Die besten Freunde der Welt: Fritz und Ben (German Edition)
Bahnen.«
Ben setzt sich auf den Startblock und schaut mir zu. Er sieht traurig aus.
Nach einer Weile steige ich aus dem Wasser.
»Ich muss pinkeln!«, sage ich und bin irgendwie sauer, weil alleine schwimmen langweilig ist und Ben sich einfach kein Stück bewegt. Er sitzt da wie eine Tonfigur aus einem Museum und zeigt auf die Tür mit dem Toilettenschild.
Die Tür ist abgeschlossen. Ich verschwinde hinter dem Haus.
In einem Gebüsch entdecke ich ein Boot und anderes Zeug aus Plastik: Reifen, Luftmatratzen, Kissen, damit könnten wir wunderbar im Wasser spielen.
Gerade will ich zurück, um Ben davon zu erzählen, als ein fürchterlicher Schrei durch den Wald schallt. Das klang wie Bens Stimme.
Eine Sekunde später höre ich einen riesigen Platscher.
Ich ahne das Schlimmste.
Ich muss Ben retten, er ertrinkt, mein Freund ertrinkt, denke ich in Sekundenschnelle.
Ich brülle seinen Namen und renne los: »Ben! Ben! Halte durch.«
»Hiiiiilfe!«, tönt es aus dem Becken. Der Hilferuf meines Freundes wird immer wieder unterbrochen von Wasserplatschen und Husten, wie wenn jemand Wasser schluckt. Es klingt gruselig, und ich sterbe vor schrecklicher Angst. Irgendwo im Wald schreit noch jemand. Dieser andere Mensch ruft laut einen Namen, sogar einen, den ich kenne.
»Güneş. Güneş. Neredin?«, schallt es über die Liegewiese.
Güneş? Der Name hallt durch meinen Kopf. Wer heißt noch mal Güneş?
Als ich das Schwimmbecken erreiche, ist das ganze Geschrei verstummt, und ich weiß wieder, wer Güneş ist.
Im Becken hängt Ben an Galips Hund.
Der Hund strampelt wie verrückt, um sich über Wasser zu halten, und Ben klammert sich an sein Fell wie einer auf dem Meer an ein Stück Holz.
Genau in diesem Moment rast Galip über die Wiese und bremst gerade noch neben mir ab, bevor er im Wasser landet.
»He, seid ihr verrückt geworden?«, sagt er. »Was macht ihr hier? Ben, spinnst du?« So habe ich Galip noch nie gesehen. Er ist richtig aufgeregt und ein bisschen wütend. Oben am Zaun steht Nike mit der Hundeleine.
»Wir üben Schwimmen. Für das Seepferdchen. Aber Ben traut sich nicht ins Wasser«, erkläre ich.
»Das sehe ich«, bemerkt Galip.
Ben hängt bleich an Güneş und ruft: »Holt mich raus!«
Jetzt grinst Galip, zieht Jeans und T-Shirt aus und springt in Boxershorts ins Wasser.
Zu Ben.
Nike hockt sich sprachlos neben den Startblock.
»So, Ben«, sagt Galip, »jetzt bringe ich dir was Lebenswichtiges bei: Das Angst-Verlieren!«
Er hebt den Hund aus dem Schwimmbecken. Güneş schüttelt sich kräftig, und Nike springt schreiend zur Seite.
Ben klammert sich die ganze Zeit verbissen an Galips Schultern. Seine Zähne klappern. Galip hält Ben unter den Armen fest und flüstert ihm was ins Ohr.
Ich stehe am Rand und beobachte alles. Jetzt legt Galip Ben eine Hand unter den Bauch, und mein Freund schwimmt los. Nike und ich staunen.
Und ganz ehrlich: Ich bin stolz auf mich, denn Ben schwimmt gut. Auf einmal lässt Galip Ben los, und er hält sich alleine über Wasser. Er konzentriert sich so dolle, dass er bleich ist wie ein Camembert.
Da ertönt ein lautes
Klack
, und um uns herumwird es dunkel. Die Schwimmbadbeleuchtung ist ausgegangen. Im ersten Moment erschrecken wir alle, aber der Mond steht hoch über den Bäumen und spendet genug Licht, damit wir unsere Hosen wiederfinden.
»Ben ist der glücklichste Mensch unter dem Mond«, sagt Galip.
Ich lache leise, denn eigentlich heißt es, unter der Sonne.
Apropos Sonne: Güneş bedeutet Sonne. Das ist türkisch.
Galip heißt übrigens
Sieger
. Ich finde, der Name passt sehr gut zu Nikes Freund. Galip ist irgendwie ein Sieger, weil er nämlich echt nett ist, und so gewinnt er die Herzen der Menschen.
Okay, ich gebe zu, das ist nicht meine Idee. Der Satz stammt von meiner Mutter. Die kann Galip ziemlich gut leiden.
Zu viert kriechen wir durch den Maschendrahtzaun und gehen auf dem kleinen Weg. Unter unseren Füßen knacken die Äste, und hin und wieder raschelt etwas im Gebüsch oder hoch oben in den Bäumen.
Galip, Güneş und Nike biegen an der Straße nach links ab. Ben und ich schleichen uns zurück in die Wohnung.
Föhnen, föhnen, föhnen. Wir müssen alles trocken föhnen, bevor meine Eltern zurückkommen: Badehosen, Socken, Handtücher und vor allem Bens Haare, über die Mama ja immer mal gern drüberstreichelt.
Als wir endlich fertig sind, ist es Viertel vor elf. Wir haben keine Lust auf vorgespulten Harry Potter. Also gehen wir
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