Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
Vom Netzwerk:
einzige männliche Konstante in meinem Leben …«
    »Er hat keine Ahnung, was wir da eigentlich treiben, oder?«
    Sie bewegt ihren Kopf langsam von einer Seite zur anderen.
    »Er glaubt, wir verheimlichen ihm etwas, aber er sieht, wie du die Zwerge liebst, und aus seiner Sicht wäre es daher die beste Lösung, wenn wir heiraten und das gemeinsame Sorgerecht hätten, und daher halt jetzt einfach mal die Klappe, ja?« Sie schaut zur Decke, atmet tief ein, behält die Luft einen Moment in ihren Lungen und atmet dann nachhaltig aus. »Käme es für dich in Betracht, mich im Fall der Fälle zu einer ehrbaren Frau zu machen?«
    Ich räuspere mich.
    »War das jetzt ein Antrag?«
    Sie senkt ihren Blick und schaut mir in die Augen.
    »Ein Vorschlag«, verbessert sie mich, »für den Fall, dass die Sache übel endet.«
    »Sie endet nicht übel.«
    »Ich weiß«, sagt sie, ohne zu lächeln. Sie senkt den Blick auf ihre Tasse und beginnt sie wieder hin und her zu drehen. »Mads, ich habe Mama sterben sehen, hier, in diesem Haus, und bei ihr fing es genauso an.«
    »Aber sie war älter. Du bist noch keine vierzig.«
    »Richtig, und das bedeutet, meine Kinder brauchen mich noch. Daher gehe ich auf Nummer sicher. Falls …«, sie stockt kurz, »falls meine Lymphknoten befallen sind, nehmen die Ärzte mir bei der o p beide Brüste ab, und wenn das nicht reichen sollte, heiraten wir schnell, nach einem Jahr adoptierst du die Zwerge – und ich kann in Frieden gehen.«
    Ich starre sie an. Etwas kämpft sich durch meine Kehle nach oben. Meine Augen brennen. Rene hebt ihr Gesicht. In ihren Augen ist nichts als bitterer Ernst.
    »Mads, ich brauche Sicherheit. Der Krebs ist real, und ich kann nicht riskieren, dass irgendwas falsch läuft, und plötzlich entscheidet das Familiengericht, dass die Zwerge ins Heim müssen, oder schlimmer noch …«, sie stößt Luft zwischen ihre Lippen hervor, »zu Volker. Wenn ich nach der o p aufwache und noch meine Lymphknoten habe, ist alles in Ordnung, wenn nicht, brauche ich einen Plan B.«
    Plan B. Oh Mann.
    Sie betrachtet mich genau und wartet auf meine Reaktion. Sie meint es ernst. Gott, sie schließt nicht aus, dass sie sterben wird. In diesem Moment wird mir zum ersten Mal wirklich klar, dass es unser letzter gemeinsamer Frühling gewesen sein kann. Der Gedanke trifft mich mit voller Wucht. Mein Gesicht fühlt sich kalt an. Etwas steigt durch die Kehle hoch. Ich versuche zu schlucken, aber mein Hals ist zu.
    Rene legt ihre Hand auf meine.
    »Ich weiß, das ist ein bisschen viel auf einmal, aber es geht nicht anders. Ich wollte dich testamentarisch als Vormund einsetzen, aber Testamente kann man leichter anfechten als eine Adoption. Und ich muss sicher sein, dass Volker nicht plötzlich auf einen Vaterschaftstrip kommt.«
    Endlich bekomme ich wieder ein bisschen Luft.
    »Aber … Volker …«
    »Er hatte seine Chancen«, sagt sie und macht eine abfällige Handbewegung. »Es geht um das Wohl der Kinder, und darauf hat er noch nie Rücksicht genommen.«
    »Aber er ist immer noch der leibliche Vater.«
    Sie winkt wieder ab.
    »Der leibliche Vater muss nicht zustimmen, wenn er über einen langen Zeitraum kontinuierlich die Kinder vernachlässigt hat.« Sie zuckt mit den Schultern. »Darüber müssen wir nicht reden, oder?«
    »Verstehe«, sage ich. Ich fasse mir an die Stirn und massiere sie kurz. Nichts dahinter. Heiratsanträge, Adoptionen – Himmel, was für eine Nacht. Und eine Sache steht noch aus …
    Rene drückt meine Hand.
    »Willst du erst mal drüber schlafen?«
    »Um Gottes willen!«
    »Nicht mit mir, du Doofi!«, lacht sie. »Himmel, nach Juan würde ich dich wahrscheinlich gar nicht spüren.«
    »Na, vielen Dank.«
    Sie lacht.
    »Okay«, sage ich, »wenn’s sein muss, heiraten wir, aber du machst einen großen Fehler.«
    Sie runzelt die Stirn.
    »Wieso?«
    »Ich krieg die Kinder, wenn du stirbst? Mutti, pack die scharfen Gegenstände weg.«
    Sie braucht einen Moment, dann steht sie auf, kommt um den Tisch herum, quetscht sich auf die Kante meines Stuhls und umarmt mich.
    »Danke«, flüstert sie.
    Ich drücke sie an mich.
    »Gern.«
    So erfüllt sich also mein großer Wunsch. Ich werde Papa. Seit drei Jahren habe ich eine Vollmacht, die es mir gestattet, Alltagsentscheidungen wie Arztbesuche für die Kinder zu treffen, aber bei einem größeren medizinischen Eingriff würde immer noch Volker entscheiden, falls Rene nicht erreichbar wäre. Gott, ich hatte schon Albträume, in

Weitere Kostenlose Bücher