Die bestellte Braut
halbwegs zu überwinden, bis der Hausherr mit seinen Söhnen zurückkehrte.
Zum Dinner lernte Miss O'Brian dann auch endlich die fehlenden zwei Familienmitglieder kennen. Joshua und William Sullivan. Joshua, kurz Josh genannt, war nur ein oder zwei Jahre jünger als Luke und auch wenn er nicht ganz so groß wie sein Bruder war, hätte er ansonsten dessen Zwilling sein können. Die beiden ältesten Sullivans schlugen ganz offensichtlich nach ihrem Vater.
Bill, der etwas jünger als Miss O'Brian war, hatte blondes Haar und er und Charlie schienen eher nach der verstorbenen Mrs. Sullivan zu kommen. Sie waren zwar beide auch nicht klein, aber hatten einen eher feingliedrigeren Körperbau als ihre robusten Brüder und blaue Augen.
Obwohl die Stimmung in der kleinen Runde etwas gedrückt war, setzte man sich nach dem Abendessen noch zusammen in den Salon.
Natürlich hatte Mr. Sullivan seinen mittleren Söhnen nicht verheimlichen können, was Miss O'Brian auf die Black Creek Ranch geführt hatte. Schon gar nicht, nachdem Charlie bereits am Abend zuvor wie ein kleiner Junge mit den Neuigkeiten herausgeplatzt war. Und so hatte das Familienoberhaupt auch Josh und Bill beim Essen in die neusten Entwicklungen eingeweiht. Josh hatte sofort Partei für die Fremde ergriffen und über den Verbrecherstaat gewettert, in den sich die Vereinigten Staaten seit dem Sezessionskrieg verwandelten. Bill hatte ihr lediglich sein Mitgefühl ausgedrückt und dann schweigend zugehört.
Jetzt, im Salon, versuchte Mr. Sullivan seinen Gast gerade davon zu überzeugen, sich doch das nötige Geld für die Heimreise von ihm zu leihen. Es war offensichtlich, dass der ältere Herr sich trotz allem für Steffiney verantwortlich fühlte.
„Ich bitte Sie, Miss O'Brian. Ihnen das Geld zu leihen, ist keine große Ausgabe für mich. Was wollen Sie denn sonst tun? Sich zu sträuben, schiebt das Unvermeidliche doch nur hinaus. Sie sagten mir, dass sie weder Verwandte noch Freunde haben, die Ihnen genug leihen könnten.“
Vor wenigen Minuten war Steffiney noch ruhelos durch den Raum geschritten. Als ihr jedoch auffiel, dass jeder der Sullivan-Männer stehen blieb, solange sie nicht saß, hatte sie sich schließlich doch zur Ruhe gezwungen und Platz genommen. So viel Stil und Anstand hätte sie von einfachen Ranchern nicht erwartet.
„Mr. Sullivan, ich weiß dieses Angebot wirklich zu schätzen, aber es ist mir unmöglich es anzunehmen. Ich habe nachgedacht und werde mir Arbeit in Green Hollow suchen. In einem Jahr sollte ich genug Geld haben, um mir die Rückreise nach Boston leisten zu können“, eröffnete sie ihre Pläne vom Vorabend ihren Zuhörern. Und erntete dafür ausnahmslos verblüffte Blicke.
„Jetzt schauen Sie mich nicht so an! So hilflos bin ich wirklich nicht. Ich habe früher auch schon gearbeitet“, sagte sie dann so nachdrücklich wie möglich. Sie hatte sich gut überlegt, ob sie sich Geld leihen sollte, aber es ging ihr einfach gegen ihren Stolz. Und sie wollte Lukas Sullivan ungern die Möglichkeit bieten am Ende über sie zu triumphieren und sagen zu können: „Was hab ich Dir gesagt, Dad? Hinter Geld ist sie her und das war alles.“ Nein, so weit würde sie es nicht kommen lassen!
Josh war der Erste, der seine Sprache wiederfand. „Und als was gedenken Sie in Green Hollow zu arbeiten? Viel gibt es in der Stadt nicht und wenn Sie nicht gerade in die Silbermine einfahren wollen, fällt mir da nichts ein.“ Er sprach genau das aus, was der Rest der Sullivans dachte. Green Hollow war eine florierende kleine Stadt, aber die Möglichkeiten der Frauen beschränkten sich dort aufs Heiraten und die ehrenamtliche Arbeit für die Kirche.
Miss O'Brian räusperte sich und holte dann tief Luft. „Ich...“ Nein, sie musste sich ein weiteres Mal räuspern, bevor sie sprechen konnte. „Ich habe gesehen, dass es einen Saloon in Green Hollow gibt. Ich kann Klavier spielen und Whisky ausschenken dürfte wohl kaum über meinen Horizont gehen. Bardamen sind doch hier im Westen sehr gefragt.“
Charlie brach nach dieser Eröffnung in lautes Lachen aus und auch die anderen beiden Sullivan-Brüder konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Lediglich Luke beobachtete das Ganze mit Leichenbitter-Miene. Die Tatsache, dass ihr ungebetener Gast keine Mitgiftjägerin war, hatte ihn nicht gerade freundlicher gestimmt. Nachdem seine Beleidigungen sich nun als unangebracht herausgestellt hatten, war er einfach dazu übergegangen, gar nicht mehr mit
Weitere Kostenlose Bücher