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Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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zwischen der Lebleu und den Roubaud war aus einer Wohnungsfrage entstanden. Die ganze erste Etage über den Wartesälen war zu Beamtenwohnungen hergerichtet. Der Hauptcorridor ein wahrer Hotelcorridor, mit gelbgetünchten Wänden, der sein Licht von oben erhielt, theilte die Etage in zwei Flügel, rechts und links mündeten auf ihn braune Thüren. Aber nur die auf der rechten Seite gelegenen Wohnungen hatten Fenster, welche auf den mit alten Ulmen bestandenen Bahnhofsplatz führten; über letzteren fort hatte man einen herrlichen Blick auf die Küste von Ingouville; die links gelegenen Wohnungen dagegen hatten schmale, gewölbte Fenster, die sich direct auf das Bahnhofsdach öffneten, so zwar, daß die hohe Wölbung, dieses Gerippe aus Zinn und schmutzigen Scheiben jeden Fernblick abschnitt. Die einen konnten sich keine bessere Unterhaltung wünschen als das fortwährende Treiben vor dem Bahnhof, das Grün der Bäume, die mächtige Landschaft sie gewährte. Die Anderen dagegen mußten in dem Halbdunkel ihrer Zimmer und angesichts der gefängnißartigen Vermauerung des Himmels von Langeweile umkommen. Nach vorn heraus wohnten der Bahnhofsvorsteher, der Unter-Inspector Moulin und die Lebleu; nach hinten die Roubaud und die Billetverkäuferin, Fräulein Guichon; dann waren noch drei Zimmer vorhanden, die für die kontrollirenden Inspectoren reservirt wurden. Nun war es notorisch, daß die beiden Unter-Inspectoren stets neben einander gewohnt hatten. Daß aber neben Moulin jetzt die Lebleu wohnten, kam daher, weil der Vorgänger von Roubaud, ein kinderloser Wittwer, Frau Lebleu zu Gefallen ihr seine Wohnung abgetreten hatte. War es in der Ordnung, daß sie nach seinem Abgange Roubaud nicht wieder zufiel, daß man sie nach hinten verwies, trotzdem sie ein Anrecht auf die vordere Wohnung hatten? So friedlich und einträchtig die beiden Familien vordem gelebt hatten, so umgekehrt war es jetzt. Séverine hatte sich von ihrer zwanzig Jahre älteren Nachbarin zurückgezogen, mit deren Gesundheit es übrigens schlecht stand. Sie war mächtig dick und litt an wassersüchtigen Fußanschwellungen. Der Krieg war aber erst offen erklärt worden, seit Philomène durch abscheuliche Klatschereien die beiden Frauen erst recht auf einander gehetzt hatte.
    »Die sind im Stande,« begann sie jetzt von Neuem, »ihre Reise nach Paris benutzt zu haben, um Ihre Vertreibung durchzusetzen … Man hat mir versichert, daß sie dem Director einen langen Brief geschrieben haben, worin sie auf ihr gutes Recht pochen.«
    Frau Lebleu barst fast vor Wuth.
    »Die Elende! … Ich glaube bestimmt, sie wollen die Billetverkäuferin auf ihre Seite ziehen, denn seit vierzehn Tagen grüßt mich das Fräulein kaum … Auch ein sauberes Früchtchen! Ich werde ihr schon aufpassen …«
    Sie senkte die Stimme, um der Anderen zu versichern, daß das Fräulein jede Nacht zum Bahnhofsvorsteher schleiche. Beide Thüren lagen sich gegenüber. Herr Dabadie, der Wittwer und Vater einer großen, stets in Pension befindlichen Tochter war, hatte Jener die Stellung verschafft, die eine schon verwelkte, schlanke, schweigsame und reizbare Blondine von dreißig Jahren war, eine ehemalige Erzieherin. Es war unmöglich, sie abzufassen, denn sie verstand es, ohne jegliches Geräusch durch die schmalsten Oeffnungen zu schlüpfen. Ihre Person als solche zahlte nichts. Aber da sie des Bahnhofsvorstehers Liebste war, war ihr Einfluß ein schwerwiegender; hatte man erst ihr Geheimniß entdeckt, dann hatte man sie auch in Händen.
    »Und ich werde es schließlich herausbringen,« fuhr Frau Lebleu fort … »Hier sind wir, hier bleiben wir, alle braven Leute stehen zu uns, nicht wahr, Liebe?«
    In der That nahm der ganze Bahnhof einen leidenschaftlichen Antheil an diesem Kriege der beiden Familien.
    Der Hauptcorridor namentlich war der Schauplatz heftigster Auftritte. Nur der Unter-Inspector Moulin nahm nicht Theil daran; er war zufrieden, nach vorn heraus wohnen zu können und an eine furchtsame, spröde Frau verheirathet, die man nie sah, die ihm aber in jedem Sommer ein Kind schenkte.
    »Und wenn sie auch wackeln, der eine Schlag streckt sie doch nicht nieder … Vertrauen Sie nicht zu sehr, denn die kennen die Leute mit dem weit reichenden Arm.«
    Sie hatte noch immer die beiden Eier in der Hand und bot sie jetzt Frau Lebleu an, es seien frische Eier von heute früh, sie hätte sie soeben ihren Hühnern fortgenommen. Die alte Dame erschöpfte sich in Danksagungen.
    »Wie

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