Die bestellte Braut
sich gerade auf sein Pferd geschwungen, um sich auf den Weg nach Green Hollow zu machen, als Miss O'Brian auf die Terrasse hinaus trat. Nachdem die beiden sich einen Abschiedsgruß zugewinkte hatten, machte der jüngste Sullivan sich endgültig aus dem Staub.
Steffiney konnte sich nicht helfen, aber sie mochte Charlie jetzt schon wie einen jüngeren Bruder. Sie hatte sich am Anfang von seinen aufdringlichen Blicken zwar etwas belästigt gefühlt, aber schnell gemerkt, dass es sich dabei nur um misslungene Flirtversuche handelte, mit denen er seine Unerfahrenheit Frauen gegenüber verstecken wollte. Er schien ein wirklich netter Kerl zu sein. Genauso wie Bill und Josh.
Lächelnd ließ sich die junge Frau in der Sonne auf einem der Korbstühle nieder und schlug ihr Buch auf, das sie sich aus dem Salon besorgt hatte. Die Sullivans hatten eine überraschend gut sortierte Bibliothek und sie war schnell fündig geworden. Allerdings hatte sie noch keine zwei Seiten gelesen, als sie Schritte näher kommen hörte. Sie blickte auf und gleich darauf sah sie Josh auf die Terrasse zukommen. Eigentlich hatte Steffiney geglaubt, dass alle Sullivans draußen auf den Weiden wären oder sonst einer Arbeit nachgingen. Tagsüber schienen sich die Männer dieser Familie nie im Haus aufzuhalten. Sie standen den Arbeitern und Cowboys, die sie beschäftigten in nichts nach.
Als der schwarzhaarige Sullivan näher kam, sah sie allerdings den Grund seiner Rückkehr. Von seiner rechten Hand lief ein schmales Rinnsal Blut.
„Lassen Sie sich nicht stören, Miss O'Brian, ich bin gleich wieder verschwunden!“, rief er und wollte ins Haus laufen. Doch Steffiney war bereits alarmiert aufgesprungen und ihm entgegengelaufen.
„Was ist denn passiert?“, fragte sie besorgt und griff nach Joshs Hand, um sie fachmännisch zu begutachten.
„Nur ein hervorstehender Nagel im Zaun. Halb so wild. Ein bisschen Jod und dann wird das schon wieder“, antwortete der junge Mann, doch Steffiney ließ nicht locker. Freundlich aber bestimmt drückte sie Josh auf einen der Korbstühle. „Lassen Sie mich das machen, ich kenne mich damit aus.“
Ihr Patient wollte schon protestieren, doch Miss O'Brian war bereits an der Tür, als sie sich mit einem Augenzwinkern umdrehte. „Ich bitte Sie. Dann hat ihr Doc Dave nachher gleich etwas, um meine Fähigkeiten einzuschätzen!“
Josh gab sich geschlagen und damit verschwand die junge Frau im Haus. Einige Augenblicke später war sie wieder da und trug eine Schüssel mit Wasser, Jod und eine Mullbinde bei sich. Während sie die Wunde gewissenhaft auswusch, versuchte Josh Konversation zu machen. Er fragte, wie ihr die Ranch gefiel, ob sie sich hätte vorstellen können hier zu leben, wenn alles anders gekommen wäre und lenkte das Gespräch schließlich unauffällig auf ihre Ankunft und wie sie von den Sullivans aufgenommen worden war.
Steffiney machte vorsichtig einen letzten Knoten in den Verband und sah dann auf.
„Ich bin Ihrem Vater wirklich dankbar. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich das je wieder gutmachen kann. Er war von Anfang an so besorgt und zuvorkommend“, sagte sie lächelnd.
„Ja, ganz im Gegensatz zu Luke. Wenn man Charlie glauben kann, hat er Ihnen einen ziemlich scheußlichen Empfang bereitet“, konterte Josh sofort.
Steffineys Miene verfinsterte sich augenblicklich bei der Erwähnung des ältesten Sullivan. Dieser ungehobelte Klotz hatte es bis jetzt noch nicht einmal für nötig gehalten, sich bei ihr zu entschuldigen!
„Ganz recht“, sagte sie lediglich und begann das Verbandsmaterial und den Jod wieder zusammen zu räumen. Josh dagegen schien das Thema noch nicht fallen lassen zu wollen.
„Hören Sie, Miss O'Brian, ich kann mich nicht für meinen Bruder entschuldigen, aber Luke ist kein schlechter Kerl. Er ist der Älteste und hat schon immer auf uns Acht gegeben. Er musste immer der Vernünftige sein. Ich fürchte, diesmal hat er es mit seinem Beschützerinstinkt etwas übertrieben, aber das ging nicht gegen Sie persönlich. Er hat sich einfach gesorgt, dass Dad in seiner Gutmütigkeit irgendwas Unüberlegtes tut. Nehmen Sie sich Lukes Worte nicht zu Herzen. Ich bin mir sicher, dass es ihm längst leid tut.“ Damit zog Josh kurz seinen Hut und machte sich auf den Weg zurück.
Etwas ärgerlich brachte Steffiney das Verbandszeug zurück ins Haus. Eigentlich mochte sie Josh, aber wieso verlangte er von ihr, dass sie Verständnis für Luke Sullivan zeigte? Er hatte es
Weitere Kostenlose Bücher