wahr?«
    »Ja, Ratsherr«, pflichtete Joral ihm bei. Er klang schon fast wieder wie der Alte.
    »Gut. Und morgen … morgen lassen wir uns beide beim Ministerium für Familienplanung und -betreuung registrieren. Nun hol die Gläser, und lass uns darauf anstoßen.«

12
    ABSTURZ
    Ich gähnte herzhaft und hielt mir dabei mein Terminal vors Gesicht, um meine Schwäche vor den Sadiri-Kollegen zu verbergen. Die langen Nächte gingen allmählich an die Substanz.
    Ich hatte die vage Vorstellung gehabt, ich hätte weniger zu tun als bei der Regierung, da ich ja im Grunde nur ein Anhängsel des Sadiri-Teams war. Immerhin war Joral noch da, Nasiha war nach wie vor gut in Form, Tarik erfüllte wie immer ruhig und gewissenhaft seine Aufgaben, und Dllenahkh hielt die Zügel fest in der Hand. Die Arbeit konnte doch wohl kaum mehr werden, nur weil es nun mehr Personen gab, die beschäftigt sein wollten.
    Sie haben ja recht. Man könnte meinen, ich wäre nie im Öffentlichen Dienst tätig gewesen.
    Dllenahkhs Beteuerung, er halte viel von mir, war nicht nur ein aufmunterndes Kompliment gewesen. Praktisch bedeutete sie Unmengen von Berichten und Handreichungen, die als Hintergrundinformation auf mein Terminal geladen wurden, sowie die Teilnahme an allen Konferenzen unter sadirischem Vorsitz. Zudem hatte ich eigene Beiträge für den Missionsbericht zu verfassen, der für die sadirische Regierung zusammengestellt wurde, und musste außerdem zu jeder sich bietenden Gelegenheit sadirisch sprechen, um »mein Verständnis für die Feinheiten des Wortschatzes zu fördern«.
    Wussten Sie, dass es im Sadirischen ungefähr zehn Varianten des Begriffs für das Richtige gibt? Das Richtige ist etwa das, was für alle Beteiligten von Vorteil ist. Das Richtige kann auch richtig sein, weil es seit sieben Generationen so gemacht wird. Und etwas kann sogar deshalb richtig sein, weil man damit seinen Vorgesetzten beeindrucken kann. Und meistens wird das alles – Sie haben es erraten – mit dem Wort angemessen übersetzt. Ich glaube, es gibt einen besonderen Tonfall, der aussagt: »Dies oder jenes mag nicht richtig sein, aber wenn ich sage, es ist richtig, solltest du besser den Mund halten und es einfach tun.« Ich wusste sofort, dass ich mir Ärger eingehandelt hatte, als Dllenahkh eines Tages bemerkte: »Es wäre angemessen, das Modul der Fortgeschrittenengrammatik bis Ende kommenden Monats fertigzustellen«, und es dabei schaffte, zwei Varianten und diesen schwer zu fassenden Tonfall mit nur drei Silben, einem Heben der Stimme und einem aufmunternden Lächeln zu kombinieren.
    Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so geschuftet.
    Ich durfte sie natürlich auf keinen Fall enttäuschen. Sie waren meinetwegen ein Risiko eingegangen, als sie der Zentralregierung eine lange Nase drehten und mich ins Team zurückholten – was dabei abgelaufen war, ging freilich eher in die Richtung von: »Wir haben die traumatischen Folgen der Katastrophe noch nicht überwunden und wären dankbar für jedes Zugeständnis, das die Beziehungen weiter festigen und entkrampfen könnte.« Ich kann nur sagen, für ein Volk, das behauptet, Täuschung und Betrug seien unangemessen, verstehen es die Sadiri meisterhaft, andere mit ihrer Wortwahl zu manipulieren.
    Wenn ich versagte, blamierte ich nicht nur mich selbst, sondern auch die Leute, die mir aus der Patsche geholfen hatten. Das wollte ich um jeden Preis vermeiden, aber der Tag hatte einfach nie genügend Stunden. Qeturahs verhaltene Freude über meine Rückkehr verwandelte sich in gelinde Besorgnis, und nachdem sie fast zwei volle Monate lang zugesehen hatte, wie ich mich selbst verheizte, kehrte sie schließlich die Ärztin heraus und nahm mich beiseite.
    »Sie sehen fürchterlich aus«, hielt sie mir erbarmungslos vor.
    »Ja, ja, bloß kein falsches Mitgefühl«, gab ich zurück. »Anstelle weiterer Komplimente könnten Sie mir aber auch helfen und mir vielleicht ein kleines Rezept ausstellen.«
    Sie sah mich sehr lange an, dann reichte sie mir ein Päckchen mit den kleinen Pflastern, die ich aus meiner Studienzeit noch in bester Erinnerung hatte. »Ich gebe Ihnen nur einen Vorrat für eine Woche. Gehen Sie sparsam damit um, und kommen Sie nicht zu mir, um sich Nachschub zu holen. Bis sie zu Ende sind, sollten Sie Ihr neues Arbeitspensum ohne chemische Unterstützung bewältigen können, sonst müssen Sie eine andere Lösung finden.«
    »Das geht in Ordnung«, versprach ich.
    Sie hatte

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