Die besten Freunde meines Lebens - Roman
warf einen Blick auf die Uhr. David würde erst in einer halben Stunde zurück sein, und es war ausgesprochen angenehm, sich mit Lynda zu unterhalten. »Warum nicht?«
Warum nicht?, überlegte sie, während Lynda geschäftig in der Küche hantierte und dabei schwärmte, wie hübsch und nett die beiden Mädchen doch seien.
Sie ist wie Nicci, dachte Mona. Und gleichzeitig ganz anders. Eine gramgebeugte, vom Leben enttäuschte Nicci.
Warum nicht?, dachte Mona abermals. Sie musste sich aussprechen. Brauchte den Rat eines unvoreingenommenen Menschen. Wer wäre besser dazu geeignet als diese Frau, die sie im Grunde gar nicht kannte?
»Ich habe mich mit Nicci gestritten«, hörte Mona sich zu ihrer Überraschung sagen. »Ganz schlimm. Vor ungefähr drei Jahren. Wegen einem Mann.«
»Das passiert häufig«, bemerkte Lynda sachlich. »Aber doch nicht … Ich meine, Nicci und David, die beiden schienen …«
»O Gott, nein!«, rief Mona entgeistert. »Nicci hätte mir das niemals … Und David würde nie … Nein! Ich war – vielmehr bin – mit einem verheirateten Mann zusammen.« So, jetzt war es heraus. Und der Himmel war nicht eingestürzt. »Ich wollte, dass meine Freundinnen ihn akzeptieren, mich und meine Art zu leben akzeptieren. Es war nicht das, was ihnen vorschwebte, doch es war mein Leben, und es hat mir gefallen. Es war das, was ich damals brauchte. Guten Sex mit einem Mann, der keine emotionalen Forderungen an mich stellt. Doch sie akzeptierten es nicht. Allen voran Nicci. Und wenn Nicci etwas verurteilte, verurteilten die anderen es auch.«
»Hat Nicci Ihnen einen Grund genannt?«
»Sie meinte, er würde mich ausnutzen. Und seine Frau niemals für mich verlassen. Sie hat sich Sorgen um mich gemacht, wollte nicht, dass ich verletzt werde.«
»Haben Sie ihr das geglaubt?«
»Ja, unbedingt. Aber Nicci schien das irgendwie sehr persönlich zu nehmen. Hat mich zu weiblicher Solidarität auf gefordert und gemeint, ich sei so tief gesunken, wie man nur sinken könnte. Hat ständig auf mich eingeredet, ich solle die Sache beenden.«
In Lyndas Gesicht trat ein resignierter Ausdruck. »Ist Ihnen nie in den Sinn gekommen, dass bei Nicci tatsächlich etwas Persönliches dahinterstecken könnte?«
»Wie zum Beispiel?«
»Wie zum Beispiel, dass ihr Vater mich wegen einer anderen Frau verlassen hat.«
Mona öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Wie hatte sie nur solche Scheuklappen aufhaben können? »Nicci hat nie davon erzählt.« Wie lahm klang das denn?
»Nicci hat offenbar nie sehr viel erzählt.« Lyndas Blick wurde kühl, und Mona glaubte die Missbilligung darin zu erkennen. Allmählich wurde sie wütend. Warum mussten sie ständig auf Nicci zurückkommen?
»Schauen Sie«, sagte Lynda. »Es spielt keine Rolle. Ich will Nicci nicht entschuldigen. Aber das Leben hat sie hart gemacht. Menschen haben sie enttäuscht, im Stich gelassen. Ich, ihr Stiefvater. Und davor ihr leiblicher Vater.«
»Ich hätte es spüren müssen.«
»Nein. Freunde sollten einander unterstützen. Das haben Ihre Freundinnen nicht getan. Und wie ging es dann weiter?«
»Ich habe Nicci, Jo und Lizzie erzählt, ich hätte mit ihm Schluss gemacht. Wir hatten uns auch getrennt, aber das war von Neil ausgegangen, nicht von mir. Sie haben sich so gefreut, dass sie einen Champagner aufmachten. Und dann haben sie versucht, mich mit ›netten Männern‹ zu verkuppeln – Davids Arbeitskollegen, Lizzies und Sis Lehrerkollegen, sogar ein Buchhalter aus Jos früherer Firma war dabei. Und als Neil dann mit Blumen, Pralinen, Spitzendessous und endlosen Entschuldigungen ankam, habe ich ihn sofort wieder zurückgenommen. Und es den anderen nie erzählt.«
Lynda sah sie ernst an. »Ganz schön anstrengend, die besten Freundinnen jahrelang anzulügen.«
»Autsch! Das hat gesessen.«
Du bist wie Nicci, dachte Mona. Oder Nicci war wie du. Mehr, als dir wahrscheinlich bewusst ist.
»Ich meinte nur, dass Sie sich sehr einsam gefühlt haben müssen.«
Mona stieg ein Kloß in die Kehle. »Sehr«, flüsterte sie mit gesenktem Blick.
»Und wie ist es inzwischen?«
»Keine Ahnung.«
In kurzen Worten schilderte Mona ihre Situation: Dass Jo Neil mit einer anderen Frau gesehen habe, und er streite zwar alles ab, doch das sei eine Lüge, und sie habe niemanden, mit dem sie darüber reden könne. Weder mit Jo noch mit Lizzie oder David. Und ganz gewiss nicht mit Dan. Sie könne nicht einmal mit sich selbst ein vernünftiges Zwiegespräch
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