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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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geklemmt. Eine Zeitlang hatte ihn das Fehlen einer zweiten Leiche im sogenannten Narducci-Mord in eine gewisse Verlegenheit gebracht, denn es waren nun einmal zwei Leichen nötig, um den doppelten Austausch mit der von Narducci zu bewerkstelligen. Giuttari fand schließlich einen passenden Leichnam, den eines Südamerikaners, der mit zertrümmertem Schädel und gut gekühlt im Leichenschauhaus von Perugia lag, und zwar schon seit 1982, weil niemand Anspruch auf ihn erhob. Der Mann ähnelte, zumindest nach Meinung mancher Leute, dem Leichnam von Narducci auf dem Foto, das auf dem Bootssteg entstanden war, nachdem man ihn aus dem Wasser gefischt hatte. Nach dem Mord an Narducci war also der Leichnam dieses bereits zuvor verstorbenen Südamerikaners aus dem Leichenschauhaus entwendet und an Narduccis Stelle in den See geworfen worden, während man Narduccis Leichnam versteckt hatte, vielleicht im Leichenschauhaus, vielleicht auch anderswo. Dann, viele Jahre später, als Narducci exhumiert werden sollte, waren die Leichen erneut ausgetauscht worden – Narducci wurde also wieder in den Sarg gelegt und der Südamerikaner in den Kühlschrank zurückgebracht.
    Während Spezi im Gefängnis saß, sprach Giuttari mit La Nazione über seine hervorragenden Fortschritte im Fall Narducci: »Ja, wir untersuchen den Tod dieses Mannes neunzehnhundertzweiundachtzig, und es gibt da gewisse Elemente, die sehr interessant sind und uns bald zu konkreteren Ergebnissen führen könnten. Meiner Überzeugung nach steht jetzt zweifelsohne fest, dass der Leichnam, der aus dem Trasimenischen See geborgen wurde, nicht Narducci war. Und nun, im Licht dieser neuen Tatsachen, könnte die Situation bald viel klarer erscheinen.« Doch irgendetwas an dieser Theorie musste schiefgegangen sein, denn Giuttari erwähnte den toten Südamerikaner nie wieder, und die Fakten des angeblichen doppelten Leichentauschs blieben – und bleiben bis heute – so undurchsichtig wie eh und je.
    Spezis Anwälte legten Haftbeschwerde ein, um eine Überprüfung des Haftbefehls vor dem sogenannten Überprüfungsgericht zu erreichen. Dieses Tribunal sollte darüber entscheiden, ob es ausreichende Gründe gab, Spezi weiterhin in Untersuchungshaft zu halten, bis der Prozess gegen ihn eröffnet wurde, oder ob er unter Hausarrest oder anderen Bedingungen entlassen werden konnte. Das italienische Gesetz sieht keine Kautionszahlung vor, und die Richter entscheiden über die Aussetzung des Haftbefehls danach, wie gefährlich der Beschuldigte ist und für wie wahrscheinlich sie es halten, dass er außer Landes fliehen könnte.
    Ein Datum wurde für die mündliche Verhandlung über Spezis Beschwerde festgelegt: der 28. April. Zuständig für die Überprüfung des Haftbefehls waren drei andere Richter aus Perugia, Kollegen des Oberstaatsanwalts und der Untersuchungsrichterin. Das Überprüfungsgericht war nicht dafür bekannt, die Entscheidungen seiner Kollegen aufzuheben, schon gar nicht in einem Fall, der so viel öffentliches Interesse erregte wie dieser und in den der Oberstaatsanwalt seine ganze Glaubwürdigkeit als Strafverfolger investiert hatte.
    Am 18. April, zwölf Tage nach Spezis Verhaftung, war das Committee to Protect Journalists mit seiner Untersuchung des Falls Spezi fertig. Am nächsten Tag faxte Ann Cooper, die Geschäftsführerin, dem italienischen Ministerpräsidenten einen Brief. Unter anderem stand darin:
Journalisten sollten sich nicht davor fürchten müssen, in heiklen Angelegenheiten selbst zu recherchieren oder offen zu sprechen und auch staatliche Stellen zu kritisieren. In einem demokratischen Land wie dem Ihren, Mitglied der Europäischen Union, sind solche Zustände nicht hinzunehmen. Wir fordern Sie auf, dafür zu sorgen, dass die italienischen Justizbehörden die schwerwiegenden Vorwürfe gegen unseren Kollegen Mario Spezi offenlegen sowie sämtliche Beweise, auf denen diese Vorwürfe beruhen, oder ihn unverzüglich freilassen.
Die strafrechtliche Verfolgung von Mario Spezi und seinem amerikanischen Kollegen Douglas Preston, der es aus Angst vor Strafverfolgung nicht wagt, nach Italien zu reisen, sendet italienischen Journalisten die gefährliche Botschaft, dass heikle Themen wie die Serienmorde in der Toskana besser gemieden werden. Bemühungen von Seiten der Regierung, dieses Klima der Selbstzensur noch zu fördern, sind mit einer Demokratie unvereinbar.
    Kopien des Briefs gingen an Staatsanwalt Mignini, den amerikanischen Botschafter in Italien,

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