Die Beste Zum Schluss
geht sie sofort ran.
»Was ist?«
»Wenn du noch mal einfach auflegst, verkaufe ich die Kinder an eine Regieschule und mache kleine Volkers aus ihnen!«
Es bleibt still in der Leitung. Gut, keine Witze mehr.
»Was willst du, Mads?«, fragt sie irgendwann genervt.
»Ich sollte dir die Adresse besorgen, damit du ihr das Handy zuschickst.«
»Schau mal in deine Tasche, du Pappnase, und stell dich nicht wieder so blöd an.«
Sie unterbricht. Ich schaue in die Umhängetasche, dort liegt ein Handy. Das Handy von heute früh. Das mutmaßliche Handy von Eva, der Nonne. Wusch . Mein Magen tut es wieder. Wird ja immer besser. Jetzt brauche ich nur einen Gegenstand von ihr anzuschauen.
Ich stopfe mir die Tasche mit Süßigkeiten vom Catering voll und gehe raus in den Veranstaltungsraum. Caro sitzt vorne am Tisch und liest. Sie hat wieder ihre Rolle eingenommen und lispelt leicht beim Lesen. Das Publikum hängt an ihren Lippen, und obwohl da nur Belangloses rauskommt, wirken alle superglücklich. Jetzt, wo ich weiß, dass sie alle nur veräppelt, finde ich sie irgendwie attraktiv. Vielleicht stehe ich ja drauf, an der Nase herumgeführt zu werden. Vielleicht stehen wir da alle drauf. Auch das würde einiges erklären.
Ich stelle mich zu t r , der an der hinteren Wand steht und das Publikum mit verschränkten Armen und tiefem Stirnrunzeln betrachtet. Ich reiche ihm eine Handvoll Süßigkeiten.
»Danke.« Er stopft sie in die Tasche und heftet seinen Blick wieder auf das Publikum, das plötzlich auflacht. »War das witzig?«
»Keine Ahnung.«
Er brummt etwas, steckt sich ein Mars in den Mund und mustert weiterhin die Caro-Fans. Die hören gebannt zu, wie Caro von ihrem Nahtoderlebnis berichtet. Wie sie anschließend auf einer Wiese zu sich kam und ein helles Licht sah. Oh Mann. Ich denke an das Material auf meinem Diktafon. Damit könnte man einige saftige Storys im Blätterwald lancieren. Thatcher würde mir zwar ihren Medienanwalt auf den Hals hetzen, aber es würde sich trotzdem rechnen, wenn die Storys genug Honorar einbringen. Einer der vielen Momente, in dem man sich zwischen Selbstachtung und Karriere entscheiden muss. Soll ich mich für eine Schlagzeile nach der Seife bücken und mich gleichzeitig zum Deppen der Innung machen?
Das Publikum lacht wieder.
»Fledermäuse«, sagt t r und nickt mehrmals. »Die können Dinge hören, die wir nicht hören.«
»Ich bin kurz weg. Bis später.«
Er mustert mich, als hätte ich ihm die Nase geleckt.
»Wo willst du denn hin?«
»Mit wem hast du gestern Nacht geschlafen?«
»Wer?«
»Siehste.«
Ich schlage ihm auf die Schulter, gehe los, schaffe es, über niemanden zu stolpern, und erreiche die Tür zur Außenwelt. Ich werfe noch einen Blick in die Runde und sauge das Bild in mir auf: ein fröhliches Publikum, das an den Lippen einer Blondine hängt, die sich gerade innerlich totlacht. There is no biz like showbiz.
Ich trete hinaus in die Realität. Die Sonne scheint, und ich fühle mich, als wäre ich noch mal davongekommen. So fühle ich mich in letzter Zeit öfter, wenn ich von der Arbeit komme. Sollte ich dringend mal drüber nachdenken.
Eine Frau öffnet die Wohnungstür. Statt Nonnenkostüm trägt sie Jeans, T-Shirt, Clogs und ein Handtuch um den Kopf, doch ihre gespenstische Bleichheit identifiziert sie.
»Guten Tag. Ich hätte gerne Schwester Eva gesprochen. Ich muss was beichten.«
Ihr Mund verzieht sich zu einem schiefen Lächeln.
»Steht vor dir.«
»Bist du es wirklich?« Ich kneife die Augen zusammen. »Ohne Kostüm siehst du auch nicht schlecht aus.«
»Du meinst wohl ganz ohne Kostüm«, sagt sie und grinst.
»Na ja, so viel hab ich ja nicht mitbekommen.«
Sie lehnt sich gegen den Türrahmen, verschränkt die Arme und sieht verboten gut aus. Die entstehende Gesprächspause nutzen wir, um uns ein bisschen anzulächeln, was mein Magen mit einem Looping quittiert.
»Und, immer noch verliebt?«, fragt sie.
»Jaja.« Ich winke seufzend ab. »Ätzend.«
In der Etage über uns öffnet sich eine Tür und schließt sich wieder. Irgendwo weint ein Baby. Wir stehen einfach da und schauen uns in die Augen. Das sollten die Krankenkassen mit ins Programm nehmen. Gucken und Lächeln. Ist so einfach. Tut so gut. Kostet so wenig. Wenn jeder das machen würde, müssten ein Haufen Ärzte ihre Praxen schließen. Seltsam, dass so viele keinen Gebrauch davon machen. Vielleicht steckt die Pharmabranche dahinter. Haben Anti-Lächel-Lobbyismus betrieben, bis alle
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