Die bestellte Braut
Tratsch gegeben hätte. Lediglich aufmerksame Beobachter wie Mrs. Trudi konnten bemerken, dass Luke Sullivan im neuen Jahr wieder öfters nach Green Hollow geritten kam und Miss Finney des Sonntagabends stets vom ältesten Sullivan in die Stadt zurück kutschiert wurde. Und auch Doc Dave musste sich erneut mit der Tatsache arrangieren, dass Luke Sullivan jetzt wenigstens zwei Mal die Woche an seinem Kaffeetisch saß und ihm einen großen Teil von Miss Finneys Bäckereien streitig machte.
Eines Nachmittags als Luke sich verabschiedete, ging der alte Arzt sogar soweit, ihm hinaus zu seinem Fuchs zu folgen. Er machte eine nicht misszuverstehende Andeutung, dass er ihm bald verbieten würde in sein Haus zu kommen, wenn er nicht langsam Nägel mit Köpfen machen würde. Luke verstand den Hinweis natürlich und erwiderte mit einem Grinsen, dass er das demnächst auch vorhätte.
Finney allerdings hatte nicht das Geringste gegen Lukes langsames Vorgehen. Die Zeit, in der sie und Luke sich so gut wie nie gesehen hatten, ließ sie jetzt nur umso deutlicher erkennen, was sie ihm bedeuten musste, nachdem er seine Besuche bei ihr wieder aufgenommen hatte. Nein, inzwischen war sich selbst die junge Frau sicher, dass sie Luke Sullivan nicht gleichgültig war und dass seine Zuneigung mehr als nur eine Laune war. Ebenso wie die ihre.
Es war Anfang März als Charles Sullivan seinen Sohn eines Morgens nicht wie gewöhnlich in Arbeitskleidung sondern in dunklen Anzughosen und einem weißen Hemd die Treppe hinunterkommen sah.
„Dad, ich werd heute Vormittag nach Green Hollow reiten. Wünsch mir Glück und bete dafür, dass ich mich diesmal nicht so dumm anstelle wie beim letzten Mal.“ Und damit entwischte sein Ältester in den Stall. Mehr Worte brauchte es allerdings auch nicht um dem Familienoberhaupt klar zu machen, was sein Sohn vorhatte.
Hätte Miss Finney geahnt, mit welchem Vorhaben Luke auf dem Weg zu ihr war, dann hätte sie wohl Reverend Brinkley nicht in Mrs. Trudis Salon gebeten, als dieser just am gleichen Morgen um ein Gespräch mit ihr bat.
Steffiney hielt John Brinkley insgeheim für einen Mann, der im Leben stets nach dem Weg des geringsten Widerstandes suchte. Und natürlich nach dem, der die geringste Arbeit für ihn bereithielt. Eine Ansicht, die die junge Frau nicht im Geringsten billigte.
Und da sie den Reverend nun bereits über ein halbes Jahr kannte, schwante ihr bei seinem Eintreten in das McAbberty'sche Haus bereits, dass er sie wohl wieder zu einer gemeinnützigen Arbeit überreden wollte. Als würde es nicht reichen, dass sie schon jeden Sonntag ehrenamtlich seinen schiefen Gesang mit dem furchtbar verstimmten Harmonium begleitete!
Und so war es denn auch. Sofort nachdem er sich gesetzt hatte, ging John Brinkley zum Angriff über und lobte auf seine ungelenke Art und Weise die Sonntagsschulstunde, die sie einmal gehalten hatte. Und wie sehr doch die Kinder seitdem an ihr hängen würden. Sie wäre sehr beliebt bei ihnen.
Finney ließ das alles klaglos über sich ergehen, während Brinkley sich immer weiter in seinen Lobhudeleien verhedderte, bis Steffiney ihn schließlich bat zu erklären, warum er hier wäre. Doch sicher nicht nur um ihr Komplimente zu machen.
„Nun, meine liebe Miss O'Brian, ich weiß nicht, ob Sie schon von der freudigen Nachricht gehört haben, aber Miss Frocker hat sich verlobt und wird im Sommer heiraten.“
Das war allerdings mal eine Neuigkeit! Finney musste noch zwei Mal nachfragen, ob sie richtig gehört hätte, denn Phyllidia Frocker war die plumpe Schulmeisterin von Green Hollow. Eine grauhaarige Frau weit, weit jenseits der 50, die den Kindern vor allem durch ihre herrschsüchtige Art und ihre Wutanfälle im Gedächtnis blieb. Und genau diese unmögliche Person hatte tatsächlich einen Mann gefunden, der bereit war sie zu heiraten!
Steffiney war über die Maßen erstaunt, aber nach einigen Augenblicken des Kampfes mit dem Lachen bei der Vorstellung, wie die 1,80 Meter große, schwerleibige Frau wohl in einem Hochzeitskleid und mit Blumen im Haar aussehen würde, hatte sie sich wieder im Griff und drückte ihre Freude über Miss Frockers Hochzeit aus. Woraufhin Reverend Brinkley mit einem salbungsvollen Lächeln ihre christliche Nächstenliebe und Uneigennützigkeit lobte. Nicht jede Frau in ihrer Situation könnte wohl so über ihren niederen Instinkten stehen, die sie als hübsche, aber unverheiratete Frau bei so einer Nachricht durchaus haben müsste.
Finney war
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