Die bestellte Braut
wenigstens ihre Ausgaben zurück zu bekommen.
Sie hatte keine Verwandten, die ihr hätten helfen können und ihre Eltern waren tot. Die wenigen Freunde, die sie in Boston gehabt hatte, würden ihr nie im Leben mit einer entsprechenden Summe aushelfen können, um die Rückreise zu finanzieren. Und selbst wenn, was sollte sie dort? Sie hatte keine Unterkunft mehr, kein Auskommen und keine Arbeit. Hier oder dort, sie stand vor dem Nichts.
„“Aber...“, flüsterte die junge Frau schließlich heiser. „Aber wie... Ich meine, Ihre Adresse... Wie konnte er wissen, dass es Sie...“ Es war offensichtlich, dass Miss O'Brian sich an den letzten Strohhalm klammerte, den sie sah.
Charles Sullivan klopfte ihr sanft auf die Schulter, schüttelte aber den Kopf. „Ein Blick in die entsprechenden Register hier im Westen reicht, um ein paar glaubwürdige Namen und oberflächliche Informationen, die einer ersten Prüfung standhalten, zu finden. Vielleicht tröstet es Sie, dass Sie nicht als Einzige auf diesen sauberen Mr. Smith hereingefallen sind. Es konnte wirklich niemand ahnen.“
Doch Miss O'Brian schien, zumindest vorerst, keinen Trost in dieser Tatsache zu finden. Während das Telegramm aus ihren Händen zu Boden glitt, wanderte ihr Blick zu Luke Sullivan. Wenn er bis eben noch gedacht hatte, dass sie eine Betrügerin war, so musste er sie jetzt für ein naives Dummchen halten. Und sie wusste nicht, was schlimmer war.
Sucht Doc Dave eigentlich noch einen Assistenten?
Charles Sullivan Sr. hatte natürlich darauf bestanden, dass Steffiney bis auf weiteres in seinem Haus zu Gast blieb. Und die junge Frau war von den Neuigkeiten viel zu mitgenommen, um sich großartig zu wehren. Allerdings mussten die restlichen zwei Sullivans sich noch gedulden, bis sie endlich ihren neuen Hausgast kennenlernen sollten.
Miss O'Brian verbrachte einen weiteren Abend auf ihrem Zimmer und diesmal mit wirklichen und nicht mit vorgetäuschten Kopfschmerzen. Die Sorgen und die Tränen waren nicht spurlos an ihr vorüber gegangen und so kam es, dass sie bereits bei Einbruch der Dunkelheit im Bett lag.
Das war die dümmste Idee, auf die sie je gekommen war. Wie hatte sie nur all ihr Geld in so eine sinnlose Reise stecken können, zu einem Mann den sie noch nicht einmal kannte? Was war nur mit ihr los gewesen?
Steffiney konnte es nicht verhindern, dass sie wieder zu weinen anfing. Wer sich dermaßen kurzsichtig benahm, der hatte auch Nichts anderes verdient.
Sie saß in einer völlig fremden Stadt fest, tausende Kilometer von daheim entfernt und ohne einen Penny. Sie war völlig von dem Wohlwollen fremder Leute abhängig.
Es musste schon auf Mitternacht zugehen, als sie die schweren Männerschritte die Treppe hinaufkommen hörte, ein raues Lachen irgendwo nebenan, Gute-Nacht-Grüße und Türenklappen. Und sie war immer noch wach.
In den letzten Stunden hatte sie in ihrem Kopf alle Möglichkeiten durchgespielt, aber es blieb nur eine, mit der sie wirklich leben konnte. Sie musste ihr eigenes Geld verdienen.
Im Geiste war sie noch einmal durch Green Hollow gewandert. Oder zumindest durch den Teil, den sie bis jetzt gesehen hatte.
Es gab das Green Hotel und dieses unsägliche Gemstone, das wohl einer dieser... Saloons war. Selbst in ihren Gedanken hatte das Wort einen abfälligen Beiklang. Als Zimmermädchen hatte sie keine Erfahrung, aber sie konnte Klavier spielen.
Steffiney musste hart schlucken, als sie an die Bilder mit spärlich bekleideten Saloon-Damen dachte, die sie gesehen hatte. Sie schenkten Whisky aus und sorgten für Unterhaltung. Um Schnaps in Gläser zu gießen würde man wohl keine besonderen Kenntnisse brauchen. Und es würde Geld bringen.
Schlimmer als Mr. Winterbottoms impertinente Berührung in der Kutsche würde das auch nicht sein. Die Männer in einem Saloon würden sie immerhin nur ansehen und nicht anfassen.
Und mit dem Entschluss so schnell wie möglich Arbeit zu finden, kam endlich der Schlaf.
Am nächsten Morgen war es der jungen Frau fast schon peinlich, dass sie ein weiteres Mal so spät aus den Federn kam, aber Mrs. Prudle schien sich nicht im Geringsten daran zu stören, Mr. Sullivans Gast jeden Morgen eine Extra-Wurst zu braten. Oder ein Extra-Spiegelei in diesem Fall.
Der Tag verging recht ruhig, denn wie die Haushälterin mitteilte, waren die Sullivan-Männer mit den Arbeitern auf den Weiden unterwegs. Miss O'Brian hatte also noch genug Zeit den Rest ihrer Verzweiflung und gedrückten Laune
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