Die Beste Zum Schluss
in den Himmel. Er ist blau. Tolle dicke weiße Wolken ziehen ihre Runden wie Zeppeline. Es könnte ein schöner Tag sein, wenn ich nicht zu Caro und ihrem Rollenspiel zurückmüsste. Für einen Moment fällt mir kein Grund ein, wieso ich das tun sollte. Dann fällt mir ein, dass wir in einer Welt leben, in der man Geld braucht und ich einen Job habe, der mir Geld bringt und ich dafür eine Leistung erbringen muss, und Leistung wird in wirtschaftlicher Produktivität gemessen. Aber wäre es für die Welt nicht ertragreicher, wenn ich noch ein paar Stunden mit einer guten Frau verbringe und wir beide dadurch glücklicher werden und diese positive Energie mit der Welt teilen? Ja! Aber interessiert das jemanden, wenn ich später arbeitslos bin und meine Miete nicht mehr zahlen kann? Nö.
Ein Schwein quiekt. Ich fische das Handy aus der Tasche. Renes Foto leuchtet.
»Na, wie läuft’s?«, fragt sie. Im Hintergrund ist wildes Gekreische zu hören.
»Was soll laufen?«
»Bist du bei ihr?«
Ich sage nichts.
»Ha!«, macht sie, und man kann hören, dass sie breit grinst. Hinter ihr kreischt es ohrenbetäubend weiter.
»Und wo bist du?«
»Mit den Zwergen im Phantasialand. Pack die Nonne ein und komm her. Ich schmeiße eine Runde Free Fall .«
»Brauchst du einen Babysitter, oder was?«
»Hey, ich hab euch verkuppelt, und jetzt biete ich dir die Chance abzuchecken, wie sie mit Kindern ist.«
»Ich muss nichts abchecken.«
»Oh doch, musst du. Bring sie her, heute geht alles auf mich.«
Die Verbindung ist tot. Sie will hundertpro noch arbeiten und braucht einen Aufpasser für die Kinder. Es gibt Schlimmeres.
Eva kommt von der Toilette zurück. Für eine verletzte Frau wirkt sie ganz schön stark und unversehrt. Sie kann immer noch den Kellner anlächeln. Und mich.
Sie setzt sich.
»Immer noch da?«
»Na ja, ich wollte abhauen, aber ich hatte noch kein Dessert.«
»Gute Idee«, sagt sie und schnappt sich die Karte.
Ich nehme sie ihr weg.
»Nicht hier.«
»Wo dann?«, fragt sie.
»An einem Ort, an dem es richtig zur Sache geht.«
Sie runzelt die Stirn. Ich verpasse ihr mein schmierigstes Grinsen.
»Vertrau mir.«
Ich klammere mich mit aller Kraft an die Stange, aber es hilft nichts – ich falle! Neben mir kreischen Oscar und Lola so laut, dass mir die Ohren klingeln. Kaum unten, geht’s wieder hoch, und oben lassen sie uns dann erneut mit der Schwerkraft alleine. Free Fall heißt das Ding, und der Name ist Programm. Vor lauter Hoch und Runter spüre ich noch nicht mal etwas, wenn ich meiner Sitznachbarin in die Augen schaue. Sie kreischt mit den Kindern, hat einen Höllenspaß und im Zahn vier-acht eine Goldplombe.
Als das verdammte Ding endlich zum Stehen kommt, wanke ich raus. Ich kann gerade noch verhindern, dass ich auf die Knie gehe und Mutter Erde küsse.
»Alles in Ordnung?«, lacht Eva.
»Warum Waterboarding, wenn es solche Scheißteile gibt?«, stöhne ich. Sie lacht. Oscar springt auf der Stelle auf und ab.
»Nochmalnochmalnochmal!«, schreit er begeistert.
»Richtige Cowboys finden so was tuckig«, erkläre ich ihm.
Er packt meine Hand und versucht, mich zur Kasse zu ziehen. Er zerrt mit voller Kraft, und das ist nicht ohne. Wenn es Kartoffelbrei gibt, ist er manchmal zu schwach, um die Gabel zu heben, aber jetzt könnte er einen Babywal stemmen.
»Nochmalnochmalnochmal!«
Eva lächelt mich süß an.
»Vielleicht setzt du dich kurz und erholst dich. Wir drehen noch eine Runde, also falls die Kinder Lust haben. Wer will noch mal?«
Oscar springt einen halben Meter in die Luft, Lola strahlt übers ganze Gesicht, und schon zerren die Kinder sie in Richtung Kasse. Ich wanke zu Rene rüber, die auf einer Bank sitzt und telefoniert. Sie zwinkert mir zu, während sie versucht, jemandem schonend beizubringen, dass die Falten in seinem Gesicht nicht von der schlechten Studiobeleuchtung, sondern von seinem Alter herstammen, ohne ihm jedoch zu sagen, dass die Falten in seinem Gesicht nicht von der schlechten Studiobeleuchtung stammen, sondern von seinem Alter.
Ich setze mich zu ihr und blende das Geschwätz aus. Eva steht mit den Kids Schlange. Oscar quasselt auf sie ein, Lola steht einfach daneben und hält ihre Hand. Ein schönes Bild. Ich mag es, dass die beiden nie fremdeln. Von klein auf motivieren wir sie: Sprich mit Fremden, aber lass dir nichts gefallen. Die Angstisolierung besorgter Eltern macht aus neugierigen Kindern später verhaltensgestörte Erwachsene, die an Mitmenschen in
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