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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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wen?«
    »Na, in mich«, sagt sie.
    Rene schaut zwischen uns hin und her, doch bevor sie etwas beisteuern kann, fährt das Taxi vor. Aus dem Wagen dringt laute Musik, die noch lauter wird, als wir die Türen öffnen. Die Frauen steigen hinten ein. Als Rene mich mit auf den Rücksitz ziehen will, schnauzt mich der Fahrer an, so gehe das nicht, einer müsse nach vorne, wir wären hier nicht in Afrika. Erinnert mich dran, eines Tages einen Afrikaner zu fragen, ob bei denen tatsächlich drei auf die Rückbank passen und ob bei den Hottentotten wirklich nie aufgeräumt wird.
    Ich steige vorne ein und nicke ihm zu.
    »n’ Abend. Können Sie die Musik bitte leiser stellen?«
    Er ignoriert mich und schaut in den Rückspiegel.
    »Wohin?«
    »Irgendwohin, wo’s nett ist und wo es was zu trinken gibt«, ruft Rene von hinten.
    »Wohin?«
    Ich lächele ihn an.
    »Würden Sie die Musik leiser stellen?«
    Er starrt mich an. Seine Pupillen sind geweitet.
    »Was willste?!«
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich Spucke abbekommen habe, jedenfalls steht sein Blick auf Pegel, und er sucht anscheinend nach einem Grund, sich abzureagieren. Früher hätte ich jetzt einen dringenden Erziehungsauftrag verspürt, aber ich bin schlauer geworden. Ich schaue nach vorne und halte die Klappe. Er schaut wieder in den Rückspiegel.
    »Wohin?«
    »In die Innenstadt«, ruft Rene.
    Er fährt los. Viel zu schnell, viel zu riskant. Vielleicht ist er gar nicht sauer auf uns, vielleicht ist er auf alle sauer – dann sollte man das ja nicht persönlich nehmen, oder? Ein Liberaler würde jetzt die Kindheit, Herkunft, Intelligenz, Drogenabhängigkeit und Lebensumstände des Fahrers betonen. So unfair bin ich nicht. Mir ist seine Herkunft völlig egal. Er ist ein Arschloch, weil er sich wie eines verhält, und es ihm durchgehen zu lassen fühlt sich an wie eine Niederlage. Aber was tun? Ich weiß aus schlechter Erfahrung, dass Gewalt nahezu immer für alle Beteiligten negativ endet. Wenn nicht im Hinspiel, dann im Rückspiel. Oder im Nachspiel. Gewalt ist nicht das optimale Mittel, um Frieden zu stiften. Aber was dann? Was hätte Gandhi jetzt getan? Und ist das überhaupt ein hilfreiches Beispiel? Immerhin ist er von einem Fundamentalisten umgebracht worden.
    Ich werfe einen Blick auf die Fahreridentifikation. Das Foto darauf ähnelt dem Gesicht unseres Fahrers nicht im Geringsten. Damit hätte sich die Beschwerde bei seinem Chef erledigt. Am liebsten würde ich ein Handyfoto von ihm machen, es an die Taxizentrale schicken und sie bitten, diesen Mitarbeiter im Keller einzusperren. Aber wenn ich ihn fotografiere, ist die gewaltfreie Phase vermutlich vorbei. Das nervt mich am meisten an Assis: Ihre Dummheit zwingt mich, meine Kommunikationsebene – Argumente – auf ihre Kommunikationsebene – Schläge – zu senken.
    Ich schiele auf seine Hände und versuche herauszufinden, ob er Hornhaut auf den Knöcheln hat, aber in der Dunkelheit kann man nichts erkennen. Hundertpro hat er irgendeine illegale Waffe im Wagen. Einen Schlagstock wohl kaum, Pfefferspray macht auch wenig Sinn, also vielleicht einen Elektroschocker oder bloß ein Messer.
    Während ich die Möglichkeiten eines Präventivschlags in Erwägung ziehe, kommt eine Hand zwischen den Sitzen nach vorne und tippt dem Fahrer auf die Schulter.
    »Entschuldigung«, ruft eine Frauenstimme durch die Musik. »Halten Sie bitte an.«
    Er glotzt genervt in den Rückspiegel.
    »Was is!«
    »Ich muss kotzen.«
    Als hätte man die Handbremse gezogen. Kaum steht der Wagen, wird hinten eine Tür geöffnet. Ein Blick nach hinten verrät mir, dass die Nonne ausgestiegen ist. Rene macht es ihr nach, also steige ich ebenfalls aus und werfe die Tür zu.
    Da stehen wir im Nieselregen. Niemand bewegt sich. Der Fahrer mustert uns durch die Scheibe. Wir stehen einfach da und schauen zurück. Schließlich versteht er, dass sich hier niemand übergibt und dass wir auch nicht wieder einsteigen werden. Diese Erkenntnis verarbeitet er, indem er im Wagen herumschreit, uns mit der Faust droht und schließlich losfährt.
    Wir schauen dem Wagen nach.
    »Misa Fotza?«, sagt Rene. »Junge, Junge, der konnte ja noch nicht mal richtig fluchen.«
    »Vielleicht war er aus Bayern und meinte liabas Fotzl?«, schlag ich vor. »Ist da unten vielleicht ein Kosewort?«
    Beide schauen mich einen Moment lang an, dann blickt Rene Eva an.
    »Hast du gut gemacht. Man darf den Arschlöchern nicht alles durchgehen lassen.«
    Sie zückt ihr Handy, ruft

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