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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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ich jetzt bitte fertig essen?« Allmählich wurde ich ärgerlich.
    Sie entfernten die Sensoren und führten mich wie eine Kranke zu einem Stuhl, was mich noch mehr empörte. Dllenahkh setzte sich mir gegenüber und sagte leise: »Die Sitzung, von der Sie sprechen, fand nicht gestern, sondern vorgestern Abend statt.«
    »Ich habe einen ganzen Tag verloren?«, fragte ich ungläubig.
    »Amnesie ist eine mögliche Nebenwirkung der Medikamente, die man Ihnen gegeben hat«, bemerkte Nasiha.
    »Medikamente? Wer hat mir die gegeben?«, fragte ich scharf.
    Sie warf einen schnellen Blick auf Qeturah, die wiederum Dllenahkh böse ansah. Seine Lippen wurden schmal, doch als er weitersprach, war seine Miene wieder sachlich. »Wir möchten Ihnen lieber nicht sagen, was gestern geschehen ist, um sicher sein zu können, dass alle eventuell zurückkehrenden Erinnerungen auf dem tatsächlichen Ereignis und nicht auf unserem Bericht beruhen.«
    »Es könnte sein, dass die Medikamente immer noch auf Ihren Hippocampus wirken«, lenkte Qeturah rasch ab.
    Das brachte mich vollends aus dem Konzept. »Worauf?«, fragte ich.
    »Jenen Teil des Gehirns, der eine wichtige Rolle bei der Bildung des Langzeitgedächtnisses spielt«, erklärte sie.
    »Ach ja. Das erste Semester Neuroanatomie liegt schon eine Weile zurück«, überlegte ich.
    Zunächst saß ich ganz still. Dann überprüfte ich meinen Körper von oben bis unten, wackelte mit den Zehen, beugte und streckte die Finger und fuhr mir mit der Zunge über die Zähne. Keine Schmerzen, keine wunden Stellen. Was immer mir widerfahren war, hatte mir nicht auf eine Weise geschadet, die ich wahrnehmen konnte. Ich atmete ein klein wenig auf.
    »Immerhin haben Sie mich nicht ausfliegen lassen, das beruhigt mich ein wenig«, begann ich.
    »Komisch, dass Sie darauf zu sprechen kommen«, bemerkte Qeturah drohend. »Genau das hatte ich nämlich eben in Erwägung gezogen.«
    »Wir befinden uns am Rand der Wüste. Wo ist der nächste Neurologe? Sehen Sie doch selbst, ich kann laufen, ich kann sprechen, mir geht es gut.«
    »Das haben Sie gestern auch gesagt«, murmelte Lian. Nicht gerade hilfreich.
    Qeturah sah Nasiha und Dllenahkh an. Nasiha war auffallend schweigsam, und Dllenahkh hatte die Stirn in Falten gezogen. »Ein Tag«, sagte Qeturah zu mir, sah aber immer noch die beiden Sadiri an, als wollte sie deren Erlaubnis einholen. »Sie bekommen noch einen Tag, vielleicht genügt es ja schon, wenn Sie das Medikament restlos abgebaut und ausgeschieden haben. Bis dahin sind wir auf dem Weg nach Mordecai, und dort gibt es ordentliche medizinische Einrichtungen.«
    Damit war ich zufrieden und widmete mich wieder meinem Frühstück.
    Den ganzen Nachmittag lang zerbrach ich mir den Kopf darüber, was wohl geschehen sein mochte. Ich fand es komisch und nicht unbedingt angenehm, dass es in meinem Leben eine so große Zeitspanne gab, über die offenbar jedermann außer mir Bescheid wusste. Und die besorgten Blicke zerrten an meinen Nerven. Ich kramte das altmodische Papiertagebuch hervor, das Qeturah mir gegeben hatte, als sie mich dazu bringen wollte, wegen der Ioan-Geschichte »Zugang zu meinen Gefühlen zu finden«, und schrieb nieder, was ich von meinen seltsamen Träumen behalten hatte. Dann ging ich in die Unterkunft der beiden Sadiri und knöpfte mir Nasiha vor.
    »Ich glaube, sie waren an der ganzen Sache nicht unwesentlich beteiligt«, sagte ich ihr auf den Kopf zu. »Ich habe Sie noch nie so kleinlaut erlebt. Können Sie mir etwas sagen?«
    Sie senkte ein wenig den Kopf, um mir nicht in die Augen sehen zu müssen. »Solange Sie Ihr Gedächtnis nicht wiedergefunden haben, sollte ich das lieber nicht tun.«
    Ich sah sie an. Sie ging seit unserem Einkaufsbummel meist in Zivil, weil die Schwangerschaftsuniform des Wissenschaftsrates »weder bequem noch vorteilhaft« sei.
    »Wo ist die Katzenschnalle? Die legen Sie doch nie ab.«
    »Ich habe sie nicht mehr. Bitte, Delarua, stellen Sie mir keine weiteren Fragen.«
    Tarik hatte ein paar Meter entfernt schweigend über seiner Arbeit gesessen. Plötzlich legte er sein Terminal ab, stand auf und verließ mit finsterer Miene die Unterkunft.
    Ich nahm an der Abschlussbesprechung für Piedra teil – das heißt, ich saß dabei, und niemand schickte mich weg –, aber die Gespräche rauschten oft an mir vorüber, als wäre ich ein unbeteiligter Beobachter. Ich machte mir wie üblich Notizen für meinen eigenen Bericht, aber aus irgendeinem Grund tat ich das

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