Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
auch tat, und alles übrige im weiteren Umkreis dazu. Ein recht gründliches Wunder, muß ich sagen!
Ich hatte keine Zeit, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Aber Wunder standen zu der Zeit hoch im Kurs – die Engel von Mons und so weiter. Ich brachte also die Geschichte zu Papier; ich drückte gründlich auf die Tränendrüse, ging mit dem religiösen Kram richtig in die vollen und schickte das Ganze an meine Zeitung. Es kam in den Staaten sehr gut an. Die lasen zu der Zeit so was gern.
Aber – ich weiß nicht, ob Sie das verstehen – beim Schreiben wurde ich neugierig. Es interessierte mich, was wirklich passiert war. An der Stelle selbst war nichts zu sehen. Da standen bloß noch zwei Mauern, und auf der einen war ein schwarzer Rußfleck, der genau die Form von einem riesigen Wolfshund hatte. Die Bauern in der Gegend fürchteten sich zu Tode vor diesem Fleck. Sie nannten ihn den Hund des Todes und weigerten sich, nach Einbruch der Dunkelheit dort vorbeizugehen.
Abergläubische Ideen sind immer interessant. Es reizte mich, die Dame kennenzulernen, die das Ganze inszeniert haben sollte. Anscheinend war sie nicht ums Leben gekommen, sondern mit einem Häufchen von anderen Flüchtlingen nach England gegangen. Ich machte mir die Mühe, ihre Spur zu verfolgen, und fand heraus, daß man sie nach Folbridge in Cornwall geschickt und in Haus ‹Trearne› einquartiert hatte.»
Ich nickte. «Meine Schwester hat bei Kriegsausbruch eine ganze Menge von belgischen Flüchtlingen in ihrem Haus aufgenommen. Ungefähr zwanzig.»
«Ich hatte mir immer vorgenommen, die Frau mal aufzusuchen und mir von ihr selbst erzählen zu lassen, wie das Unglück geschah. Aber vor lauter Arbeit und dem ganzen sonstigen Hin und Her habe ich schließlich nicht mehr dran gedacht Cornwall liegt ja auch ein bißchen weit ab. Inzwischen hatte ich die Geschichte sowieso total vergessen; erst als Sie eben von Folbridge sprachen, ist sie mir wieder eingefallen.»
«Ich muß meine Schwester fragen», sagte ich «Vielleicht hat sie etwas davon gehört Die Belgier sind inzwischen natürlich längst wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.»
«Freilich. Trotzdem, sollte Ihre Schwester tatsächlich etwas von der Sache wissen, würde ich mich freuen, wenn Sie mir Bescheid gäben.»
«Selbstverständlich», beteuerte ich. Damit war der Fall erledigt.
Es war am zweiten Tag nach meiner Ankunft in ‹Trearne›, als mir die Geschichte wieder einfiel .Meine Schwester und ich saßen gerade beim Tee auf der Terrasse.
«Kitty», sagte ich, «hattest du nicht eine Nonne unter deinen Belgiern?»
«Du meinst doch nicht etwa Schwester Marie-Angélique?»
«Möglicherweise», erwiderte ich vorsichtig. «Erzähl mir was von ihr.»
«Oh, mein Lieber, sie war eine höchst unheimliche Person. Sie lebt übrigens noch hier.»
«Was? Hier im Haus?»
«Nein, nein. Im Dorf. Dr. Rose du erinnerst dich an Dr. Rose?»
Ich schüttelte den Kopf.
«Ich erinnere mich an einen alten Herrn von ungefähr dreiundachtzig.»
«Ach, das war Dr. Laird. Der ist tot Dr. Rose ist erst seit ein paar Jahren hier. Er ist noch ganz jung, und sehr aufgeschlossen für neue Ideen. Er hat sich ganz ungeheuer für Schwester Marie-Angélique interessiert. Sie hat Halluzinationen und dergleichen, weißt du, und ist deshalb anscheinend vom medizinischen Standpunkt aus hochinteressant .Die Arme, sie wußte nicht wohin – meiner Meinung nach ist sie einfach nicht richtig im Kopf, aber irgendwie beeindruckend eben, wenn du verstehst, was ich meine... na, wie gesagt, sie wußte nicht wohin, und da hat Dr. Rose sie freundlicherweise im Dorf untergebracht Ich glaube, er schreibt eine Monographie über sie, oder wie man das bei Ärzten nennt»
Kitty machte eine Pause und fragte dann plötzlich: «Aber wieso weißt du denn von ihr?»
«Mir ist da eine recht merkwürdige Geschichte zu Ohren gekommen.»
Ich gab die Geschichte so weiter, wie ich sie von Ryan gehört hatte. Kitty hörte interessiert zu.
«Sie sieht aus wie jemand, der einen in die Luft sprengen könnte», bekräfigte sie am Schluß.
«Mir scheint», entgegnete ich mit wachsender Neugier, «ich muß diese Frau kennenlernen.»
«Tu's. Ich möchte gern wissen, was du von ihr hältst. Aber erst mußt du Dr. Rose aufsuchen. Warum gehst du nicht gleich nach dem Tee hinunter ins Dorf?»
Ich stimmte ihrem Vorschlag zu.
Dr. Rose war zu Hause, und ich stellte mich vor. Er schien ein angenehmer junger Mann zu sein, doch es lag etwas in
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