Die Bestie von Florenz
in Florenz war, arrangierte ich ein Treffen über geborgte Handys und Anrufe aus Telefonzellen. Kurz vor Mitternacht erschienen Spezi, Myriam und Zaccaria in unserer Wohnung in der Via Ghibellina.
Spezi, die Gauloises zwischen den Lippen, ging in dem eleganten Wohnzimmer auf und ab, gefolgt von einer Rauchfahne. »Ich hätte nie gedacht, dass sie einen solchen Schritt unternehmen würden. Bist du sicher, dass sie dir offiziell Aussageverweigerung vorwerfen?«
»Ganz sicher. Ich bin eine persona indagata.«
»Haben Sie dir einen avviso di garanzia ausgehändigt?«
»Sie haben gesagt, den Ermittlungsbescheid würden sie mir nach Maine schicken.«
Ich erzählte ihnen alles über die Vernehmung, woran ich mich erinnern konnte. Als ich zu der Stelle kam, als Mignini uns beschuldigt hatte, eine Waffe bei der Villa deponiert zu haben, um sie einem Unschuldigen unterzuschieben und den Verdacht von Spezi selbst abzulenken, hielt Spezi mich auf.
»Das hat er gesagt? Um ›den Verdacht abzulenken‹ von mir?«
»Genau das hat er gesagt.«
Spezi schüttelte den Kopf. » Porca miseria! Verflucht! Diese beiden, Giuttari und Mignini, wollen mir nicht nur irgendwelchen journalistischen Schwindel vorwerfen – dass ich zum Beispiel eine Waffe irgendwo plaziere, um einen Knüller zu landen. Die glauben, dass ich direkt an den Morden der Bestie beteiligt war – oder zumindest an dem Mord an Narducci!«
»Auf eine irre Art«, sagte ich, »passen ihre Phantasien sogar zu den Fakten. Betrachte das Ganze mal von ihrem Standpunkt. Seit Jahren beharren wir darauf, dass Antonio die Bestie ist. Niemand hat uns beachtet. Also fahren wir zu der Villa, gehen dort ein bisschen spazieren, und ein paar Tage später rufen wir die Polizei an und sagen, Antonio hat bei der Villa etwas versteckt, kommt und holt es euch. Ich sage das wirklich ungern, Mario, aber die Theorie, dass wir dort etwas hingelegt haben könnten, ist tatsächlich glaubhaft.«
»Ich bitte dich!«, rief Spezi aus. »Dieser Theorie fehlt nicht nur die kriminalistische Logik, sondern jede Art von Logik überhaupt! Wenn man nur einen Moment lang darüber nachdenkt, ist sie schon widerlegt. Sollte ich hinter dem Mord an Narducci stecken und den ›Verdacht von mir ablenken‹ wollen, würde ich in meinen Plan wirklich einen ehemaligen Häftling einbeziehen, den ich gar nicht kenne, einen Polizisten, der einmal einer der besten Ermittler der Florentiner Mordkommission war, und einen berühmten amerikanischen Schriftsteller? Wer kommt denn auf den Gedanken, dass du, Doug, nach Italien kommen solltest, um hier herumzuschleichen wie ein Gauner und Beweise zu plazieren, damit die Polizei sie dann findet? Du bist auch hier längst ein Bestsellerautor! Du brauchst keinen Knüller für irgendeine Zeitung! Und Nando leitet eine bedeutende Sicherheitsfirma. Warum sollte er das eines albernen Exklusivberichts wegen aufs Spiel setzen? Das ist doch völlig unsinnig!« Er ging auf und ab und verstreute Zigarettenasche. »Doug, du musst dir eine Frage stellen: Warum geben Giuttari und Mignini sich solche Mühe, uns gerade jetzt anzugreifen? Könnte das vielleicht daran liegen, dass wir in nur zwei Monaten ein Buch über ebendieses Thema veröffentlichen werden, in dem wir ihre Ermittlungen in Frage stellen? Könnte das möglicherweise ein Versuch sein, unser Buch in Misskredit zu bringen, ehe es erscheint? Sie wissen ja schon, was in dem Buch steht – sie haben es gelesen.« Er ging einmal um den Raum herum. »Doug, für mich ist das Allerschlimmste der Vorwurf, ich hätte das getan, um den Verdacht von mir abzulenken . Was für einen Verdacht? Dass ich zu jenen gehöre, die Narducci haben ermorden lassen! Die Zeitungen haben alle das Gleiche geschrieben, ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie dieselbe Quelle hatten, gut informiert und auf jeden Fall offiziell. Was bedeutet das für mich?« Auf und ab, auf und ab. »Doug, ist dir klar, was die wirklich denken? Ich bin für die nicht nur ein Mittäter oder jemand, der irgendwie in den Mord an Narducci verwickelt ist. Ich gehöre zu den Hintermännern der Bestien-Morde! Die halten mich für die Bestie! «
»Gib mir eine Zigarette«, sagte ich. Normalerweise rauchte ich nicht, aber jetzt brauchte ich eine.
Spezi reichte mir eine Zigarette und zündete sich selbst eine an.
Myriam begann zu weinen. Zaccaria saß auf der Sofakante, das lange Haar wirr, der schneidige Anzug schlapp und verknittert.
»Überleg doch mal«, sagte Spezi.
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