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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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von Fiesole. Seine Frau, so hieß es, habe in seinem Kühlschrank zwischen Mozzarella und Rucola die schrecklichen Trophäen gefunden, die er seinen Opfern herausgeschnitten hatte. Das Gerücht war aufgekommen, als jemand der Polizei erzählt hatte, Gentile hätte die Pistole in einem Bankschließfach deponiert. Die Polizei suchte in aller Heimlichkeit nach diesem Schließfach und fand nichts, doch die Bankangestellten tratschten, und die Sache sprach sich herum. Die Ermittler widersprachen diesem Gerücht entschieden, doch es verbreitete sich immer weiter. Ein Mob versammelte sich vor dem Haus des Arztes und musste von der Polizei auseinandergetrieben werden. Schließlich sah sich der Oberstaatsanwalt gezwungen, im Fernsehen aufzutreten und dem Gerücht zu widersprechen und obendrein denjenigen, die es weiterverbreiteten, mit strafrechtlichen Konsequenzen zu drohen.
    In jenem November wurde Spezi ein journalistischer Preis für einen Artikel verliehen, der nichts mit dem Fall zu tun hatte. Man lud ihn nach Urbino ein, wo er sich seinen Preis abholen sollte – ein Kilo feinste weiße Trüffel aus Umbrien. Sein Chefredakteur ließ ihn nur unter der Bedingung dorthin fahren, dass er eine Story mitbrachte. Fern seiner Quellen und ohne echte Neuigkeiten erzählte er die Geschichte einiger berühmter Serienmörder der Vergangenheit, von Jack the Ripper bis hin zum Vampir von Düsseldorf. Sein Artikel schloss mit der Feststellung, dass Florenz nun seine ganz eigene Bestie hatte – und dort, umweht vom Duft der Trüffeln, gab er dem Mörder einen Namen: il Mostro di Firenze , die Bestie von Florenz.

Kapitel 5
    Spezi wurde der Vollzeit-Korrespondent der Nazione in Sachen Bestie von Florenz. Der Fall bot dem jungen Journalisten eine berauschende Vielfalt von Storys, und er holte das Beste heraus. Während die Ermittler jeder Spur nachgingen, so unwahrscheinlich sie auch aussehen mochte, wirbelten sie Dutzende alte Vorgänge, seltsame Gestalten und bizarre Vorfälle auf, die Spezi, ein Kenner der menschlichen Schwächen, mit Begeisterung aufgriff – Storys, die andere Journalisten übersahen. Die Artikel aus seiner Feder waren höchst unterhaltsam, und obwohl sie oft verrückte oder unglaubwürdige Ereignisse schilderten, entsprachen alle der Wahrheit. Spezis Artikel wurden berühmt für ihre trockene Ironie und dieses eine fiese Detail, das noch lange nach dem morgendlichen Espresso im Gedächtnis der Leser haften blieb. Eines Tages erfuhr er von einem Polizisten, dass die Ermittler einen merkwürdigen Kerl nach einer Vernehmung hatten laufen lassen – der Mann hatte sich als Gerichtsmediziner ausgegeben. Spezi fand die Geschichte reizvoll und ging ihr nach. Bei dem Mann handelte es sich um »Dr.« Carlo Santangelo, einen sechsunddreißigjährigen Florentiner. Er war eine angenehme Erscheinung, blieb gern für sich allein, lebte von seiner Frau getrennt und lief ganz in Schwarz mit einer getönten Sonnenbrille herum, eine Arzttasche in der linken Hand. Auf seiner Karte stand:
PROF.DR.CARLO SANTANGELO
GERICHTSMEDIZINER
Institut für Pathologie, Florenz
Institut für Pathologie, Pisa – Forensische Abteilung
    In der allgegenwärtigen Arzttasche befand sich das Werkzeug seines Berufsstands, eine Reihe perfekt geschärfter, glitzernder Skalpelle. Statt an einem festen Wohnort brachte Dr. Santangelo seine Tage lieber in diversen Hotels oder Pensionen in kleinen Orten in der Umgebung von Florenz zu. Und wenn er sich ein Hotel aussuchte, lag es stets in der Nähe eines kleinen Friedhofs. Wenn es ein Zimmer mit Aussicht auf die Grabsteine gab, umso besser. Dr. Santangelos Gesicht, die Augen hinter den dunklen Brillengläsern verborgen, war den Angestellten von OFISA, dem bedeutendsten Bestattungsunternehmen in Florenz, inzwischen wohlbekannt, denn er verbrachte viele Stunden in deren Niederlassung, als hätte er dort Wichtiges zu erledigen. Der Arzt mit den dunklen Brillengläsern stellte Rezepte aus, empfing Patienten und hatte sogar ein psychoanalytisches Nebengeschäft laufen.
    Das einzige Problem war, dass Dr. Santangelo kein Gerichtsmediziner oder Pathologe war. Er war nicht einmal Arzt, obwohl er sich mindestens einem Zeugen zufolge offenbar zutraute, Operationen an lebenden Menschen durchzuführen.
    Santangelo flog auf, als sich auf der Autostrada südlich von Florenz ein schwerer Unfall ereignete und jemandem vor Ort einfiel, dass in einem Hotel in der Nähe ein Arzt wohnte. Man holte Dr. Santangelo zu Hilfe, und alle

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