Die beste Welt: Roman (German Edition)
die verschiedenen Volksgruppen nach Cygnus Beta verschlagen hatte. Unser gesamtes Team hatte bereits am Morgen an einer allgemeinen Trauerfeier teilgenommen, doch dieser Festakt war ausschließlich dem Militär und den ihm nahestehenden Organisationen vorbehalten, vielleicht als besondere Mahnung an ihren Auftrag, die Menschheit zu schützen.
Wir hatten auf dem Weg zu einer weiteren Kolonie nur für zwei Tage in der Stadt Station gemacht, und so hatte es mich nicht überrascht, als Qeturah erklärte, sie würde gern zurückbleiben und sich ausruhen. Joral sagte, er hätte noch zu arbeiten, aber Dllenahkh wollte sich eine Aufführung von Pakals Requiem anhören und hatte mich eingeladen, ihn zu begleiten. Ich hatte zugesagt. Es war keine großartige Einladung, dennoch stand ich jetzt im Badezimmer und hielt unschlüssig einen Kajalstift zwischen den Fingern.
Lian strich ein letztes Mal über die Schulterpartie seiner Ausgehuniform, sah mich an und nickte. »Ich will nicht länger stören.«
Als die Tür ins Schloss fiel, lachte ich kurz über mich selbst, dann trug ich das Kajal auf.
Ganymed ist nur eine Kleinstadt, ist aber mächtig stolz auf seine Geschichte und sein kulturelles Leben. Infolgedessen hatte es einen beeindruckenden Konzertsaal und ein hervorragendes Orchester, das es sogar mit den besten Ensembles von Tlaxce City aufnehmen konnte. Ich bereute nicht, dass ich so viel Mühe auf mein Aussehen verwendet hatte, und war törichterweise auch sehr stolz auf Dllenahkh. Er sah in einem schlichten Abendanzug ebenso schneidig und schick aus wie in jeder Paradeuniform. Mein Geschenk, der kleine Teakelefant, steckte diskret an seinem Hemdkragen und trug seinen Teil zu meiner Zufriedenheit bei.
Pakals Requiem ist sehr bewegend, aber nicht allzu lang, was meiner Stimmung an diesem Abend vollkommen entsprach. Schon nach dreißig Minuten mit Orchester und Publikum verließen wir mit den übrigen Zuschauern den Saal und schlenderten durch den hell erleuchteten Stadtpark. Wir waren beide ziemlich schweigsam. Dieser Abend ermunterte nicht zur Geschwätzigkeit. Jedermann, Paare wie Familien, wirkte still und in sich gekehrt, als ob es sich um einen planetenweiten Feiertag handeln würde.
»Gibt es auf Sadira einen Totengedenktag?«, fragte ich Dllenahkh. Ich hatte Neu-Sadira sagen wollen, aber er überhörte den Versprecher und antwortete mir direkt.
»Jeder Stamm ehrt seine Vorfahren und seine gefallenen Helden auf seine Weise. Einen besonderen Tag dafür gibt es nicht, aber das kann mit der Zeit noch kommen.«
Ich blieb stehen und schaute erstaunt zu ihm auf.
»Es wurde noch keine Zeremonie zum Andenken an den Verlust von Sadira abgehalten? Nach mehr als einem Jahr?«
Er senkte leicht den Kopf und runzelte ebenfalls die Stirn, als sei er aufrichtig verwundert über ein solches Versäumnis. »Man hat des Tages gedacht, aber nicht in offiziellem Rahmen. Ich nehme an … ich glaube, wir hatten zu viel zu tun, um uns mit solchen Dingen zu beschäftigen.«
Wir gingen eine Weile schweigend weiter.
»Allerdings«, fuhr er leise fort, »hätten wir uns damit auch eingestehen müssen, dass zu unseren Lebzeiten und für viele kommende Generationen eine Rückkehr nach Sadira nicht möglich ist. Ich fürchte, dazu fühlten wir uns noch nicht in der Lage.«
Ich streifte zaghaft seine Hand. Seine Finger legten sich um die meinen, drückten sie kurz und ließen wieder los. Er nickte zu einer Bank hin, die halb verborgen hinter hohen Sträuchern etwas abseits des Weges stand. Ich folgte ihm, und wir setzten uns und beobachteten die Vorübergehenden.
»Ich habe Ihnen vor einiger Zeit versprochen, Ihnen die Geschichte meiner Bekanntschaft mit dem Konsul zu erzählen, dem Sie in Karaganda begegnet sind«, sagte er.
Meine Aufmerksamkeit war geweckt, ich sah ihn fest an. »Richtig. Das war vor einigen Monaten. Sind Sie mittlerweile dazu bereit?«
Er nickte. »Sie haben aus unseren Regierungsberichten viel gelernt. Vielleicht ist manches jetzt leichter zu erklären.«
Ich zermarterte mir das Gehirn, um mich zu erinnern, was in den vielen staubtrockenen Berichten sich auf unser jetziges Gespräch beziehen könnte. Als mir nichts einfallen wollte, lächelte ich nur aufmunternd und wartete.
Sein erster Satz überraschte mich. »Was haben Sie damals empfunden, als ich Verbindung zu Ihrem Geist aufnahm, um Ihrem Körper bei der Heilung Ihrer Verletzungen zu helfen?«
Dllenahkh hätte niemals eine Frage ohne Hintergedanken
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