Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
Vom Netzwerk:
hat niemand mehr so verzweifelt an einer nicht funktionierenden These festgehalten wie an diesem Mist!«
    Sie lacht.
    »Du nimmst dir das Thema wirklich zu Herzen, was?«
    »Klar«, sage ich und nicke vielleicht etwas zu heftig. »Und ich wünschte, es würden viel mehr Leute darüber nachdenken. Ich meine, wie viele glückliche Pärchen kennt man denn so? Stattdessen gibt es Rekordscheidungszahlen, Trennungskinder, Depressionen, Vereinsamung, Isolation und Singlehaushalte. Aber wehe, man stellt die aktuellen Beziehungsformate zur Diskussion, dann gilt man gleich als beziehungsgestörter Freak.«
    Ein Pärchen vom Nebentisch schaut zu uns rüber. Okay, einen Gang runterschalten. Ich lächele Eva beruhigend an.
    »Das monogame Zweierbeziehungsformat hat versagt. Ich habe mein halbes Leben damit verbracht, merkwürdige Dinge zu tun, um für eine Frau attraktiv zu sein, um beziehungsfähig zu sein und um später über das Ende der Beziehung hinwegzukommen. Ich hab die Schnauze voll von merkwürdigen Dingen! Ich will keinen Kampf mehr, ich will Frieden. Und den habe ich durch die Wohnsituation mit Rene und den Kindern. Ich habe ein Leben voller Liebe, Verantwortung und Spaß – ein Beziehungsmodell, das funktioniert. Und interessiert das jemanden? Nö, im Gegenteil, ich muss mich ständig dafür rechtfertigen.« Ich zucke mit den Schultern. »Es ist wie mit den Sterbehilfegesetzen. Die Holländer und Dänen sind uns meilenweit voraus, doch kommen wir deswegen auf die Idee, die Konzepte von denen auszuprobieren? Nein, wenn man hier Schluss machen möchte, muss man bis in die Schweiz fahren. Das heißt, man ist eh schon fertig mit der Welt und muss dann auch noch Bahn fahren …«
    Sie lacht. Ich nutze die Gelegenheit und wende mich dem Nachbartisch zu. Eigentlich will ich die beiden, die uns ganz offensichtlich belauschen, ins Gespräch einbeziehen, doch als ich sie anlächele, schauen sie auf eine Art zurück, die mir die Lust nimmt. Da schaue ich lieber wieder Eva an, die sich langsam einkriegt und mich mit funkelnden Augen betrachtet. Hübsch ist sie. Und interessant. Eine Tatsache, die mein Magen mit einem doppelten Absacker unterstreicht.
    »Muss ein schönes Gefühl sein«, sagt sie.
    »Was?«, frage ich.
    »So sicher zu sein. In Beziehungen kann man jederzeit wegen allem Möglichen verlassen werden, Freunde tun das nicht so schnell. Man ist viel sicherer.«
    »Und man hat Familie, und das ist nicht schlecht für einen Kerl, der keine Kinder zeugen kann.«
    Wie alle Frauen quittiert sie das mit einem einfühlsamen, mitleidigen Blick.
    »Das tut mir leid.«
    »Glück im Unglück.«
    Sie nickt langsam. Unsere Augen liefern sich ein stilles, sinnliches Duell. Meine Gesichtshaut beginnt zu prickeln.
    »Und was ist mit dir und Rene? Hattet ihr noch nie was miteinander?«
    Ich lache.
    »Oh doch! Leider! Einmal und nie wieder! Seitdem ist sie meine übelste Kupplerin. Ich wäre gar nicht hier, wenn sie nicht dein Handy geklaut und in meine Tasche gesteckt hätte.« Ich ziehe eine Grimasse, als mir ein paar von Renes Kuppelversuchen wieder einfallen. »Sie hat schon versucht, mich mit jeder ihrer Kolleginnen zu verkuppeln, und da sind ein paar dabei … Ich schwöre dir, wenn die Alliierten die gehabt hätten, wäre der Krieg früher zu Ende gewesen.«
    Die Falten um ihre Augen vertiefen sich.
    »Also wirklich nur Freunde.«
    Ich lasse ihr das »nur« durchgehen und nicke.
    »Und wie lange ist deine letzte Beziehung her?«, fragt sie.
    Autsch. Treffer.
    »Okay«, gebe ich zu, »seitdem Rene eingezogen ist, werden eine Menge Bedürfnisse von ihr und den Kindern abgedeckt. Ich kümmere mich nicht groß darum, jemanden kennenzulernen. Vielleicht macht Patchwork faul, aber was soll’s, mir geht’s gut.«
    »Nun ja«, sagt sie. »Eigentlich seid ihr ein ganz normales Ehepaar. Ihr erzieht die Kinder und habt keinen Sex.«
    Sie grinst. Ich zucke mit den Schultern.
    »Erklär das mal den Ämtern. Wir sind vielleicht eine gefühlte Familie, aber ohne die gesellschaftliche Stellung. Nicht mal ein Banker wird so schief angeschaut wie ich, wenn ich die Kinder von einem Kita-Geburtstag abhole und auf die Frage, ob ich der Vater sei, antworte: Nein, ich bin mit der Mutter befreundet und lebe mit den Kids seit dem Tag ihrer Geburt zusammen. Ich meine, ab wann ist man denn der Vater? Wenn man einmal unverhütet gebumst hat oder wenn man die Kinder großzieht? Aber das ist den Leuten egal. Wenn dein Penis nicht zum Zeugungszeitpunkt

Weitere Kostenlose Bücher