Die besten Freunde der Welt: Fritz und Ben (German Edition)
das Wasser ganz kalt. Aber Mum trocknet mich mit einem Riesenhandtuch ab, wickelt mich in den warmen Bademantel und zieht die Kapuze über meine nassen Haare.
Ich versinke im flauschigen Stoff.
Und das ist das Paradies.
»Fritz!« Ich spüre Bens Zeigefinger an meiner Schulter.
Vor Schreck fällt mir fast das Buch auf den Boden. »Was ist?«
»Wir haben Pause!«, sagt er.
Auf dem Meer hört man keine Klingel.
Ben starrt mich an. »Hast du geschlafen?«
»Nein!«, antworte ich entrüstet. »Ich habe über den Plan nachgedacht.«
Jetzt strahlt mein Freund von einem Ohr zum anderen.
»Du hast gedacht, ich hätte es vergessen. Stimmt’s?«, sage ich.
Ben zuckt mit den Schultern.
»Du hast gedacht, mir fällt vielleicht nichts ein. Stimmt’s?«
Ben schüttelt energisch den Kopf. »Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Was ist der Plan?«
»Komm, ich erzähl dir alles draußen!« Und ich zerre ihn hinter mir her.
Bens Angst vor Wasser und andere Schwachstellen
Auf dem Schulhof trennt uns eine Hecke mit Schlupflöchern von den Großen, die aufs Gymnasium gehen. Es sieht hier aus wie auf dem Affenfelsen im Zoo. An allen Ecken passieren gleichzeitig laute, gemeine, aufregende und langweilige Sachen: Gereon schubst Leonie, und die fällt weinend auf den Hintern. Luca versteckt den Tischtennisball, weil Ali und Franz ihn nicht mitspielen lassen. Rosa und Mara kämmen ihre Barbiepuppen, und Josie übt Körbewerfen. Hinter der Turnhalle stehen zwei aus der Neunten und qualmen. Die meisten laufen rum oder quatschen.
Ich ziehe Ben zu unserem Amphitheater. Eigentlich sind das nur Baumstämme, die wie eine Treppe aufeinandergelegt sind, aber die Lehrer nennen das Theater. Hier sitzen meistens die Mädchen, wenn sie Liebeskummer haben. Bevor Nike Galip kennenlernte, saß sie auch oft dort.
Es ist ein guter Ort zum Reden, denn die Mädchen kümmern sich nicht um uns, »die Fuzzis«.
Ben ist total nervös. »Und?«, fragt er und zieht dabei die Kappe so weit ins Gesicht, dass seine Ohren abstehen wie zwei Mini-Bratpfannen.
»Du bist doch wasserscheu …«, beginne ich.
Ben nickt.
»Das heißt, du hast Angst vor Wasser, nicht wahr?«, fahre ich fort.
Ben guckt mich erstaunt an. »Nein!«, sagt er mit Bestimmtheit. »Ich habe doch keine Angst vor Wasser. Wenn es aus dem Wasserhahn kommt, macht es mir gar nichts aus. Ich kann es ja wieder abstellen. Wie in der Dusche. Ich habe nur Angst vor mehr Wasser.«
»Vor Meerwasser?«, frage ich erstaunt: »Wegen dem Salz?«
»Nein! Nicht das Meer. Ich habe Angst vor viel Wasser.«
»Wo fängt denn
viel Wasser
an?«
»Wenn es mehr ist, als ich dir gerade gesagt habe.«
»Also Badewanne ist für dich ein Meer?«
Ben rutscht nervös hin und her, dabei schaut er intensiv auf den Sandboden, wo er mit seinen Sandalen Dreckwälle zusammenschiebt. Schließlich hebt er den Kopf und guckt ziemlich zerknirscht.Ich schaue mitten in sein Gesicht und finde zerknirscht ein gutes Wort für das, was ich sehe: Bens Gesichtshaut sieht aus wie Pfützeneis. Wenn im Winter auf den Feldwegen das Wasser in den Pfützen gefroren ist, macht es Superspaß, auf das dünne Eis zu springen und es zu zerknirschen. Das Knirschgefühl ist eigentlich das Zweittollste nach Baden, finde ich. Allerdings ist das Pfützeneis danach ruiniert.
Ben sieht jetzt genauso aus wie ruiniertes Pfützeneis.
Er muss mir keine Antwort mehr geben. Ich weiß es auch ohne: Eine volle Badewanne ist eine Bedrohung für ihn. Armer Ben. Sein Kopf sinkt auf seine Knie.
Ich klopfe ihm auf den Rücken. »Macht nichts!«, sage ich. »Das kriegen wir schon hin.
Mach dir keine Sorgen. Ich hatte sowieso überlegt, dass wir mit Trockenübungen anfangen.«
»Mit Trockenübungen?« Ben hebt erstaunt den Kopf. »Was ist das?«
»Das erkläre ich dir, wenn es losgeht.«
»Und wann ist das?«
»Heute Nachmittag. Du kommst zu mir. Meine Mutter lässt uns jedenfalls in Ruhe, wenn ich meine Tür zumache.«
Sein Pfützeneis-Gesicht glättet sich, und er sieht wieder aus wie Ben. Die Pausenklingel erinnert uns daran, dass wir noch ein bisschen rechnen müssen.
Wir gehen mit den anderen Richtung Eingangstür.
»Mein Vater behauptet, eine Schwachstelle darf jeder haben«, sage ich.
In Bens Augen sehe ich nur Fragezeichen.
»Er nennt das Schwachstelle. Deine ist die mit dem Wasser. Meine Mum hat die mit den deutschen Wörtern, die ihr schon mal fehlen. Papa hasst Obst.«
»Und deine?«, fragt Ben, als wir
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