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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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gründlicher als sonst: Audio- und Videoaufzeichnungen, mehrere Dateianhänge und auch kleine persönliche Bemerkungen zu allem, was mir ungewöhnlich oder bedeutsam erschien.
    Zum ersten Mal verspürte ich den dringenden Wunsch, mit den Sadiri bis spät in die Nacht aufzubleiben. »Sagen Sie«, fragte ich Joral, »was treiben Sie eigentlich so, wenn wir anderen schlafen?«
    »Der Ratsherr und ich studieren die cygnische Kultur«, antwortete er. »Literatur, Kunst, Film, Geschichte – alles sehr interessant. Gestern Nacht haben wir mit einer Serie von Präholovid-Filmen begonnen.«
    »Oooh, Klassiker?«
    »Überwiegend Bearbeitungen«, gestand Joral.
    »Bearbeitungen?« Ich griff mir ans Herz, aber mein Entsetzen war nur zum Teil gespielt. »Banausen. Dann kann ich ja ruhig schlafen gehen«, sagte ich und gähnte zum fünften Mal in Folge.
    Vorsorglich gab ich Lian den Traumbericht und schrieb auf, welche Ordner auf meinem Terminal die neuesten Notizen enthielten. Dann ging ich zu Bett und schlief schneller ein als erwartet. Infolgedessen wachte ich natürlich früh genug auf, um Dllenahkh zum Shuttlehafen zu begleiten, wobei ich selbst nicht begriff, was mich bewog, bei diesem kalten, nebligen Wetter das Haus zu verlassen. Zu allem Übel war er auch noch sonderbar gekleidet und redete unsinniges Zeug.
    »Aber ich habe auch etwas zu erledigen. Und wo ich hingehe, kannst du nicht mitkommen, dabei kannst du mir nicht helfen. Ich passe nicht in eine noble Rolle, aber …«
    »Aber?«, drängte ich. Jetzt war ich neugierig geworden. Wie ging es noch mal weiter?
    Er blinzelte und sagte in weniger melodramatischem Tonfall. »Welchen Sinn hätte es denn, in dieser Situation eine noble Rolle zu spielen? Ich bin nicht überzeugt, dass das die beste Entscheidung ist.« Die Falten auf seiner Stirn glätteten sich wieder, er schien innerlich mit den Achseln zu zucken, dann fasste er mir mit dem Zeigefinger unter das Kinn. »Ich seh dir in die Augen, Kleines.«
    Er neigte den Kopf zu mir und, wenig überraschend, wurde die Szene prompt ausgeblendet. »Was soll das heißen?«, murmelte ich.
    »Delarua? Sind Sie wach?«
    Ich räkelte mich und verfing mich mit den Füßen in der dünnen Decke über meinem Feldbett. »Ja, mehr oder weniger. Oh, verflixt.« Ich schoss jäh in die Höhe. »Nasiha! Tut mir leid, ich habe verschlafen, aber Sie haben ja gesehen, in welchem Zustand ich gestern Nacht bei der Sitzung war. Ich habe es einfach nicht geschafft, heute Morgen rechtzeitig zur Meditation zu kommen.«
    Sie saß nicht weit von meinem Feldbett entfernt auf einem Stuhl und betrachtete mich schweigend. Natürlich war sie bereits fertig angekleidet, und sie hielt einen medizinischen Scanner in der Hand, als wollte sie ihn gleich auf mich richten. »Was soll das für eine Sitzung gewesen sein, Delarua?«
    »Wissen Sie das nicht mehr? Es ging doch um die Wandernden Sippen?«, antwortete ich erstaunt.
    »Verstehe«, sagte sie und tippte auf ihren Kommunikator.
    Ehe ich mich versah, hatte sich eine kleine Schar um mein Feldbett versammelt – Nasiha, Dllenahkh, Qeturah und Lian. Ich zog verschämt die Decke bis zum Kinn hoch und machte große Augen.
    »Ich habe zwei Tage verloren?«, fragte ich ungläubig.
    Kein Widerspruch. Nasiha zeigte mir die Untersuchungsergebnisse mit dem Datumsstempel. Lian rief auf meinem eigenen Terminal meine Notizen ab und zeigte mir die Anfänge eines Traumprotokolls in meiner eigenen Handschrift. Ich stand auf, wickelte die Decke notdürftig um mich wie eine Toga, stapfte, die beiden Beweise in den Händen, in Unterwäsche auf und ab und versuchte zu begreifen, was ich eben erfahren hatte.
    »Ich habe zwei Tage verloren«, wiederholte ich leise. Ich tastete mich wie betäubt zu meinem Feldbett zurück, setzte mich, legte Terminal und Kalender ab und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. »Was geht hier vor? Was geschieht mit mir?«
    »Wir glauben, dass Sie unter einer Störung bei der Bildung von Langzeiterinnerungen leiden«, sagte Qeturah. »Jedes Mal, wenn Sie einschlafen, geht Ihr Bewusstsein zu dem letzten Ereignis zurück, das im Langzeitgedächtnis gespeichert wurde. Wahrscheinlich ist die Ursache eine Fehlsteuerung …«
    »Im Hippocampus, ja, ich weiß«, ergänzte ich. »Aber das erklärt nicht, wieso ich mich an alle meine Träume erinnern kann.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie erinnern sich an Ihre Träume in der vergangenen Nacht?«, fragten Qeturah und Nasiha gleichzeitig.
    Ihre Aufregung

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