Die besten Freunde der Welt: Fritz und Ben (German Edition)
rufe ich vor Begeisterung und beuge mich nach vorn, um die flachen, gut riechenden Dinger zu zählen. Unfassbar, es sind zwölf Stück. Mit Äpfeln, Zimt und Zucker. Auf dem Zettel steht:
Hinter
mum
hat sie ihren Lippenstift-Kussmund auf das Papier gedrückt. Knallrot.
Mein Hunger ist riesig.
Die Küchenuhr zeigt Viertel nach drei. Um vier will Ben kommen. Ich habe also reichlich Zeit, um die zwölf Pfannkuchen zu essen.
Ich nehme mir einen flachen Teller und Besteck und versuche, mit dem breiten Brotmesser den oberen Pfannkuchen vom Turm zu heben. Er flutscht herunter, und die Hälfte der Äpfel fällt auf den Tisch. Sorgfältig lege ich sie wieder auf den Kuchen. Genau an die Stellen, die eingedrückt sind.
Das Auge isst mit, sagt Oma. Das finde ich auch, und deshalb soll mein Pfannkuchen schön aussehen.
Als ich den ersten Bissen in den Mund stecke und Apfel und Zimt und Vanille schmecke, fühle ich mich wie an Weihnachten. Es ist köstlich. Die Kuchen sind wahnsinnig gut gelungen, und ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder mit Essen aufzuhören.
Schon landet der zweite auf meinem Teller.
Diesmal segelt er ganz langsam vom Berg hinunter wie eine fliegende Untertasse. Diesmal esse ich auch langsamer und lasse die Apfelschnitzenmit dem Zimtgeschmack so lange wie möglich, auf der Zunge liegen, bis sie fluffig werden.
Beim dritten Pfannkuchen höre ich plötzlich wieder die Stille.
Keine Menschenstimmen. Kein Vogelgezwitscher. Keine Musik wie normalerweise in unserer Wohnung. Ich bin allein auf der Welt. Mein Herz fühlt sich plötzlich an wie ein Betonklotz.
Ich stehe auf und schalte das Radio an. Irgendjemand liest die Geschichte von Emil und den Detektiven vor. Ich kenne das. Gespannt höre ich zu. Emil erzählt Hupe gerade von dem Diebstahl im Zug. Der Mann im Radio hat eine Stimme, mit der er alles ganz spannend machen kann. Ich vergesse zu kauen und stelle mir vor, dass der Mann auf unserem Kühlschrank sitzt und nur mir die Geschichte erzählt.
Jetzt fühle ich mich nicht mehr allein.
Um fünf vor vier schellt es. Ben steht in Regenjacke vor der Tür, die Hände in den Taschen.
»Regnet es?«, frage ich.
»Nein, aber ich musste doch irgendwo meine Badehose verstecken. Und die Regenjacke hat die größten Taschen.« Er hält eine superhässliche gelbe Mini-Badehose in der Hand, auf deren Hinterneine Blume prangt. »Die hab ich wohl als Baby bekommen«, grinst er.
»Uh, ist die brutal.« Ich halte mir die Augen zu. »Die ist voll hässlich.«
»Ich brauch sie ja normalerweise nicht.«
»Für Trockenübungen braucht man eigentlich auch keine Badehose.«
»Doch. Wohl. Ich muss gleich von Anfang an das richtige Gefühl haben.«
Ben, Ben, denke ich, bei solchen Sätzen höre ich doch glasklar deine Mutter.
Bevor wir in mein Zimmer gehen, stellt Ben seine Schuhe sorgfältig unter die Garderobe neben meine zerknautschte Jacke. Dann rutschen wir auf Socken mit Anlauf den Flur entlang, bis wir gleichzeitig gegen meine Zimmertür knallen.
Stell dir vor, du gehst durch eine Tür in einen Riesenwürfel, so ist das mit meinem Zimmer. Bei uns heißt der Raum nicht Kinderzimmer, sondern Würfel. Alle Wände sind gleich lang und gleich hoch.
Have you tided up your
cube
?, fragt Mum mich jedes Wochenende.
An zwei Seiten hat das Zimmer Fenster, und wenn die Sonne scheint, leuchtet der Würfel gelb,und der Teppich, der in der Mitte auf dem Boden liegt, strahlt in hellstem Orangerot.
Ich schiebe mit dem Fuß mein Fußballtrikot zur Seite, und Ben fängt an, sich auszuziehen. Alle Sachen legt er ordentlich auf mein Bett.
Ein Auto fährt durch die Straße und hält vor dem Haus nebenan. Ich sehe, wie das Mädchen von gegenüber ihren Freund küsst. Sie heißt Gianna und ist ungeheuer hübsch. Sie küssen ganz lange und mit geschlossenen Augen. Da muss ich an Zara denken. Ich finde sie sehr nett, aber küssen möchte ich sie wirklich nicht.
Als ich mich umdrehe, steht Ben an der Kante des Teppichs und macht Kniebeugen. Er streckt die Arme ganz weit von sich, als wolle er fliegen.
»Was machst du da?«, frage ich.
»Ich wärme mich auf!«, antwortet er.
»Aber das muss man doch beim Schwimmen gar nicht.«
»Nein?«, fragt Ben überrascht. »Auch nicht bei Trockenübungen?«
Ich schüttel den Kopf, denke aber, dass er eigentlich recht hat.
»Das Weißkopfseeadlerweibchen hat eine Flügelspannweite von zwei Meter dreißig. Wie viel hab ich wohl? Kannst du mal messen?«
Jetzt geht das mit den
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