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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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verpassen. Gott, ich wünsche demjenigen, der vor dem Kehrreim die Gitarrensaiten kurz anschlägt, hundert glückliche Jahre. Mindestens. Wir schlängeln durch die Gegend und flippen bei dem Kehrreim völlig aus, das heißt ich schon vorher, wenn dieses Knacken von der Gitarre kommt. Ah! Musik ist auch Gott.
    Am Ende leitet der d j direkt über in Dance little sister von Terence Trent Darby, und als die Nummer abklingt, ist die Tanzfläche halb voll. Überwiegend Männer. Alle Rene zugewandt. Die getanzte Kontaktanzeige.
    »Was willst du trinken?«
    Sie hört mich nicht, tanzt mit geschlossenen Augen durch ihren Weltraum. Ich steuere die Cocktailtheke an, doch noch bevor ich da bin, werden Musik und Licht gedimmt. Arabische Musik ertönt. Ein Lichtspot wird auf die Eingangstür gerichtet. Und herein kommt: Vanessa. Beziehungsweise: Kleopatra. Ein Raunen geht durch den Saal. Bei Medienpartys mangelt es ja nie an schönen Frauen, aber in der Aufmachung sticht Vanessa jede der Anwesenden aus. Ihre Haare sind hochgesteckt, und der Umhang ist ein halb durchsichtiger Schleier, der einen Blick auf ihren durchtrainierten Luxuskörper im Bikinioberteil und Rock erlaubt. Spontaner Applaus brandet im Saal auf. Fast applaudiere ich mit. Die Königin der Ägypter huldigt der Menge, indem sie eine Hand hochhält, dann schreitet sie auf eine Sitzecke zu. Damit weiß ich auch, wo Gerd ist.
    Die arabische Musik verstummt, und der Partysound wird wieder hochgefahren. Ein kurzes Intermezzo, das im ganzen folgenden Jahr diskutiert werden wird, ähnlich wie ihr Auftritt als Pocahontas im letzten Jahr. Man hätte das nur übertreffen können, wenn man als Selbstmordattentäter gegangen wäre und die Sache durchgezogen hätte.
    Ich winke dem Barmann und ordere einen Hurricane. Als er sich an die Arbeit macht, bleibt mein Blick an einer Frau hängen, die auf der anderen Seite der Theke steht. Sie hat einen Pagenkopf, und ihre dunklen Augen bilden einen scharfen Kontrast zu der Bleichheit ihrer Haut, was durch das Nonnenkostüm noch verstärkt wird. Neben ihr steht ein Zorro und redet auf sie ein. Während ich mich frage, ob ihre Bleichheit angeschminkt ist, wirft sie mir einen Blick zu. Unsere Augen treffen sich, und mein Magen sackt ab. Es fühlt sich an wie Turbulenzen im Flugzeug. Was zum Teufel … Ach so.
    Um auf Nummer sicher zu gehen, schaue ich noch mal rüber. Als unsere Blicke sich treffen, startet mein Magen erneut den Sinkflug. Geht das wieder los … Sofort muss ich an Isa denken. So fing es mit ihr auch an. Ich traf sie auf einer Vernissage. Wir sahen uns einmal in die Augen, und ich war sofort hinüber. Während der folgenden Monate taumelten wir wie im Rausch hintereinander her, und obwohl unser Sex nicht besonders gut war, konnten wir nicht genug davon bekommen. Und obwohl unsere Gespräche nicht besonders gut waren, mussten wir ständig miteinander reden. Und obwohl wir eigentlich gar nicht zusammenpassten, mussten wir uns ständig versichern, dass es für immer war. Ohne diese Hormonausschüttungen hätte ich bestimmt ein paar Dinge hinterfragt, zum Beispiel, wieso Isa mir einen gut bezahlten Job besorgt und ihren eigenen kündigt. Ihr ganzes Gerede von individueller Freiheit bezog sich augenscheinlich darauf, dass ich arbeiten und sie shoppen ging. Ich hatte damals endlich meinen ersten Auftrag für den Spiegel an Land gezogen und stand kurz vor einem Recherchedurchbruch über Vergünstigungen der Atomlobbyisten für Regierungsbeamte. Doch Isabella stellte mich Gerd vor, er las ein paar meiner Texte und gab mir den Auftrag, einen Artikel über Udo Jürgens zu schreiben. Der Text wurde vom Stern auszugsweise abgedruckt, und ich war plötzlich Redakteur. Plötzlich saß ich in diesem Büro, verdiente das Achtfache und fand das eine Zeit lang sogar gut, bis zu dem Tag, an dem die Natur aus mir unerfindlichen Gründen die Hormonausschüttungen wieder einstellte. Nach einem Jahr Verliebtheit wachte ich plötzlich auf und vermisste meinen alten Job, konnte aber nicht einfach kündigen. Ich sah Isa plötzlich viel klarer, konnte mich aber nicht einfach trennen. In diesen zwölf verliebten Monaten hatten wir uns zu viel versprochen, angeschafft und geplant. Wir wohnten zusammen, sie hatte die Pille abgesetzt, und wir hatten für den Sommer eine zweimonatige Reise in die us a gebucht … Ich fand immer mehr Gründe, wieso wir nicht zusammenpassten, aber hätte Isa sich nicht von dem Fußballer tunneln lassen, wären wir

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