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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Meereswelle … sehr beruhigend … sehr entspannend … sehr …
    »… freundlich von Ihnen, mich in Schlaf zu wiegen, Ratsherr«, sagte ich spöttisch, um meine Enttäuschung zu verbergen.
    Mein Gedächtnis kehrte zurück, hell und scharf wie das Leben, aber so fremd wie ein Déjà-vu in einem Saal voll gesprungener Spiegel.
    »Wir vergessen manchmal, dass die meisten Cygnier mindestens acht Stunden Schlaf brauchen«, entschuldigte sich Dllenahkh, als er das letzte Gepäckstück in der Hotelhalle absetzte. »In Zukunft werden wir uns bemühen, unsere Sitzungen zu einer günstigeren Tageszeit anzusetzen und zeitlich zu straffen.«
    »Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können, Ratsherr.« Ich lächelte verschmitzt. Dann sah ich sehr zu meiner Bestürzung, wie Qeturah zu mir herübersah, als erwäge sie, mich in aller Öffentlichkeit zur Rede zu stellen. Dazu wollte ich ihr keine Gelegenheit geben. Und schon hatte ich mich mit Nasiha zu einem kurzen Besuch in der Stadt aus dem Hotel geschlichen. Unser Ziel war ein Handwerkermarkt ganz in der Nähe.
    Ich hatte allerdings nicht bedacht, wie viel Schutz eine bestimmte Art von Kleidung bietet. Normalerweise hätte Nasiha die blaue Uniform des Wissenschaftsrats und ich die schwarze Tracht des Öffentlichen Dienstes getragen, aber wir hatten uns beide für Zivilkleider entschieden, die wir vor Ort gekauft hatten. Deshalb hielt man uns nun wohl für Freiwild.
    Eben waren wir noch die Straße entlanggegangen, im nächsten Moment hatte man uns einen Lappen mit irgendeinem Betäubungsmittel vor Mund und Nase gepresst und uns in eine Seitengasse gezerrt. Nasiha war für die Banditen zu stark und zu schnell. Ich sah den Mann, der sie gepackt hatte, noch über ihren Kopf hinwegfliegen, bevor ich vollends das Bewusstsein verlor.
    Als ich wieder zu mir kam, war ich am ganzen Körper gelähmt. Ich spürte die Vibration eines Aircar unter mir, konnte aber nicht einmal die Augen öffnen. Ich hörte Stimmen und hastige Schritte, dann hob die Maschine ab, und ich wurde jäh gegen den Boden gepresst. Mit viel Mühe gelang es mir endlich, die Augen zu öffnen. Genau in diesem Moment wurde ich an Händen und Füßen gepackt und aus der offenen Tür des aufsteigenden Fliegers geschleudert.
    Das Aircar war noch nicht allzu weit aufgestiegen, vielleicht fünf Meter über den Boden. Hätte ich meine Arme und Beine gebrauchen können, dann wäre ich wohl mit ein paar Prellungen und allenfalls einem gebrochenen Arm davongekommen. So benommen und hilflos, wie ich war, musste ich jedoch damit rechnen, mir beim Aufprall alle Knochen und den Schädel zu brechen.
    Aber es kam anders.
    Ich landete nicht auf dem unbarmherzig harten Boden, sondern auf zwei starken Armen und vor einer breiten Brust. Die zugehörige Gestalt und das Gesicht waren mir wohlbekannt.
    Du hast mich aufgefangen, raunte ich der Präsenz in meinen Gedanken zu.
    Natürlich, kam die Antwort, doch unter der Gelassenheit spürte ich die Angst. Er konnte es selbst nicht fassen, dass er noch rechtzeitig gekommen war.
    Nasiha?
    Ich sah sie vor mir. Das Gewandtuch hatte man ihr weggerissen. Aus ihrem Gesicht sprach die blinde Wut. Die Gasse war jetzt leer. Sie drehte sich hilflos um sich selbst, während die Banditen wie eine Horde Ratten durch die schmalen Lücken zwischen den Gebäuden flüchteten. Dann sah ich Tarik vor dem Hotel, zunächst noch mit friedlichem Gesicht. Er riss entsetzt die Augen auf und stürmte blindlings los, um sie über ihre telepathische Verbindung ausfindig zu machen. Drei Minuten später holten ihn Lian und Dllenahkh in einem Bodenfahrzeug ein und zogen ihn hinein. Tarik fand Nasiha auch tatsächlich, aber Dllenahkh war derjenige, der mich entdeckte, indem er mit aller Kraft nach meinem halb wachen Bewusstsein tastete, das so schwach war wie das Schwirren von Kolibriflügeln.
    Ich war ganz unnatürlich munter, als die Wirkung der Betäubung nachließ. »Kann mich an gar nichts erinnern!«, lachte ich. »Sehen Sie doch selbst – ich kann laufen, ich kann sprechen, mir geht es gut!«
    Qeturah scannte mich und betrachtete mit finsterer Miene die Instrumente, die meine Aussage bestätigten. »Bestens. Aber nach Piedra kommen Sie nicht mit. Sie bleiben vierundzwanzig Stunden unter Beobachtung und ruhen sich aus.«
    Nasiha wäre wohl bei mir geblieben … wenn Tarik sich nicht angemaßt hätte, ihr das zu befehlen. Letzten Endes erklärte Lian sich bereit, mich zu bewachen.
    »Armer Tarik«, sagte ich.

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